Die Konkubine des Erzbischofs
Aussicht für den, der nicht Erbe sein konnte, dennoch die Macht der Familie zu mehren. Konrad jedoch fiel das Lernen schwer und auf der Klosterschule handelte er sich viele fürchterliche Schläge ein, deren tiefe Narben auf dem Rücken, dem Gesäße und den Beinen immer noch zu sehen waren, während die Narben in seiner zunächst wie bei allen anderen Menschenkindern zarten Seele durchaus noch tiefer gewesen sein mögen. . (Zu meinem Vorteile war es durchaus, weil, als ich selbst einst die Klosterschule besuchte, Konrad den Meistern das Schlagen strengstens untersagt hatte. Während sie behaupteten, dann würde kein Mensch, dessen Natur die Faulheit und Dummheit sei, überhaupt etwas lernen, erwies sich die Klosterschule unter der Hoheit von Konrad als besonders erfolgreich.)
Später studierte Konrad in Paris und machte sich, seines schwerfälligen Geistes wegen, vor den übrigen Studenten lächerlich. Umso gewitzter erwies er sich bei der Erlangung von kirchlichen Ämtern. Einmal trieb er sein Ränkespiel sogar derart weit, dass er 1237 gebannt wurde. Gleichwohl erreichte er es, sich im darauffolgenden Jahre zum Erzbischofe wählen zu lassen! Nachdem er Köln in die päpstliche Partei gegen den Kaiser Friedrich II. geführt hatte, sah es allerdings für eine gewisse Zeit so aus, als verlöre er alles, da er ab 1242 für etliche Jahre in die Gefangenschaft des Grafen von Jülich geriet. Nachdem er sich befreien konnte, schwor der Erzbischof, niemandem mehr zu trauen, ausgenommen sich selbst.
Alle seine Macht vermochte nicht, ihn darüber hinwegzutrösten, dass ihm die Ehe verschlossen bleiben und er nie einen Erben haben würde. Während einer schweren Krankheit eröffnete ihm sein Arzt, ein gewisser Johann von Wesel, das keusche Leben führe bei ihm dazu, dass sein Samen über die rechte Zeit im Körper verbliebe und sich in Gift verkehre. Daraufhin nahm er eine junge Waise aus der Klosterschule, Magdalena nämlich, meine hohe Herrin, zu sich als seine Konkubine und lebte gesund, allerdings weiterhin kinderlos. Warum er, wie die hohe Herrin mir sagte, kurz vor meiner Ankunft in ihrem Haushalte aufgehört hatte, sie zu erkennen, wusste ich nicht.
So aber nahm das Gespräch nun seinen Fortgang. Der Erzbischof erklärte der hohen Herrin:
»Jedenfalls hat dieser besagte Abaelardus verkündet, dass die Neugeborenen, die da sterben, bevor sie getauft worden sind, nicht weniger Gottes Gnade teilhaftig werden als diejenigen, die getauft werden. Was für eine überaus verabscheuungswürdige Ketzerei!«
»Ihr bezeichnet Herrn Averom als Ketzer«, warf Magdalena treuherzig ein. »Mir scheint er sehr fromm zu sein.«
»Fromm, ja, das mag schon sein. Es geht hier nicht um Frömmigkeit. Dann wäre auch ich ein Anhänger von diesem Abaelardus! Das Gemeinwohl und die Ordnung sind es, was hier im Spiel ist. Und da kommen mir nämlich der Herr Averom und seine Reden gegen die minderen Brüder gerade recht, um gegen solche Dreckschweine wie Pater Bueno vorgehen zu können.«
»Der harmlose alte Narr – ein gefährlicher Feind?« Der hohen Herrin gefiel es nämlich, den Erzbischof durch derartige Fragen zu reizen.
Der aber war nicht zu diesem Spiele aufgelegt. »Nicht wörtlich, übertragen. So alt und harmlos er ist, seine Predigten bedeuten Aufruhr und Gewalt.«
El Arab setzte erneut zum Disputieren an. »Der Herr gab uns mit der Vernunft von seinem Licht, damit wir zwischen richtig und falsch unterscheiden. Wer das Schwert statt der Worte einsetzt, der ist gottlos und handelt blasphemisch. Diese Erkenntnis ist der Schatz, den wir dem unglücklichen Bruder Abaelard verdanken.«
»Ist das der Schatz, den du verteidigst und der den Zorn des Mörders heraufbeschworen hat? Aber warum hat es ausgerechnet den Hufschmied getroffen? Der hat, soweit ich weiß, in seiner heiligen Einfalt bestimmt noch nie in seinem Leben etwas von deinem erwähnten Bruder im Geiste gehört.« Woher nur wusste meine Herrin, wer der Tote war, dessen abgetrenntes Haupt vor ihrem Hause aufgespießt stak? Bei dieser Frage hätte ich länger verweilen sollen!
Die Gespräche der drei dauerten an. Ich aber entschlüpfte unbemerkt, weil ich in Sorge um meiner Brüder Trauer war. Nachdem ich über den verschneiten Steynweg gegangen war und in den Vicus Pauperum einbog, um zu unserem Elternhause in der Gereonstraße zu gelangen, in welchem sie lebten und das Handwerk unseres Vaters fortführten, hörte ich merkwürdige Dinge.
Die gemeinen Leute aus den
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