Die Komplizin - Roman
pinkfarbenen Haaren, hohen Stiefeln und Dschungelmusterkleidung. Was sie wohl während der Woche taten? Ob sie dann brav in Banken und Grundschulen arbeiteten?
»Was hat Hayden denn so über uns erzählt?«, wollte Nat wissen.
»Nichts«, antwortete ich, »zumindest nichts, woran ich mich erinnern kann. Warum?«
»Die paar Male, die wir uns getroffen haben, muss dir doch aufgefallen sein, dass wir unsere Differenzen mit ihm hatten. Wir wollten nur sicherstellen, dass du daraus keine falschen Schlüsse ziehst.«
Unter anderen Umständen hätte ich mir ein Lächeln wohl kaum verbeißen können. Nicht so heute. An diesem Tag war mir nicht im Geringsten nach Lächeln zumute.
»Habt ihr mich deswegen angerufen?«, fragte ich. »Ihr beide habt die halbe Stadt durchquert, um mich auf einen Drink einzuladen und mir zu sagen, dass ihr und Hayden trotzdem die besten Kumpels wart?«
»Nein«, entgegnete Jan, »wir waren nicht die besten Kumpels. Wir hatten tatsächlich unsere Differenzen mit ihm. Wie du ja selbst sehen konntest. Aber das war nichts Neues. So lief es mit Hayden immer. Bei allen.«
»Schön«, sagte ich, »das glaube ich euch gern.«
Nat musterte mich argwöhnisch.
»Du hast Hayden nicht gefragt, was zwischen ihm und uns abgelaufen ist?«
»Ich weiß, was abgelaufen ist. Zumindest weiß ich alles, was ich wissen wollte. Vermutlich wart ihr so dumm, Hayden Geld anzuvertrauen, und er hat es ausgegeben. Und bestimmt sind auch noch andere Sachen vorgefallen. Falls es jemals Momente gab, in denen ihr Aussicht auf Erfolg hattet, war euch Hayden vermutlich keine große Hilfe.«
»Um es mal vorsichtig auszudrücken«, gab Nat mir recht. »Was glaubst du, war der Grund dafür?«
»Du meinst, warum Hayden so ist, wie er…« Abrupt hielt ich inne. »Warum Hayden so war, wie er war? Wollt ihr jetzt von mir hören, dass er als Kind missbraucht wurde? Dass er unter irgendeinem verdrängten Trauma litt und deswegen das Gefühl hatte, keinen Erfolg zu verdienen?«
»So würde ich es nicht ausdrücken«, meinte Jan. »Ich würde eher sagen, dass Hayden sich mit keinem noch so großen Erfolg jemals ganz zufriedengeben konnte.«
»Ich war nicht seine Therapeutin«, erwiderte ich.
Jan grinste. »Nein, das warst du nicht.«
Langsam hatte ich wirklich die Nase voll. Am liebsten wäre ich auf der Stelle gegangen, doch als ich sie mir so ansah – zwei mäßig erfolgreiche Musiker mittleren Alters –, taten sie mir zu meiner eigenen Überraschung fast ein wenig leid.
»Das wird eine große Sache«, sagte ich.
»Was meinst du?« Nat sah mich fragend an.
»Die polizeilichen Ermittlungen. Sie fangen gerade erst an. Für alle, die Hayden kannten, wird das bestimmt ziemlich unangenehm.«
»Insbesondere für die zwielichtigen Musiker, mit denen er gearbeitet hat«, fügte Jan hinzu, »und damit meine ich uns, nicht dich.«
»Aber damit haben wir kein Problem, oder?«, sagte Nat. »Schließlich wollen wir doch alle, dass die Person, die das verbrochen hat, gefasst wird.«
»Natürlich«, bestätigte ich.
»Erst dachte ich, es war ein Überfall«, fuhr Nat fort. »Ein ganz normaler Raubüberfall, bei dem irgendetwas schiefgelaufen ist. Aber dann hörte ich von dem Stausee. Ein Straßenräuber beschwert einen nicht mit Steinen, um einen anschließend in einem Stausee zu versenken.«
»Ich kenne mich mit Straßenräubern nicht so gut aus«, bemerkte ich.
»Eins noch«, sagte Jan.
»Ja?«
»Du hast vorhin behauptet, Hayden hat unser ganzes Geld ausgegeben.«
»Das war nur so dahingesagt. Ich habe keine Ahnung.«
»Dir hat er nicht zufällig Geld gegeben? Zur Aufbewahrung oder als Geschenk?«
»Mir?«, wiederholte ich überrascht.
»Es sind nicht nur wir«, klärte Jan mich auf. »Hayden schuldete vielen Leuten Geld. Viele Leute waren ziemlich wütend auf ihn.«
»Ich habe wirklich keine Ahnung, wo das Geld hingekommen ist«, antwortete ich, »und ich kann mich auch nicht daran erinnern, das Hayden jemals etwas ausgegeben hat. Ganz bestimmt nicht für mich.«
Ich stand auf.
»Du hast noch gar nicht ausgetrunken«, stellte Nat fest.
»Trink du für mich aus«, gab ich ihm zur Antwort. »Bei der Gelegenheit könnt ihr ja noch mal auf ihn anstoßen. Tut mir leid, das ist jetzt irgendwie blöd rübergekommen.«
»Du glaubst also, die Polizei wird mit uns reden wollen?«
»Ich glaube, sie werden mit allen reden wollen.«
»Wir können ihnen nicht viel sagen.«
»Umso besser, dann habt ihr es schnell
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