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Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Titel: Die Kometenjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Deckert
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Gegenlicht. Ich würde gern Fotos schießen. Ich glaube, es wird kein besseres Motiv mehr kommen.
    Die Dämmerung kommt schnell. Die Schatten fallen tiefer. Die Straße ist nur noch ein ansteigender Feldweg, immer unwegsamer zwischen der verblassenden Felsenlandschaft. Ich muss wieder langsamer fahren, um keinen Achsbruch zu riskieren. Hohe Steinformationen stehen Spalier, wie Männer in Reih und Glied, dazwischen liegen Geröllhalden. Dann werden die Schlaglöcher tief wie Gruben. Ich muss das Tempo weiter drosseln und komme fast zum Stehen. Mir wird jetzt etwas bang – die sechs Meilen kommen mir mittlerweile vor wie sechzig.
    Mir fallen die alten Geschichten ein, populäre Geschichten, die jedes Kind kennt, die Mär vom dummen Touristen, der ohne Wasser in die Wüste fuhr. Das Allerwichtigste ist, dass mein Auto nicht liegen bleibt. Solange es fährt, wird es mir gut gehen. Und ich bin nicht in der offenen Wüste. Es gibt noch grüne Vegetation. Laubbäume am Wegrand beugen mitleidig ihre knochigen Äste. Und da plätschert irgendwo ein Bach. Ich kurble das Fenster herunter, um ihn besser zu hören, das Plätschern ist keine Einbildung. Er muss direkt am Wegrand verlaufen, ein kleiner Bach in einem steinigen Bett. Die Böschung ist zu steil zum Klettern. Ich könnte nur rutschen, auf allen vieren kriechen – auf Augenhöhe mit Skorpionen und Klapperschlangen. Und sich jetzt noch verletzen? Dann lieber im Auto und ohne Wasser die Nacht verbringen. Der Wagen wird geschüttelt wie ein Boxer, der Prügel bezieht, er rollt kaum noch, aber was macht das jetzt? Die Dunkelheit hat mich ohnehin schon überrascht, und auf die Geschwindigkeit kommt es nicht mehr an. Auf einem kleinen grünen Schild steht »3 Miles«. Ich nähere mich wohl doch irgendeiner Sache. Es vergeht eine kleine Ewigkeit. Dann: »2 Miles«, wieder eine Ewigkeit, dann »1 Mile«.
    »Entering Paradise«. Im Zwielicht materialisiert sich ein Ortsschild, weiße Schrift auf rotbraunem Querbalken. Rechts der Straße liegt ein hässliches kleines Anwesen. Ein heruntergekommenes, weißes Holzhaus mit verbarrikadierten Fenstern im Schatten der Bäume, dort, wo nie ein Sonnenstrahl hinkommt. Ich lasse das Auto langsam daran vorbeirollen, ein einziges Haus sehe ich noch, aber mehr werden es nicht. Der Feldweg verliert sich irgendwo im Unterholz. Ich bleibe im Auto sitzen, während sich um mich die Nacht verdichtet. Die Welt ist still, erfüllt vom Geräusch einsamer Vögel. Paradise. Wie ein finsteres Gehölz, das um ein Geheimnis herumgewachsen ist. Im Dunkel vor meinem Wagen stöckeln lautlos zwei Rehe über die Straße, verschwinden mit leichten Sprüngen. Was habe ich hier gewollt? Es bringt mich zum Lächeln. Es ist gut, dass ich meine Neugierde gestillt habe. Aber war es das, was ich gesucht habe? Nach einer Weile schalte ich die Scheinwerfer an und will umkehren, mein Licht trifft eine Abzweigung. Ein schmaler Weg, der direkt ins Gebirge führt und sich dort in Serpentinen verliert. Und ein Schild: »Portal, 6 Miles«.
    Die Straße ist schmal und kurvig, aber asphaltiert. Ich bin wieder unterwegs, stetig mit zwanzig oder dreißig Meilen. Das Abenteuer ist bald zu Ende, denke ich. Eine Weile klettert der Weg bergan, um mich türmt sich eine Felslandschaft, nur noch als Schattenriss, Felsnadeln stoßen in den tiefblauen Himmel, am Straßenrand klafft ein Abgrund, alles verbindet sich zur Ahnung eines gewaltigen Canyons. Dann geht es wieder talwärts. Dauernd huschen kleine Tiere durch das gelbe Oval meiner Lichter und verschwinden hinter den Sträuchern. Sie sind flink wie Kaninchen, aber mit Fuchsohren, bilde ich mir ein. Und dann Vögel. Rennende Vögel. Ich bin wieder auf Wüstenboden. Ganz unten, in der Ebene angekommen, führt mein Weg auf eine breitere Straße zu. »Portal«, steht auf dem Schild. Ein paar Häuser liegen auf der anderen Seite. Und ein Laden, in dem noch Licht brennt.
    Der Portal Convenience Store hat alles im Sortiment, was man zum Überleben in der Wildnis braucht, und mehr – von Insektenspray über eingelegte Pfirsiche bis hin zu Funkgeräten. Die Ladentheke mit der Kasse ist nicht besetzt, aber es gibt ein Hinterzimmer, eine kleine Gaststube, in der eine junge Dame mit Tablett und Schürze herumläuft. An einem Tisch im hintersten Winkel des Zimmers sitzt ein schmaler Mann mit Stahlbrille und Halbglatze und löffelt braune Suppe aus einer Plastikschüssel. Ich setze mich an einen der freien Tische, nicke dem Mann und der

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