Die Kolonie
weißt du dies alles über Zylinder B?«
fragte David. »Das ist doch Sperrgebiet.«
Evelyn gestand mit schelmischem Lächeln: »Ich bin dort
gewesen. Ich habe mich eingeschlichen.«
»Was hast du? Wann denn?«
»Heute nachmittag.«
Die meisten Geschäfte der Siedlung waren noch geöffnet.
Es war früh am Abend. David erblickte ein Terrassencafe und
führte Evelyn zu einem der runden trommelförmigen
Tische.
»Wie bist du da reingekommen?« fragte er, nachdem sie
sich gesetzt hatten. »Der Zutritt ist verboten, außer
wenn…«
»Ich bin eingebrochen«, sagte sie einfach. »Ich
mußte herausfinden, was dort drinnen vor sich geht, und so habe
ich ein paar elektronische Schlösser geknackt und bin rein, um
mich umzusehen.«
Davids Gedanken wirbelten durcheinander. Er versank in seinem
Sessel und wußte nicht, was er sagen sollte. Eingebrochen?
Schlösser geknackt?
Der in die Tischplatte eingelassene Lautsprecher summte. »Was
darf’s sein?«
Evelyn wich überrascht zurück, hatte sich aber gleich
wieder in der Gewalt. »Whisky-Soda, bitte«, erwiderte
sie.
»Mit Eis?« fragte der Sprecher.
»Ein Stück Eis bitte.«
»Irgendeine besondere Marke?«
»Nein, nur einen guten, keinen Verschnitt.«
»Danke. Unsere Sensoren melden zwei Personen am Tisch.
Dürfen wir sonst noch etwas bringen?«
»Sensoren?« Evelyn blickte etwas verdutzt drein.
»Ein Glas Rose, bitte«, sagte David ruhig.
»Würden Sie sich bitte etwas aus unserer Weinkarte
aussuchen?« Auf der Tischplatte öffnete sich ein Viereck,
und ein kleiner Bildschirm kam zum Vorschein.
»Nein, danke. Ein Glas Rose, Hausmarke, sofern er nicht vom
jüngsten Jahrgang ist.«
»Jawohl, Sir.«
Der Bildschirm erlosch. Evelyn tippte mit dem Fingernagel auf den
Lautsprecher. »Ist das Ding ausgeschaltet? Kann man uns
hören?«
David schüttelte den Kopf. »Es ist ein Computer. Der
ganze Betrieb läuft elektronisch. Selbst die Kellner sind
Roboter.«
Er wies auf einen der ›Kellner‹. Für Evelyn sah er
aus wie einer der Tische, eine hüfthohe Kunststofftrommel, die
sich irgendwie losgemacht hatte und selbständig durchs Cafe
rollte. Auf der flachen Platte stand ein Tablett mit Getränken.
Er hielt an einem der Nachbartische, und die vier Gäste, die
dort saßen, bedienten sich.
»Das soll ein Roboter sein? Ich habe noch nie einen
gesehen.«
Evelyn schaute zu, während der Roboter zur Bar
zurückglitt, die im Haus untergebracht war, indem er sich
geschickt seinen Weg zwischen den Tischen auf der Terrasse und den
Gästen bahnte, die sich vor der Tür versammelt hatten.
»Ich weiß, daß die Cafeteria im Trainingszentrum
fast vollautomatisch läuft«, sagte sie. »Ist dies auch
bei den anderen Restaurants in den Siedlungen der Fall?«
»Bei den meisten. Kein Mensch kommt nach Eiland Eins, um
Dienstleistungen zu verrichten. Unsere Ingenieure mußten solche
Spezialroboter entwickeln. Sie sind nichts Besonderes, aber sie
können bestimmte Arbeiten verrichten. Wir haben soeben damit
begonnen, sie auch an die Erde zu verkaufen. Macht einen
Extraverdienst für die Kolonie.«
»Um das Leben der arbeitenden Bevölkerung zu
erleichtern«, murmelte Evelyn.
»Es gibt für all diejenigen Arbeit und Brot, die die
Roboter bauten und bedienen«, gab David zurück.
»Die Reichen werden noch reicher. Man kann nicht erwarten,
daß ein Busschaffner, dem die richtige Ausbildung fehlt, zum
Computertechniker wird.«
»Doch, sofern man ihm die entsprechende Möglichkeit
bietet.«
»Eine dicke Chance! Bis zum zwölften Lebensjahr kriegen
sie kaum etwas beigebracht. Mangelhafte Ernährung bereits vor
der Geburt, schlechte Familienverhältnisse, mangelhafte
Schulbildung, wenn überhaupt…«
Sie unterbrach sich, als der Roboter an ihren Tisch rollte und
ihnen das Tablett mit den Drinks brachte. David machte die Honneurs,
nachdem er seine Kreditkartennummer auf dem eingelassenen Tastenfeld
des Roboters eingetippt hatte. Er summte kurz, ein grünes Licht
blinkte auf, das die Transaktion bestätigte, dann sagte der
Roboter: »A votre santé!«
Evelyn lächelte ihm zu. Der Roboter setzte sich vom Tisch ab,
machte kehrt und rollte davon.
»Wie angenehm«, meinte Evelyn, während sie ihm
nachblickte.
»Warum hast du in Zylinder B herumgeschnüffelt?«
fragte David. »Du hättest ernsthaft in Schwierigkeiten
geraten können. Dr. Cobb hat schon Leute wegen weit geringerer
Vergehen aus Eiland Eins ausgewiesen.«
Einen Augenblick lang schien Evelyn unentschlossen. Sie nippte
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