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Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Titel: Die Kometenjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Deckert
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Seite, aber die Geste hatte etwas Entschuldigendes, als täte es ihm leid, dass sein Komet nicht mehr zu bieten hatte.
    »Na, dann hat er ja seinen Zweck erfüllt«, sagte er.
    »Ich sollte wohl aufbrechen.« Ich klopfte mit den Händen auf meine Schenkel. »Ich muss noch nach Tucson zurück.«
    »Um Gottes willen. Übernachten Sie besser irgendwo in der Gegend.«
    »Nein«, sagte ich. »Ich muss wirklich fahren. Ich muss das Auto zurückgeben. Aber vielen Dank für die Gastfreundschaft.«
    Als wir zur Tür gingen, regte sich der Beagle. Er trottete uns durch den Flur hinterher, schnüffelte müde an meinen Beinen und blieb neben seinem Herrchen im Türrahmen stehen.
    Bevor ich Livingston die Hand gab, sah ich noch einmal nach oben zum Himmel. Ich wusste sofort, dass er perfekt war. Der beste, den ich jemals gesehen hatte. Es war jetzt noch dunkler als zuvor, und die Sterne waren so dicht gesät, dass ich die Orientierung verlor. Alle Konstellationen und Muster lösten sich in einem einzigen Gestöber aus glühenden, funkelnden und flimmernden Staubkörnern auf. Livingston bemerkte meine Blickrichtung, und um seinen Mund zuckte unmerklich ein Grinsen. Dann verabschiedeten wir uns. Als ich vom Hof fuhr, stand er mit dem Beagle im Türrahmen und winkte mir nach.

KAPITEL 4

    D ass es viel zu spät war, um den weiten Weg nach Tucson anzutreten, wusste ich selbst. In dem kleinen Laden unten an der Straße brannte immer noch Licht. Rose, die auf mein Klopfen hin öffnete, war so freundlich, mich in der Ranch für die Vogelkundler einzuquartieren. Sie rief dort an und drückte sich so aus: »Ich habe hier einen jungen Mann, der mir Sorgen macht.«
    Die Ranch lag kaum fünf Minuten von dem Laden entfernt an der Straße. Ein Mann mit Taschenlampe führte mich durch die Dunkelheit zu einer Reihe alleinstehender Blockhütten und schloss mir auf. Im Inneren der Hütte fand ich eine angenehme kleine Stube mit einer einfachen Küche und zwei Betten mit mexikanischen Überdecken. Statt einer Bibel lag auf dem Nachttischchen ein Vogellexikon. Mit meinem Abendessen, einer Tüte Nachos von Rose, legte ich mich aufs Bett und kritzelte ein wenig in meinem Skizzenbuch herum. Ich musste lachen, als ich das fertige Bild sah. Ich hatte versucht, Livingston und seinen Beagle zu zeichnen. Jetzt plötzlich wurde mir bewusst, dass ich sie beide seit langem kannte: Monsieur Lamarre und sein Hund!
    Vor dem Schlafen konnte ich nicht anders, als noch einmal auf die Terrasse zu gehen und zum Himmel zu sehen. Es war ein heilloses Überangebot, das Schwindelgefühle hervorrief. Arkturus als goldenes Signalfeuer, die Vega so hell, dass ich glaubte, sie müsste Schatten werfen. Ich starrte zwanzig Minuten in diesen kalten Taumel aus Lichtern und versuchte die schwächsten sichtbaren Sterne auszumachen, aber es gelang mir nicht. Es wurden immer noch mehr. Danach schlief ich tief.
    Am nächsten Morgen war der Himmel erneut wolkenlos und ultramarinfarben. Hinter dem Tresen im Büro der Ranch saß ein älterer Herr in einer beigefarbenen Safariweste, der Ferngläser verlieh. Eine Tafel in seinem Rücken listete die neuesten Sichtungen im Canyon auf: Crissal Thrasher, Montezuma Quail, Black-throated Sparrow. Als ich ihm einen guten Morgen wünschte, wollte er wissen, wie ich meinen Tag verbringen würde. Ich sagte ihm, ich hätte keine Ahnung. Ich dächte über meine Abreise nach Tucson nach.
    »Jetzt?«, fragte er mit einem Unterton echten Bedauerns. »Das ist schlechtes Timing.«
    »Wieso schlechtes Timing?«
    »Wir haben fantastische Tage. Mit etwas Glück können Sie einen eleganten Trogon sehen.«
    Ich sagte ihm, dass ich den eleganten Trogon wahrscheinlich nicht einmal sehen würde, wenn er vor meiner Nase einen Paarungstanz aufführte. Er lachte nur. Anfänger.
    Portal war auch bei Tag besehen nicht viel größer. Der Ort bestand ausschließlich aus einer Wegkreuzung und dem kleinen Laden. Aufkommender Hunger hatte mich dorthin zurückgeführt. Im Convenience Store wurde ich freudig begrüßt – von Rose. Sie schenkte mir ungefragt Kaffee ein und erkundigte sich nach meinen Plänen.
    »Was kann man denn tun, außer Vögel sichten. Ich kenne mich hier gar nicht aus.«
    »Sie könnten wandern.«
    »Wandern? Ich habe nichts dabei …«
    Rose verschwand wortlos im Laden. Bei ihrer Rückkehr hatte sie einen kleinen Rucksack, zwei Wasserflaschen, eine Karte und einen breitkrempigen Hut dabei. Die Flaschen und die Karte steckte sie in den Rucksack, den Hut

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