Die Komplizin - Roman
Lächeln war wie weggewischt, in seiner Miene lag unverhohlene Antipathie. »Weil ich nämlich frei bin. Genau das kannst du nicht ertragen, stimmt’s?«
Die Katze, der ein Junge zuvor einen Stein nachgeworfen hatte, strich an Guys Beinen vorbei, woraufhin er ihr einen derart heftigen Tritt versetzte, dass sie mit einem hohen Schmerzenlaut davonsauste.
»Dad!«
»Eins – und – zwei – und – drei«, zählte ich. Von Neuem erfüllte die Musik den Garten, und es begann zu regnen.
»Das war doch gar nicht so schlecht«, meinte Hayden hinterher fröhlich. »Und jetzt lasst uns feiern gehen.«
»Sollen wir uns was zu trinken holen?«
»Nein. Das hier ist was für Kinder. Lasst uns irgendwohin gehen, wo die Erwachsenen feiern.«
Ich hatte sofort ein ungutes Gefühl: Seine Pupillen waren geweitet, und er sprach ein wenig undeutlich.
»Ich fahre nach Hause.« Guys Stimme klang feindselig. »Meine Frau wartet bestimmt schon. Außerdem haben sie und ich einiges zu besprechen.« Aus irgendeinem Grund nannte er Celia in Haydens Anwesenheit immer »meine Frau«, als müsste er sich seine eigene Unerschütterlichkeit auf diese Weise ins Gedächtnis rufen.
Hayden zuckte mit den Achseln. »Ganz, wie du meinst. Aber einer von meinen Kumpels schmeißt eine Party. Da könnten wir vorbeischauen. Mal sehen, was da abgeht. Es
ist nicht weit von hier, zu Fuß brauchen wir höchstens zehn Minuten.«
»Was für eine Art von Party?«, wollte Amos wissen.
»Eine für Erwachsene.« Hayden grinste ihn an. »Du siehst aus, als hättest du Bedenken.«
»Wieso sollte ich?«
»Keine Ahnung. Wieso solltest du?«
»Ich habe keine Bedenken.«
»Dann kommst du also mit?«
»Ja.«
»Ich dachte, wir wollten gemeinsam essen«, mischte Sonia sich ein. Mir war klar, dass sie versuchte, ihm einen Vorwand zu liefern, Haydens Einladung abzulehnen.
»Ich bin gar nicht hungrig«, entgegnete Amos. »Außerdem hatte ich schon einen Burger.«
»Du kommst besser auch mit, Sonia«, wandte Hayden sich in gönnerhaftem Ton an sie. »Dann kannst du ein Auge auf ihn haben und dafür sorgen, das er nicht über die Stränge schlägt.«
Sonia bedachte ihn mit einem eisigen Blick. Sie war die Einzige von uns, vor der Hayden hin und wieder kuschte, aber nicht an diesem Abend. Stattdessen tätschelte er ihr die Schulter und meinte: »Ist das deine Art, Ja zu sagen?«
»Wenn du es möchtest, komme ich mit«, wandte Sonia sich an Amos, ohne Hayden eines weiteren Blickes zu würdigen.
»Großartig. Neal?«
»Nein.«
»Nein?«
»Ich bin nicht in der Stimmung«, erklärte Neal.
»Na gut. Dann gehen eben wir vier.«
»Mit deiner Rechnung stimmt etwas nicht«, sagte ich zu Hayden.
»Du, Sonia, Amos und ich. Ich schätze mal, unser Jungspund Joakim bleibt lieber bei seinen Kumpels.«
»Mich hast du nicht gefragt. Du gehst einfach davon aus, dass ich mitkomme.«
»Es wird dir bestimmt gefallen.« Er strich über meinen Handrücken. »Du bist doch eine richtige Partymaus.«
»Eine müde und genervte Partymaus.«
»Bitte!« Er lehnte sich vor und flüsterte mir ins Ohr: »Ich brauche dich heute Nacht.«
Ich war froh, dass in dem schwachen Licht niemand sehen konnte, wie rot ich wurde. »Meinetwegen, aber nur für eine Stunde.«
»Also gut.« Neal versuchte, möglichst beiläufig zu klingen, was ihm jedoch nicht gelang. »Wenn ihr alle geht, komme ich auch mit. Vielleicht wird es ja doch ganz nett.«
»Bestimmt«, antwortete Hayden mit einem breiten Grinsen. »Je mehr wir sind, desto mehr Spaß werden wir haben.«
Es war eine große Party und ein winziges Haus. Überall drängten sich die Leute, sie standen sogar auf der Treppe und bis in den schmalen Garten hinaus. Die Musik dröhnte so laut, dass die Bodendielen vibrierten und man das Gefühl hatte, als würden die Wände wackeln. Soweit ich das im verrauchten Halbdunkel beurteilen konnte, hatte sich hier eine bunte Mischung zusammengefunden: Einige waren noch so jung wie Joakim, andere sehr viel älter: Männer mit grauem Haar, das sie zum Pferdesschwanz gebunden hatten, Frauen mit tätowierten Schultern und Moschusduft. Man kam sich vor wie in einem Musikzelt in Glastonbury, nur dass es das Bier hier kostenlos, kalt und in rauen Mengen gab.
Hayden wurde sofort von der Schar der Feiernden verschluckt. Die meisten schienen ihn zu kennen. Ich verfolgte, wie eine Frau mit schönem rotem Haar die Arme um seinen Hals schlang. Sonia und Amos gingen zusammen in den Garten hinaus.
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