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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Bonnie«, erwiderte sie.

Davor
    Er trieb auf dem Rücken im Wasser, die Arme weit ausgebreitet. Mein einziger Ausflug. Mein winziger Schnipsel Sommerurlaub. Geschaukelt von sanften Wellen, die anschließend mit kleinen Schaumkronen ans Ufer schwappten, bewegte sein Körper sich gemächlich dahin. Ich schwamm zu ihm hinüber. Obwohl er die Augen geschlossen hielt, weil ihn sonst die Sonne geblendet hätte, streckte er plötzlich einen Arm aus und zog mich an sich, so dass wir beide keuchend untergingen. Ich spürte, wie er die Beine um mich schlang, und berührte mit einer Hand sein langes, nasses Haar, seinen kühlen Nacken. Dann tauchte ich wieder auf und blickte in sein lachendes Gesicht  – ein lachendes Gesicht, das plötzlich ernst wurde, als er mich in seine Arme zog und fest an sich drückte. Während wir eng umschlungen versuchten, Wasser zu treten, brannte das Salz auf unserer Haut, und das Licht wurde wie unzählige blendende Pfeile von der Meeresoberfläche zurückgeworfen. Ich spürte Haydens Lippen an meiner Schulter, meinen Augenlidern, meinem Mund. Mehrmals gingen wir unter und kamen wieder hoch, bis wir schließlich das Ufer erreichten, wo niemand war, der uns sehen konnte. Wir ließen uns in den rauen Sand sinken, begleitet vom Kreischen der Möwen und dem Klatschen der Wellen. Abgebrochene Muschelstückchen gruben
sich in unsere Haut. Hinterher rannten wir wieder ins Wasser und wuschen uns ab. Hayden rieb mich mit seinem Hemd trocken und entfernte sogar den Sand zwischen meinen Zehen.
    Anschließend bestand er darauf, an einer Bretterbude an der Küstenstraße ein Dutzend Austern zu essen. Wir setzten uns draußen an einen sauber geschrubbten Holztisch und pressten Zitronensaft auf die wabbeligen, schleimigen Kreaturen. Er aß sieben, ich eine. Für meinen Geschmack waren sie zu lebendig, zu schleimig und zu salzig.
    Hayden wirkte an dem Tag richtig glücklich. Wahrscheinlich hatte er ebenfalls Urlaub.

Danach
    Ich versuchte Sonia anzurufen, aber es war aussichtslos. Bestimmt riefen sich gerade alle gegenseitig an und genossen dabei jenes prickelnde Gefühl, das viele Menschen verspüren, wenn etwas wirklich Schreckliches passiert. Eine der größten Freuden des Lebens besteht offenbar darin, anderen schlimme Nachrichten zu überbringen. Hast du es schon gehört? Hast du es schon gehört? Ich sprach ihr aufs Band: Ruf mich zurück. Dann schaltete ich meinen Anrufbeantworter ein und hörte benommen zu, wie eine Nachricht nach der anderen hinterlassen wurde. Zweimal war es Joakim. Beim ersten Mal klang er wie betäubt, beim zweiten Mal schrie er vor Kummer. Schließlich hörte ich nach dem Piepton Sonias Stimme, die zögernd zu sprechen begann. Ich sprang auf und schnappte mir das Telefon.
    »Sonia, ich bin da.«
    »Ich habe deine Nachricht erhalten.«
    »Ja? Und?«
    »Ich habe es schon gehört.«

    Mir war klar gewesen, dass ich unbedingt mit Sonia reden musste, hatte mir aber gar nicht richtig überlegt, was ich ihr eigentlich sagen wollte.
    »Tja«, begann ich, »das war nicht Teil des Plans.« Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. »Bist du noch da?«
    »Ja.«
    Ich wusste nicht, ob ihr Schweigen ein Zeichen von Angst, Wut oder Schock war oder einfach nur typisch Sonia.
    »Nun wird die Polizei ermitteln.«
    »Natürlich wird sie ermitteln«, antwortete sie. »Man hat eine Leiche gefunden, die in einem Stausee versenkt wurde. Es steht schon in der Zeitung. Das ist ein Fall für die Kripo.«
    Ich holte tief Luft.
    »Es tut mir so leid, dass ich dich da mit hineingezogen habe, Sonia. Wenn du zur Polizei gehen möchtest …«
    »Dafür ist es nun zu spät.«
    »Du hast vermutlich recht.«
    »Versuch bloß nicht wieder, besonders schlau zu sein.«
    »Da besteht im Moment keine große Gefahr«, entgegnete ich kleinlaut.
    »Ich meine das ernst, Bonnie. Keine von deinen brillanten Improvisationen mehr. Wir unternehmen gar nichts und sagen so wenig wie möglich.«
    »Ich habe Angst.«
    »Natürlich. Reiß dich trotzdem zusammen.«
    Ich legte auf. Bevor ich wieder den Anrufbeantworter einschalten konnte, klingelte es erneut.
    »Hier ist Nat. Haydens Freund. Der Bassist.« Seine Stimme klang belegt  – ob vom Alkohol oder vor Trauer, konnte ich nicht sagen.
    »Ich weiß, wer du bist.«
    »Du hast es schon gehört?«
    »Ja.«
    »Es ist furchtbar. Wir müssen reden.«

    »Das tun wir doch gerade.«
    »Ich meine unter vier Augen. Ich bin in einer halben Stunde in Camden Lock.«
    Nachdem ich

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