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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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»Das ist doch wohl Grund genug.«
    »So habe ich es nicht gemeint.«
    Nat fummelte an seiner Jacke herum und zog eine Zigarettenschachtel und ein Feuerzeug heraus. Er hielt mir die Schachtel hin.
    »Ich habe damit aufgehört«, erklärte ich.
    »Dann wäre das jetzt ein passender Zeitpunkt, wieder anzufangen.«
    Während er und Jan sich eine anzündeten, verspürte ich den starken Drang, ihrem Beispiel zu folgen, doch statt diesem Bedürfnis nachzugeben, schob ich beide Hände in die Hosentaschen, als könnte das mich davon abhalten, nach einer Zigarette zu greifen.
    »Also«, hakte ich nach, »warum wolltet ihr mich unbedingt sehen?«
    Nat schaute erst Jan an und dann mich.
    »Sag mal, bist du schwer von Begriff? Hayden ist tot, verdammt noch mal! Jemand hat ihn in einen Stausee geworfen!« Mittlerweile schrie er fast.
    »Eine schreckliche Sache.«
    »Das kann man wohl sagen.« Jans Stimme klang seltsam gedämpft. Er hatte bisher noch kein Wort gesagt.
    »Wie seid ihr an meine Telefonnummer gekommen?«, fragte ich.
    »Hayden hat sie mir mal gegeben«, antwortete Nat. »Im Lauf der Zeit hat er mir bestimmt an die dreißig verschiedene Nummern genannt, unter denen er jeweils zu erreichen war. Ich habe in meinem Notizbuch eine lange Liste stehen. Die meisten der Nummern sind längst wieder durchgestrichen. Ich schätze, jetzt kann ich sie alle streichen. Sollen wir einen Spaziergang machen? Vom Herumstehen wird mir bloß kalt.«

    »Es ist ein warmer Sommertag«, entgegnete ich.
    »Mir wird trotzdem kalt, wenn ich hier rumstehe.«
    Also setzten wir uns in Bewegung und schoben uns langsam durch die Menge.
    »Was ist nur mit diesen Punks los?«, jammerte Jan. »Als das mit dem Punk damals losging, war ich noch ein Kind. Damals liefen die Leute nicht so herum. Die echten Punks sahen gar nicht aus wie Punks.«
    »Was soll das heißen, sie sahen gar nicht aus wie Punks?«, fragte Nat.
    »Sieh dir doch die alten Fotos von den Sex Pistols an. Die haben nicht wie Punkrocker ausgesehen. Die Uniform kam erst später.«
    »Wir tragen alle Uniformen«, meinte Nat. »Du nicht«, fügte er mit einem Blick auf mich hinzu. »Warst du nie Mitglied eines Stammes?«
    »Ich glaube nicht«, antwortete ich. »Mir ist es immer nur um die Musik gegangen.«
    »Kein Wunder, dass du mit Hayden zusammengekommen bist.«
    »Wir waren nicht richtig zusammen …«, begann ich.
    »Ich bin genau wie diese Punks«, fiel Nat mir ins Wort. »Was wir spielen  – oder sollte ich besser sagen, spielten  – ist so eine Art alte Countrymusik, deswegen ziehe ich mich an, als wäre ich in Texas geboren. Dabei komme ich in Wirklichkeit aus Norfolk. Mein Gott! Hayden war nie so. Er hätte keinen Sinn darin gesehen.« Er blieb stehen und schaute sich um. »Wir müssen auf ihn anstoßen.«
    Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr.
    »Es ist erst zehn nach zwölf.«
    »Wir müssen trotzdem auf ihn anstoßen.«
    Jan sah mich achselzuckend an. Wortlos folgten wir Nat zu einem Pub am Kanal. Während Jan und ich uns draußen an einem Tisch niederließen, ging Nat hinein. Als er kurze Zeit
später wieder herauskam, trug er ein Tablett mit drei kleinen Gläsern, die eine dunkle Flüssigkeit enthielten, und drei Päckchen Chips.
    »Bourbon«, verkündete er. Nachdem er alles verteilt hatte, griff er nach seinem Glas, betrachtete es einen Moment und sah dann mich an. »Möchtest du ein paar Worte sagen, Bonnie?«
    Nun folgte eine lange Pause, weil ich nicht die geringste Lust verspürte, irgendetwas zu sagen. Ich hatte auch keinen Bock, am helllichten Tag mit zwei Musikern, die ich kaum kannte, Bourbon zu trinken.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, erklärte ich schließlich. »Ich kannte Hayden nicht so gut wie ihr.«
    »Das stimmt«, bestätigte Jan in einem Ton, bei dem mir fast übel wurde.
    »Hayden war ein großartiger Musiker«, sagte ich. »Irgendwie hat es bei ihm wohl nie so ganz geklappt, vermute ich. Es hätte nicht auf diese Weise enden sollen.«
    »Natürlich hätte es nicht auf diese gottverdammte Weise enden sollen!«, schnaubte Nat. »Das ist kein besonders toller Trinkspruch!«
    Ich warf einen Blick zu Jan hinüber.
    »Fällt dir etwas Besseres ein?«
    Jan tauchte einen Finger in den Bourbon und berührte damit seine Zunge. Dann hob er das Glas hoch.
    »Zum Gedenken an Hayden Booth. Er hat mir mein Geld abgeluchst, meine Karriere zerstört und mir mein Mädchen ausgespannt. Eines aber muss man ihm lassen: Er tat zwar jedem irgendetwas

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