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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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meinst du,
wie lange du dann noch lebst?«
    Der Polizist trat noch einen Schritt zurück und spürte
Laceys Waffe im Rücken. Laceys Finger bebte am Abzug.
    »Nein!« befahl Leo. »Laß ihn laufen! Schick
diesen Weißarsch dorthin, wo er hergekommen ist!«
    »Du bist verrückt, Elliot. Die Drogen haben dir aufs
Hirn geschlagen. Sie werden kommen und dich holen…«
    »Schit, Mann«, sagte Leo mit normaler Stimme, und Lacey
fühlte sich gleich wohler. »Wir werden kommen und euch holen. Wir haben mehr Leute als ihr und mehr Waffen. Und
wir wissen, wie man damit umgeht. Überall in der Welt tricksen
die Schwarzen die Weißen aus, wo sie auch sein
mögen.«
    »Das ist irrsinnig und unmöglich.« Doch die Stimme
des Polizisten klang angeschlagen und schwach.
    »Bring ihn dorthin zurück, wo du ihn aufgegabelt
hast!« sagte Leo zu Lacey. »Und sieh zu, daß er
ungeschoren davonkommt. Keine Mätzchen. Ich weiß,
daß er eine Waffe hat. Sieh zu, daß er sie mit nach Hause
bringt, verstanden?«
    Lacey steckte seine Waffe in den Gürtel und meinte
enttäuscht: »Jawohl, Leo, ich habe verstanden.«

Viele haben mich einen Diktator genannt – und noch
schlimmer. Wahrscheinlich ist auch etwas Wahres dran. Eiland Eins ist
eine echte Demokratie. Wir haben einen gewählten Rat, und
über alle wichtigen Angelegenheiten stimmt die gesamte
Bevölkerung der Kolonie elektronisch ab. Die Abstimmung ist
leicht durchführbar, wenn die Bevölkerungszahl gering und
jeder an das Kommunikationsnetz angeschlossen ist.
    Doch eine Demokratie funktioniert nur so gut, wie es ihre
Bürger wollen. Die meisten Bürger sind viel zu sehr mit
anderen Dingen beschäftigt, als daß sie sich den Kopf
darüber zu zerbrechen wünschten, wie ihre Gemeinschaft
verwaltet wird.
    Man muß lediglich darauf achten, daß möglichst
viele Arbeit haben, daß der Müll rechtzeitig abgeholt wird
und daß man die Kommunikationsmedien unter Kontrolle hat. Dann
kann man auch in einer Demokratie leicht zum Diktator
werden…
    - Cyrus S. Cobb,
Tonbänder für eine
nicht autorisierte Autobiografie

 
8. Kapitel
     
     
    »Leer?« fragte David. »Was meinst du, was ist
leer?«
    Er und Evelyn saßen in einer der letzten Reihen des
überfüllten Theaters. Drunten auf der kreisrunden
Bühne faszinierten eine ausgezeichnete Ballerina und ihr
muskulöser Partner das Publikum mit einem herrlichen pas de
deux aus der ›Schlafenden Schönheit‹.
    »Er ist leer«, flüsterte ihm Evelyn zu, die nicht
weiter auf die Tänzer achtete. »Der ganze
Zylinder.«
    David flüsterte zurück, ohne den Blick von der
Bühne zu wenden: »Ist der Hohlkörper völlig
leer?«
    »Nein. Er ist bepflanzt. Ein ganzer tropischer Urwald. Doch
kein Mensch lebt dort. Keine Seele!«
    Die Tänzer gehörten zum Bolschoi-Ballett. Die
Vorstellung fand in Moskau statt, und das Bild wurde elektronisch
nach Eiland Eins übertragen, wo dreidimensionale Hologramme sie
so echt erscheinen ließen, als stünden sie leibhaftig auf
der Bühne.
    Ein Zweiwegcomputer mit Rückkopplungsschleife machte es
möglich, daß die Reaktion des Publikums auf Eiland Eins
– meist Applaus und Bravo- Rufe – mit der Reaktion
des Moskauer Publikums verschmolz, das die Aufführung live
miterlebte, so daß zwischen den Darstellern und dem Publikum in
der Kolonie auch eine emotionelle Rückkopplung existierte.
    David drehte sich um und schaute Evelyn an. Sie beobachtete sein
Gesicht und achtete nicht aufs Ballett.
    »Nun?« fragte sie. »Was meinst du?«
    »Laß uns hier rausgehen.«
    Sie mußten sich zwischen einer ganzen Reihe von Ballettfans
hindurchzwängen, die ihrem Unmut lautstark Luft machten, als
David und Evelyn ihnen auf die Zehen stiegen. Schließlich waren
sie draußen im Korridor, und Evelyn eilte zum Ausgang. David
warf über die Schulter einen letzten Blick auf das graziöse
Tänzerpaar.
    Ich wollte, ich könnte meinen Körper so gut
beherrschen, dachte er. Er hatte es kurze Zeit mit dem Tanzen
versucht und festgestellt, daß er dazu viel zu
selbstbewußt war. Selbst in den Nullschwerkraft-Sektionen der
Kolonie, wo selbst übergewichtige Großmütter
Bewegungen ausführen konnten, von denen eine Ballerina auf Erden
nicht einmal zu träumen wagte, mußte David feststellen,
daß Ballett rein gefühlsmäßig nichts für
ihn war.
    Nachdem sie das Theater verlassen hatten, ging er mit Evelyn einen
gewundenen Fußweg entlang, der durch eine der verstreuten
Siedlungen der Kolonie zu ihrem Apartmenthaus
zurückführte.
    »Wieso

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