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Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Titel: Die Kometenjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Deckert
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der Luchs erwischt. Wir haben einen in der Gegend, der ziemlich aggressiv ist. Er ist bestimmt nicht weit von hier.«
    Gemeinsam spähten wir in das Dunkel der Sträucher. Livingstons staubiger Hinterhof ging nahtlos in unwegsame Wildnis über.
    »Können Sie ihn sehen?«
    »Nein. Wie sollte ich?«
    Wir standen eine Weile um den Teich herum und betrachteten den gekrümmten kleinen Leib des Tiers. Livingston vermutete, das Genick sei gebrochen. »Nicht viel, was wir noch für ihn tun können.«
    »Tja«, sagte ich.
    »Es hat in diesem Jahr noch keine zwei Regentage gegeben. Deswegen sind die Tiere so nervös. Nun …« Er setzte sich in Bewegung. »Gehen wir rein, dann kann der Räuber ihn holen.«
    »Kommt das öfter vor?«, fragte ich, während ich ihm ins Haus folgte.
    »Jaja, wir haben Waschbären, Graufüchse, Stinktiere, Kojoten. Sie schleichen alle um mein Haus rum, auf der Suche nach Wasser. Und manchmal kommt es zu Zwischenfällen. Ich habe immer Angst um den Beagle.«
    »Den Beagle?«
    »Ja, meinen Hund.« Er zeigte auf ein weißbraunes Tier, das bewegungslos auf einem Fell in der Ecke des Wohnzimmers lag. Der Beagle hob müde eine Augenbraue.
    »Kann ich Ihnen …irgendwas anbieten?«
    »Oh, nicht nötig«, sagte ich. »Ich wollte Sie nicht lange aufhalten.«
    Livingston rückte mir einen Lehnstuhl hin und nahm seinerseits auf einem ausladenden Polstermöbel Platz. Die Anrichte zu meiner Seite war mit Familienfotos und ungeöffneter Post überhäuft. Auf dem Fernsehtisch lag eine geöffnete Packung mit Schokonüssen. An der Wand über dem Fernseher hingen ein paar gerahmte Zeitungsausschnitte. Es waren Aufmacherfotos und Titelseiten astronomischer Magazine wie »Sky & Telescope«, auf denen stets der gleiche Mann zu sehen war: ein jüngerer Daniel Livingston.
    »Seltsam, dass sie in so einer Nacht nicht draußen sind«, bemerkte ich.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Es ist sternklar.«
    »Hier ist jede Nacht sternklar. Wenn ich jede Nacht draußen wäre, bräuchte ich einen TiVo.«
    »Was?«
    »Einen Rekorder für den Fernseher.«
    »Mir wurde erzählt, Kometenjäger müssten jede Nacht draußen sein.«
    »So«, Livingston betrachtete mich erstaunt. »Was wurde Ihnen noch erzählt?«
    »Dass sie Augen haben wie Luchse.«
    Er sah mich vergnügt an. »Wer hat das gesagt?«
    »Tom …«
    »Wer ist das?«
    »Ein … Freund von mir.«
    »Und er versteht was davon?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Livingston lachte, aber sein Blick sagte mir, dass ich rätselhaftes Zeug redete.
    Er entschuldigte sich für einen Augenblick und ging hinaus. Auf dem Fernsehschirm lief eine alberne Krimiserie, die ich schon einmal gesehen hatte, irgendetwas mit Agenten und Doppelagenten. Es musste eine Wiederholung sein. Wahr scheinlich hatte ich ihn mitten im Showdown unterbrochen. Ein paar einzelne Schokonüsse lagen auf dem Tisch neben der Fernbedienung. Es war das Wohnzimmer eines älteren Herrn, der komfortabel lebte. Plötzlich wurde mir bewusst, wie unangebracht mein Eindringen war. Wie unsinnig die ganze Idee.
    »Und Sie sind auf Urlaub …«, sagte Livingston bei seiner Rückkehr und hielt mir eine Schale gesalzene Cracker vor die Nase. Ich griff hinein und stopfte mir ein paar davon in den Mund.
    »Nein, ich habe nur meinen Freund nach Arizona begleitet …«
    » Den Freund.«
    »Ja genau. Er verkauft sein Clark-Teleskop an einen amerikanischen Geschäftsmann.«
    »Gute Güte«, rief Livingston. »Sie haben ein Clark-Teleskop?«
    »Ja, leider muss es verkauft werden. Toms Vater ist krank. Er hat keine Krankenversicherung.«
    »Ich dachte, das Problem hätten nur wir Amerikaner.«
    »Nein, in Deutschland gibt es das auch.«
    »Was für eine Schande«, sagte er und schüttelte den Kopf, ohne dass recht klar wurde, worin die Schande bestand. In der Tatsache, dass das Clark verkauft wurde oder dem Zustand des deutschen Gesundheitswesens. Mein Blick driftete immer wieder zu der Action im Fernseher hinüber und streifte die Fotos auf der Anrichte. Auf vielen Bildern war eine Frau zu sehen, wahrscheinlich Livingstons Frau, ich sah sie in allen unterschiedlichen Lebensaltern, manchmal gemeinsam mit ihm. Auf einem aktuell aussehenden Foto waren sie zu dritt, mit einer jungen Frau im gelben Kostüm, die wohl ihre gemeinsame Tochter war.
    »Wissen Sie, ich habe ihren Kometen gesehen«, sagte ich.
    »Den letzten? Ich glaube, niemand hat ihn beachtet.«
    »Für mich war es der allererste.«
    »Wirklich?«
    »Ja«
    Er legte belustigt den Kopf zur

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