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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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zu dürfen, ganz so, als seien sie nicht selbst elende Sünder. Doch siehe, es steht geschrieben: »Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.«
    So also bete ich, wie Bruder Thomas von Aquin mich zu beten gelehrt hat: Erhabener Schöpfer, du Quelle des Lichtes und der Weisheit und überragender Ursprung allen Seins, schenke durch deinen Segen meinen Reden Anmut, meinem Erkennen Scharfsinn, meinem Lernen Weite und meinem Auslegen Leichtigkeit, auf dass ich mühelos die dir wohlgefälligen Worte finde. Du, der du wahrer Gott und Mensch bist und der du lebest und herrschest in alle Ewigkeit. Amen.

    »Ich mache mir Sorgen, Bruder Physikus«, sagte Bruder Paul, der Koch in unserem Konvent, der so dick war, dass sein Versuch, das speckige Gesicht in Kummerfalten zu legen, unweigerlich fehlschlagen musste. Bruder Paul roch immer gut nach dem Essen, das er so meisterhaft zuzubereiten verstand, ausgenommen an Freitagen, an denen er um des Leiden Christi willen nicht umhin kam, nach ekelhaftem Fisch zu stinken. Ich war erst vor ein paar Tagen aus Sevilla nach Köln, meine Geburtsstadt, zurückgekehrt, nachdem ich fast fünfzehn Jahre mit dem sarazenischen Gelehrten Averom, den ich, wie gesagt, ebenso liebevoll wie respektvoll meinen Meister Arab nannte, bis zu dessen Tod im Jahre des Herrn 1272 in aller Welt umhergezogen war und die Theologie ebenso wie die Medizin gelernt hatte. Im Kölner Kloster meines Ordens, den Dominikanern, war der altehrwürdige Bruder Physikus kürzlich verstorben und demgemäß konnte ich trotz meiner jungen Jahre seinen Platz einnehmen.
    »Große Sorgen«, bekräftigte Bruder Paul in seiner quiekenden Stimme. Da er nach wie vor nicht gesagt hatte, worum sich seine Sorgen drehten, schwieg ich und schaute ihn erwartungsvoll an. Bruder Paul hatte mich, als ich zur Terz auf dem Weg vom Spital zum Kreuzgang war, unweit der Küche abgefangen, aus der, wie es am heutige Tage nicht anders zu erwarten war, ein widerlicher Fischgeruch drang. Mir graute es schon vor dem Mahle.
    »Um Magister Albertus«, rückte Bruder Paul endlich mit der Sprache heraus. Magister Albertus war der älteste Bruder unseres Konvents, zählte über achtzig Jahre, ein bedeutender Wissenschaftler, vor dessen unsäglicher Geisteskraft mir Meister Arab die größte Hochachtung beigebracht hatte.
    »Was fehlt dem ehrwürdigen Magister?«, fragte ich ein wenig spöttisch, weil ich Bruder Paul nicht für den Mann hielt, der medizinische Zusammenhänge verstand.
    »Er wird heute wieder nichts essen, obgleich er schon dermaßen ausgezehrt ist, dass es mich dauert«, antwortete Bruder Paul, der einfältig genug war, meinen Spott nicht zu bemerken. Seine wasserblauen kleinen Schweinsäuglein füllten sich mit Tränen.
    »Bei Menschen in diesem hohen Alter ist Dürrheit leider nicht selten«, belehrte ich Bruder Paul hochmütig. »Aber nun sage mir, warum du die sichere Vorhersage treffen kannst, dass Magister Albertus heute wieder nichts essen wird?«
    »Es ist doch Freitag!«, jammerte Bruder Paul in hohem Tone und richtete seine Augen flehentlich nach oben.
    »Und Magister Albertus verweigert stets am Freitag, Speise zu sich zu nehmen?«, fragte ich verwundert.
    »Ja«, quiekte Bruder Paul und schaute mich wieder an. »Es ist wegen des Fisches. Wenn er auch sonst alles vergisst, unser lieber Magister, so behält er doch, wie sehr er den Fisch verabscheut. Ich kann mich anstrengen, wie ich will, die schmackhaftesten Zubereitungen bringen ihn nicht dazu, auch nur einen einzigen Bissen vom Fisch zu essen.«
    »Wohl verständlich«, sagte ich. »Vor vielen Jahren hat der berühmte Bruder Petrus Venerabilis bemerkt, Fisch sei zum … na ja … Kotzen …«
    »Das hat ein Bruder gesagt? Das ist gotteslästerlich!«, rief Bruder Paul mit der ganzen Empörung, derer er fähig war.
    »Nein, das ist wahr«, berichtigte ich. »Und durch die Wahrheit lässt sich Gott nicht lästern. Wenn du also Magister Albertus etwas Gutes tun möchtest …«
    »O ja, das möchte ich, bitte, bitte«, unterbrach Bruder Paul und klatschte freudig erregt, aber aufgrund seines Temperamentes doch ein wenig langsam mit seinen aufgeschwemmten Pranken, die er, der kurzen Arme wegen, kaum vor dem fetten Bauch übereinander brachte.
    »… dann nimm eine Rohrdrommel, die ihres Lebenswandels wegen als Fisch zu gelten hat, wie der Bruder Thomas von Aquin sagte, ein jüngst zum Herrn abberufener Magister aus Paris, der einst Schüler von Bruder Albertus war und bei

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