Die Komplizin - Roman
sich eine weitere Zigarette an.
»Du kennst also Sonia«, bemerkte sie mit jenem beunruhigenden Glitzern in den Augen, das manche Leute bekamen, wenn sie etwas über einen wussten. »Und ich kenne eine Macke von dir.«
»Von mir?«
»Das Banjo«, meinte sie in triumphierendem Ton.
»Dafür schäme ich mich nicht«, erwiderte ich, »ganz im Gegenteil.«
Da ich gerade Amos und Sonia aus dem Garten kommen sah, hob ich eine Hand, um die beiden auf uns aufmerksam zu machen. Sonia blickte hoch und zog eine Grimasse. Ich winkte ihr, aber nach kurzem Zögern schüttelte sie den Kopf, nahm Amos an der Hand und führte ihn in Richtung Ausgang. Ich konnte mir in etwa vorstellen, wie sie sich fühlte. Irgendwie war es amüsant, Leute zu treffen, die alle möglichen Freunde von mir kannten, aber gleichzeitig verursachte es mir leichte Beklemmungen. Was für ein Glückspilz Liza doch war,
ging mir plötzlich durch den Kopf. Auf Reisen in einem fernen Land, wo sie niemanden kannte. Wobei ich bei meinem Glück wahrscheinlich sogar auf dem Gipfel des Mount Everest noch eine Exfreundin von Hayden treffen würde.
Es gab einen weiteren Grund, warum Sonia sich nicht zu uns gesellen wollte. Amos’ Haltung verriet mir, dass er schon ganz schön betrunken war. Ich konnte mich noch genau an die verschiedenen Stadien erinnern, die er dann durchmachte: Erst wurde er noch einen Tick streitlustiger, als er es ohnehin schon war. Als Nächstes folgte seine gefühlsduselige, mitteilsame Phase. Vielleicht würde er Sonia sagen, dass sie heiraten und Kinder bekommen sollten, einen ganzen Stall voller Kinder mit ihrem Haar und seinen Augen. Dann verfiel er in einen Zustand der Depression, ehe er schließlich in voller Montur einschlief.
Miriams Kopf ruhte mittlerweile auf Haydens Schoß, und er hatte eine Hand auf ihr Haar gelegt, als wäre sie ein kleines Kind. Ihre Augen waren geschlossen. Er lächelte mich an, zog entschuldigend die Schultern hoch und formte mit den Lippen ein Wort, das ich nicht verstand. Da ich sein Lächeln nicht erwiderte, wurde auch er schnell wieder ernst. Wir starrten uns an. Neben mir stieß Neal ein leises Schnarchen aus. Ich spürte, wie sein Kopf auf meine Schulter sank. Während rundherum immer mehr Leute einschliefen, saß ich weiter mit Hayden auf der Treppe und wartete.
Danach
Am Montagmorgen klingelte bereits um zwanzig nach sieben das Telefon. Es war Danielle. Sie klang so atemlos, als käme sie gerade vom Joggen. Bestimmt war ihr klar, dass sie mich geweckt hatte.
»Falls es um die Band geht«, murmelte ich schlaftrunken,
»brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ich habe alles im Griff.«
»Na ja, in gewisser Weise geht es tatsächlich um die Band.«
»Ist es dir lieber, wenn wir doch nicht spielen? Das wäre für mich völlig in Ordnung.« Mehr als völlig in Ordnung, dachte ich. Wundervoll. Aber das behielt ich für mich.
»Nein, nein. Ich lechze danach, euch spielen zu hören. Jetzt erst recht.« Sie klang aufgeregt. »Auch wenn ihr das wahrscheinlich anders seht.«
»Wovon sprichst du?«
»Von Hayden Booth«, antwortete sie. »Er hat doch bei euch mitgespielt, oder nicht?«
»Oh, hast du davon gehört? Keine Sorge, wir kommen auch ohne ihn klar.«
»In Anbetracht der Umstände klingt das ganz schön hartherzig, Bonnie.«
Ich setzte mich auf und nahm den Hörer ans andere Ohr.
»Wie meinst du das?«
»Du weißt es noch nicht?«
Ich hörte mich selbst fragen: »Was denn?« Woraufhin Danielle mir berichtete, am Vorabend sei im Langley Reservoir eine Männerleiche gefunden und als die von Hayden Booth identifiziert worden. Das habe sie vor ein paar Minuten im Radio gehört.
Was würde eine Person, die nichts weiter wusste, in dieser Situation sagen?
»Oh. Mein Gott!«
»Ist das nicht fürchterlich?«
»Fürchterlich. Ja. Das ist es. Absolut fürchterlich. Mein Gott.« Mir schoss durch den Kopf: Sonia anrufen. Und Neal? Ob Joakim es schon erfahren hatte? Guy? Oder Sally? Wusste die arme Sally schon Bescheid?
»Ich kann mir vorstellen, wie es dir jetzt geht. Ich meine, ich habe ihn zwar nie persönlich kennengelernt, aber es ist
trotzdem ein großer Schock. War er nicht einer deiner besten Leute?«
»Er hat in einer ganz anderen Liga gespielt.«
»Seid ihr denn trotzdem in der Lage … du weißt schon?«
»Ich lasse es dich rechtzeitig wissen. Aber ich denke schon.«
»Es sind nur noch ein paar Tage.«
»Wir werden da sein«, entgegnete ich ein wenig lauter.
»Ich bin nur der Bote,
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