Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
Vom Netzwerk:
fuhren auf ihn zu. Er erinnerte sich noch an die
unvergeßliche Süße der Luft aus einem frischen
Behälter, dann wurde es dunkel. Er verlor das
Bewußtsein.
    Die einzige Erinnerung, die im blieb, war der Augenblick, als man
ihm schließlich im Innern der Kuppel den Helm abnahm und seinen
Druckanzug zu öffnen begann. Irgend jemand sagte: »Huch,
der riecht aber komisch!«

 
     
     
DRITTES BUCH
     
     
Juli 2008 n. Chr.
Erdbevölkerung: 7,27 Milliarden

Zur sofortigen Veröffentlichung
bestimmt:
     
    MESSINA: Die Weltregierung gab heute bekannt, daß
Direktor Emanuel De Paolo ›vor einigen Tagen‹ einen
leichten Herzanfall erlitten hat. Er befindet sich in seiner Wohnung,
wo er von einem Spezialistenteam betreut wird. Näheres über
seinen Zustand wurde nicht mitgeteilt.
    Dr. Lorenzo Matriglione, einer der führenden
Herzspezialisten Europas erklärte heute früh bei einer
eilig einberufenen Pressekonferenz, daß kein Anlaß
für irgendwelche Sorgen gegeben ist. »Direktor De Paolos
Zustand ist zufriedenstellend. Er befindet sich bereits auf dem Weg
der Besserung. Der Herzanfall war eher die Folge einer
Herzinsuffizienz als die eines Infarkts.«
    Unter den Experten, die während der vergangenen Woche nach
Messina geflogen waren, befindet sich auch Dr. Michael Rovin von der
Massachusetts Institute of Technology School of Bionics and Medical
Prostheses.
    »Es sieht nicht danach aus, als ob der Direktor ein
künstliches Herz oder auch nur vorübergehend einen
Herzschrittmacher benötigt«, meinte Dr. Rovin.
    Doch andere führende Ärzte überall in der Welt
äußerten Bedenken über den Zustand des Vorsitzenden
der Weltregierung. Befürchtungen werden vor allem wegen des
vorgerückten Alters des Patienten gehegt…
    - International News Press,
1. Juli 2008.

 
19. Kapitel
     
     
    David brauchte fast einen Monat, um von Selene wegzukommen.
    Ein Monat unfreiwilliger Untätigkeit, ein Monat des Wartens.
Und Fragen über Fragen, endlose Verhandlungen. Vom gesetzlichen
Standpunkt aus war er staatenlos, technisch gesehen Eigentum des
Eiland-Eins-Konzerns und hatte einen Arbeitsvertrag platzen lassen,
der noch nicht abgelaufen war. Aber er beantragte die
Weltbürgerschaft, behauptete, daß er (vor fünf
Jahren), als der Vertrag unterzeichnet wurde, noch nicht
geschäftsfähig war, und bat die Regierung von Selene um
Asyl, bis ihm die Weltregierung das Bürgerrecht zuerkannt haben
würde.
    Er verbrachte seine Tage damit, die überfüllten
Korridore und die öffentlichen Räume von Selene zu
durchstreifen. Innerhalb weniger Stunden hatte er alles gesehen, was
er von dieser auf engstem Raum zusammengepferchten
Untergrundgemeinschaft sehen wollte. Fast 50.000 Menschen teilten
sich wenige Kubikkilometer Raum, und ein Großteil dieses Raumes
wurde von schmalbrüstigen unterirdischen Farmen und gewaltigen
Maschinen beherrscht. Der eine wie der andere Ort sah für David
gleich aus: farblos, freudlos, schäbig überfüllt. Doch
die Bürger von Selene waren stolz auf ihre Gärten und auf
die weiten, offenen Räume an der Oberfläche.
    David hatte genug gesehen.
    Schließlich landete er bei einem weißhaarigen Russen
namens Leonow, einem der Gründer von Selene, den er in ein
Gespräch verwickelte. Leonow war ein Held der Lunaren
Revolution, einer jener Rebellen, die die amerikanischen und
russischen Mondkolonien zu einem vereinigten, unabhängigen Volk
vereint hatten.
    Leonows Gesichtshaut schien zusammenzusinken, als würde das
Fleisch darunter mit zunehmendem Alter schwinden. Doch das
weiße Haar fiel ihm immer noch jungenhaft in die Stirn, und
seine eisblauen Augen waren hell und wachsam. Er war mehrere Jahre
lang Regierungschef von Selene gewesen, doch jetzt gefiel er sich in
der Rolle eines ehrwürdigen Staatsmannes. David schien er trotz
seines Alters recht lebhaft zu sein. Er hatte eine schallende, tiefe
Stimme, und die Falten in seinem Gesicht mochten eher vom Lachen als
vom Alter herrühren. Seine Gesten waren jugendlich und
ausdrucksvoll, und seine Hände hielten nur dann still, wenn er
sich eine seiner langen weißen Zigaretten anzündete.
    Er hörte sich Davids Geschichte fast einen Tag lang an, wobei
er selten ein Wort sagte, nur vor sich hinnickte und wie ein Schlot
qualmte.
    Schließlich schloß er die Augen und murmelte:
»Mir scheint, wir haben hier die beste Gelegenheit, uns der
Verantwortung zu entledigen, wie unsere amerikanischen Freunde zu
sagen pflegen. Sie sollten nach Messina gehen, und wir sollten es

Weitere Kostenlose Bücher