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Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Titel: Die Kometenjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Deckert
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Firmengeschichte der Brüder Clark runtergebetet.«
    »Dann weiß er wenigstens genau, was dein Teleskop wert ist.«
    »Er weiß es besser als ich«, sagte Tom düster. »Sonst wär’s einfacher.«
    »Unterschreib einfach nichts, was dir zu billig vorkommt.«
    »Ich denke, wir unterschreiben erst mal gar nichts. Er muss es ja sowieso erst sehen.«
    »Es wär einfacher gewesen, wenn er gleich nach Deutschland gekommen wäre.«
    Tom seufzte. »Das hatten wir doch schon.«
    »Aber du hast es mir nicht erklärt.«
    »Ich weiß schon, was ich mache. Wärst du jetzt lieber am Ammersee?«
    Das war typisch. Warum wollte er überhaupt, dass ich ihn zu dem Termin begleitete, wenn er alles im Griff hatte? Ich beschloss einfach, dem Rat der Rezeptionistin zu folgen: Augen offen halten.
    Noch war es mild, aber die Hitze schien sich über uns zu sammeln, wie für einen Großangriff. Wir kamen an dem leeren Parkplatz einer Mall vorbei. Ein Gebäude von der Fläche eines mittelgroßen Flughafens. Neben uns schleppte sich der dichter werdende Verkehr dahin. Stoßstange an Stoß stange, spiegelndes Blech mit kurzer Lebensdauer, kaum ein Auto älter als zwei oder drei Jahre. Wer in dieser Stadt zu Fuß ging, fühlte sich automatisch wie ein Ausgestoßener, dachte ich, man gehörte nicht zu den anderen und war so nackt und obdachlos wie eine Schildkröte ohne Panzer. Jetzt, in diesem Augenblick, wäre ich wirklich lieber am Ammersee gewesen. Die ganze Absonderlichkeit der Situation stand mir plötzlich klar vor Augen. Nur aufgrund von ein paar E-Mails hin und zurück über den Atlantik hatten wir uns zu dieser Reise überreden lassen, und jetzt wollten wir Geschäfte mit Amerikanern machen, die uns wahrscheinlich schon als Anfänger durchschaut hatten und wie Schuljungen behandeln würden – ganz so, wie wir es verdienten. Keine Frage, als Tom mir erzählt hatte, dass sein öminöser Astronostalgie-Fan aus dem Internet plötzlich zwei Flugtickets springen ließ, war ich begeistert gewesen – ich hoffte, Vera würde vor Neid den Verstand verlieren. Aber hätte Tom das Teleskop nicht doch an ein deutsches Museum verkaufen können? Er hatte es ja nicht mal versucht.
    Das gesuchte Geschäft lag auf der Sherman Avenue, einer fünfspurigen Straße mit Ladenzeilen zu beiden Seiten, inmitten einer langen Reihe von Tand- und Trödelhändlern, die als »Antique Stores« firmierten. Die Schaufenster waren noch vergittert, aber in der Tür unter dem »Scopeville«-Schriftzug klebte eine Pappe, auf der »open« stand. Tom sah sich noch einmal nach mir um. Er schien die gleichen Gedanken zu haben wie ich. Erst auf mein Nicken hin öffnete er die Tür und wir gingen hinein.
    In den Raum fiel kaum Tageslicht. Er war etwa zwanzig, fünfundzwanzig Quadratmeter groß und, soweit ich es überblicken konnte, randvoll mit Ware: mindestens ein Dutzend kleinerer Newtonteleskope, Cassegrains und Refraktoren, einige mit hängenden Köpfen, einige zur Decke gerichtet, die im Halbdunkel des Raums Spalier standen und gerade genug Platz für einen Durchgang zu der Ladentheke ließen, hinter der ein schlanker mittelgroßer Mann stand, der knapp fünfzig sein mochte. Noch bevor die Tür hinter uns zugefallen war, hatte er die Theke umrundet und war bei uns. Der Mann hatte ein langes, gut geschnittenes Gesicht mit wenigen markanten Falten und einen schmalen Schnauzbart, der ebenso silbern war wie das zurückgekämmte Haar, das genau auf der Mitte seines Schädels eine elegante kleine Welle warf.
    Er wünschte uns einen guten Morgen und taxierte Tom, den ich unauffällig nach vorn schob: »Also, Sie sind unser Mann!«
    Tom wollte etwas antworten, aber seine Hand wurde bereits geschüttelt.
    »Ich bin Sid Koenig.«
    Just in dem Moment, als Koenigs Hand auch meine umfasste, hörte ich ein metallisches Quietschen, das durch Mark und Bein ging. Wir drehten uns um und sahen, dass noch jemand im Raum war. Er stand hinter uns und war gerade dabei, das Gitter im Schaufenster hochzuziehen. Der zweite Mann war kleiner als Koenig, sogar viel kleiner, fast ein Zwerg. Er trug ein rotes Polo-Shirt mit dem eingestickten Schriftzug »Scopeville«, lächelte entschuldigend, wobei er große, graugelbe Zähne entblößte, und stellte sich als »Randall Wink, Sid’s Partner« vor. Wir wandten uns wieder zur Ladentheke.
    »Ist Ihre Reise angenehm verlaufen?«, fragte Koenig.
    »War in Ordnung«, sagte Tom.
    »Ich hätte Sie gern selbst vom Flughafen abgeholt, aber ich musste gestern

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