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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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aber betete ich eigensüchtig für mich und mein Kind. Da ich viel Angst hatte, flehte ich um ein Zeichen, Nacht für Nacht. Nun war ich verzweifelt, weil Gott stumm blieb. Ich warf ihm vor, kein Wort für seine treue Magd zu haben, die zwar Sünderin ist, jedoch sich bemüht, immer und immer bemüht. Während ich mich der Verzweiflung hingab, wuchs in mir ein Feuer, das die Verzweiflung vertrieb; und ich vernahm das Wort: »Fürchte dich nicht.« Sofort hörte ich auf, mich zu fürchten.
    Dergestalt also merkte ich, dass nicht Gott mir gegenüber geschwiegen hatte, sondern dass mein Klagen so laut gewesen war, dass ich sein Wort nicht hören konnte. Zu Gott kann jeder Mensch immer sprechen und nie schweigt Gott zu dem, was wir Gott fragen. Wir müssen aber innerlich stille werden, um ihn hören zu können. Wir müssen ihn zu Wort kommen lassen. Das fällt uns schwer. Danke, lieber Vater, dass du mir in dieser Nacht die Stille geschenkt hast, um dein heilendes Wort zu vernehmen.
    Ja, in der Natur ist das Ende, das Vergehen und der Tod das Ziel, bei Gott aber ist es der Anfang, die Schöpfung und das ewige Leben.

K A P I T E L I I

    »Den Guten wird Lohn und den Bösen Strafe zuteil.«

    Augustinus

    Zur Prim an dem Tag, der folgte, nachdem El Arab bei meiner hohen Herrin Quartier bezogen hatte, bewegte sich der langsame Gisbert ungewöhnlich schnell und berichtete von seinem grausigen Fund: Vor dem Haupttore stak, aufgespießt auf einem rostigen Schwert, ein abgetrennter, vom Blute triefender Kopf. Eine neugierige Menge an Lumpengesinde, Bubenvolk und Müßiggängern hatte sich trotz der klirrenden, alles durchdringenden Kälte des ach so garstigen Januars schon versammelt.
    Die Herrin eilte daraufhin, noch bevor ich ihr etwas Wärmendes überzustreifen vermochte, in ihrem feinen grünen Nachtgewand zum Tor. Auch El Arab wurde Bescheid gegeben. Ich erkannte an dem abgetrennten Kopf sofort die vertrauten Züge des Hufschmieds, einem engen Freunde meiner Brüder, und mir von klein auf bekannt . (und, Gott verzeihe mir diese Sünde, einstmals verhasst). Da wusste ich mich nicht mehr zu beherrschen, schlug die Hände vors Gesicht und begann zu schluchzen – nicht aus Trauer um den Toten, sondern wegen des schrecklichen Anblicks.
    Das gemeine Volk bildete einen Kreis um den Kopf. Zunächst hielten sie einen ehrfürchtigen Abstand; je mehr Leute sich aber hinzugesellten, umso enger wurde der Kreis. Man überlegte anhand des Grades, in welchem das Blut getrocknet war, wann wohl der feige Mörder hier sein Zeichen gesetzt habe. Die kecksten unter den Neugierigen begannen, Possen zu reißen. Einer sagte vernehmlich, man solle doch einmal herumfragen, wer in der Nacht seinen Kopf verloren habe – und lachte ungebührlich laut.
    Magdalena aber trat mutig näher und entdeckte eine Briefrolle, die sorgsam am gleichen Schwerte befestigt war wie der Kopf, dessen verdutzter Gesichtsausdruck mich nun fast schon wieder belustigte. Als der bereits fertig angekleidete El Arab mit einwandfreier Haltung in der Tür erschien, begann die Menge zu murren.
    »Der Fremde war es!«, rief einer, und andere fielen in den Ruf ein. »Schaut nach, ob er Blut an den Händen hat!«
    Unbemerkt war ein weiterer Mann zu der Menge gestoßen, ein Mönch, eine alte, vertrocknete Gestalt mit übergroßer buckliger Nase im grauen Gesichte, das die Last des Alters und der Gram zeigte. Wahllos drosch er mit seinem krummen, wurmstichigen Stab auf die Rücken einiger Neugieriger ein.
    »Ihr Narren!«, krächzte er wie ein alter Rabe. »Haltet Einkehr. Seht ihr denn nicht, dass dies eine Warnung des Herrn ist an die Sünder? Die Sünder werden den Zorn des Herrn über uns bringen. Der oberste Sünder aber ist der, der so vermessen ist, sich Erzbischof zu nennen. Dieser abgetrennte Kopf hier ist die Mahnung an ihn. Und an euch, auf dass ihr ihm nicht nachfolgt. Kehrt um und betet.« Dieser Mann war niemand anderes als Pater Bueno, ein franziskanischer Minorit.
    Als seine Unwürden, der Erzbischof, eintraf, machte ihm die Menge ehrerbietig Platz.
    »Schweig still, du Schwätzer!«, wies er im Vorbeigehen Pater Bueno an. Obwohl das keine sehr lustige Bemerkung war, lachten die Leute, und Pater Bueno schwieg. Der Erzbischof erhob seine Stimme und sagte:
    »Geht einem ehrenwerten Tagewerk nach, fromme Leute, wir bitten euch. Der Mörder ist uns bereits bekannt und wird seiner gerechten Strafe zugeführt.«
    Die Menge begann, sich aufzulösen, und El Arab wandte sich

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