Die Kometenjäger: Roman (German Edition)
fragte ich und schrieb Buchstaben in die vorgesehenen Kästchen des Formulars.
»Hier?«
»Ich meine, in dieser Gegend.«
Sie betrachtete mich wie einen seltenen Käfer. »Gott, nein!«
Der Kühlschrank in unserem Zimmer war nicht angeschlossen. Während Tom seinen Rucksack auspackte, öffnete ich ein warmes Bier, ließ mich auf einem der beiden Einzelbetten nieder, schaltete den Fernseher an und begann zu zappen. Tom brauchte eine halbe Stunde, um nachzusehen, ob alle Linsen, Filter, Gläser und Karten den Transport überstanden hatten. Er war ausgerüstet, als müsste er Amerika selbst entdecken.
»Im Ernst, Tom. Was willst du mit dem ganzen Kram?«
»Man weiß nie. Vielleicht kommen wir dazu, noch was zu sehen.«
»Du meinst außerhalb der Stadt.«
»Ja.«
»Ich denke, du bist hier, um dein Teleskop zu verkaufen.«
»Danke«, sagte er und hielt eine Linse ins Licht. »Ich brauche niemanden, der mich daran erinnert.«
Er ignorierte mich einfach und packte weiter aus. Beim zehnten oder zwölften Fernsehkanal schlief ich ein.
Die Zeitverschiebung machte uns zu schaffen. Schon vor dem Morgengrauen waren wir beide hellwach. Als endlich der erste Lichtschein im Fenster auftauchte, zogen wir uns an und sahen uns in der Umgebung um. Wir hofften, auf der Rückseite des Motels einen Pool zu finden. Wasser fanden wir tatsächlich. Hinter einem verwahrlosten kleinen Garten mit verkrüppelten Orangenbäumen lag ein betoniertes Flussbett, eine breite Schneise, die das Viertel teilte und auf deren Grund der letzte Rest eines Wasserlaufs zu sehen war. Winzige Wellen wanderten über die Oberfläche des Rinnsals, das den Boden gerade benetzte, an den Rändern hatte sich ein Algenteppich gebildet, der im Licht des frühen Morgens giftig hellgrün glitzerte. Wir besorgten uns Donuts und Kaffee in einem 24-Stunden-»Dunkin Donuts«, setzten uns auf die betonierte Böschung und warteten, bis das Viertel um uns herum erwachte. Im Osten krochen Sonnenstrahlen über die braunen Rücken der Berge und zeichneten dunstige Bahnen in das noch morgenklare Blau. Tanklaster und Tiefkühltrucks donnerten vorbei und die ersten großen Geländewagen mit hämmernden Radios. Ein Gefühl der Fremdheit überkam mich plötzlich. Es waren vielleicht nur wenige Details, das Gelb des Morgenlichts, die Warntöne der rangierenden Lastwagen, die Polizeisirenen und die klebrige Schwere des Donuts in meiner Hand. Eine seltsame Alltagsfremdheit. Das war Amerika. Ich musste an meinen ersten Blick auf Saturn und seine Wirkung denken. Alles sah aus, wie es aussehen musste, und doch war es kaum zu glauben, dass man es wirklich sah.
Gegen neun hatten wir den ersten Termin des Tages. Der Treffpunkt lag nur wenige Blocks vom Motel entfernt, doch die Rezeptionistin riet davon ab, zu Fuß zu gehen.
»Wieso? Ist die Gegend gefährlich?«, fragte ich.
»Nein, es ist nur nicht üblich, hier rumzulaufen.«
»Weil es nichts zu sehen gibt«, vermutete Tom.
»Sie sagen es. Ich kann Ihnen die Buslinien aufmalen.«
Sie fixierte Tom mit mütterlicher Strenge und ließ ihn nicht aus den Augen, als sei ihr Anliegen noch nicht ausreichend klar geworden.
»Vielen Dank, aber wir schaffen das schon«, sagte er.
Ich signalisierte ihr mit einer Geste, dass es sinnlos war.
»Sehen Sie sich vor«, sagte sie.
Die Warnung der Rezeptionistin klang in der Morgenluft nach, während wir an breiten Hauptstraßen entlangspazierten wie verlorengegangene Schulkinder, durch eine Gewerbelandschaft mit niedrigen Gebäuden und Fabrikhallen. Einfahrten führten in schattige Hinterhöfe, in denen Minivans parkten, auf Zäunen rollte sich Stacheldraht. Grundstücke verbarrikadiert wie Militärbasen. Die Telegrafenmasten mit ihren kreuz und quer über die Wege gespannten Drähten sahen alt und schief aus. Manchmal lugte eine Palme schüchtern durch das Geflecht. Ohne Schilder hätte nichts darauf schließen lassen, was in den einförmigen Gebäuden hergestellt wurde. »Winthrop Home Security«, Alarmanlagen. »Canoga Sealing Inc.«, Dichtungen. »Four Star Productions«, Filme, für Erwachsene wohl.
Tom redete ununterbrochen über alle möglichen Nebensächlichkeiten, was überhaupt nicht seine Art war. Ich kannte meinen Freund. Er quasselte niemals aus guter Laune.
»Aufgeregt?«, fragte ich.
»Nein.«
»Was ist er für ein Typ?«
»Koenig?«
»Ja.«
»Kann man nicht sagen, wir haben bisher nur telefoniert. Er versteht eine Menge von alten Teleskopen. Er hat mir die ganze
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