Die Konkubine des Erzbischofs
ablöste: Sie schob ihn zunächst nach oben und hob ihn an, damit er von der Mündung der Gebärmutter abrückte. Auf diese Weise richtete sie ihn gerade aus. All dies tat sie ruhig und ohne Druck und bestrich meine Geschlechtsteile ständig mit Öl, so dass ich keinen Schaden nahm und mein Sohn wohlbehalten blieb.
Mit dem ersten Schrei des Neugeborenen verklärte sich das Antlitz der hohen Herrin, und sie sprach: »Ich sehe das Wort Fleisch werden. Das Wort aber sind die schützenden Hände. Die erste Hand legt sich sorgend um den Säugling. Die zweite Hand nährt ihn liebevoll. Die dritte Hand aber wird sein Licht, das nie blendet und doch den rechten Weg weist. Das Kind aber spricht die Worte, die rings um es zur Welt werden: zum Hause, das es schützt; zum Felde, das es nährt, und zum Gotte, der ihm den Weg zeigt.«
Kaum hatte sie geendet, nahm sie das Kind und schwebte mit ihm auf dem Arme. Sie schaute hoch und es sah so aus, als wolle sie mit meinem Sohne geradewegs in den Himmel entschwinden. Jedoch kehrte sie um und legte mir das Kind mild lächelnd auf die Brust.
Alle Anwesenden ergriff ein tiefes Empfinden. Denn wir spürten, dass diese wunderschöne Verknüpfung des neuen Bundes mit der Schöpfungsgeschichte von Gott selbst kam und die hohe Herrin ihm nur als sein Sprachrohr diente. Bezeugt worden ist die Echtheit dieser Version von Averom, von der Hebamme und von der Magd, die ich war.
Dass uns der Herr anlässlich der Geburt meines geliebten Sohnes eine Vision sandte, geschah als Ausgleich für die Schmach, dass ihn sein leiblicher Vater nie würde annehmen können. So war ich denn getröstet in meinem Wochenbett und zuversichtlich.
Als alle anderen ihren Geschäften des Tages nachgingen, war ich schließlich mit El Arab, nun wieder ganz der förmliche Herr, allein, und er wandte sich an mich:
»Was ist es für ein Geheimnis um den Vater deines prächtigen Sohnes? Es ist nichts gegen meinen Glauben, dass du nicht verheiratet bist; ich würde aber doch gern wissen, wer dich, die du ebenso anmutig wie lieb bist, so schändlich verrät. Das verletzt den Stolz meines Geschlechts.«
»Ich darf es niemandem offenbaren«, antwortete ich artig. »Das ist der Preis dafür, dass für mich und mein Kind gesorgt wird. Aber ich nehme an, die Schweigepflicht besteht nur den Kölnern gegenüber. Wenn Ihr also ein Mann von Ehre seid, der sein Wort halten kann, werde ich es Euch sagen, um mein Gewissen zu erleichtern.« Wie nötig hatte ich es in der Einsamkeit meiner Not, mich jemandem anzuvertrauen, dass ich es einem Fremden gegenüber tat, von dem ich nichts wusste und der mir noch nicht bewiesen hatte, meines Vertrauens würdig zu sein!
»Wenn es jemand von mir erfahren sollte, will ich, dass mich der Herr auf der Stelle mit dem Blitze erschlägt.« El Arab machte eine heftige Bewegung und verzog den Mund dergestalt, dass ihm der Schalk aus den Augen blickte und ich albern lachen musste.
Ich schaute ihn an und beschloss, ihm in dieser Sache zu trauen. »Es ist Konrad, der Abergläubische, den ich im Herzen nur seine Unwürden nenne ob der Schande, die er mir zugefügt hat und die nur durch die Barmherzigkeit der Herrin gemildert wird.«
»Du hast ja offensichtlich in diese Schande eingestimmt.« Wie um mein vorschnelles Vertrauen zu strafen, wich El Arab zurück und es war mir, als habe man mir unverdient einen Hinterhalt gelegt.
»Seid Ihr hier, Herr, um mich zu beleidigen?«, verteidigte ich mich empört.
El Arab zögerte einen Augenblick mit der Antwort auf meine heftige Frage, um meiner Hitze Gelegenheit zu geben, sich abzukühlen. In einer Stimme, die mich an Pater Gottfried von St. Gereon erinnerte, sagte er alsdann väterlich: »Nein, aber ich muss die Dinge geraderücken. Du scheinst selbstzufrieden zu sein.«
»Ich weiß, dass ich eine Sünderin bin.« Nein, ich hatte wirklich kein Recht, aufgebracht zu sein. »Die einzige Entschuldigung, die ich habe, ist meine Jugend, die mich unbedacht sein ließ.«
»Sei unbesorgt. Wenn der Herr sich um solche Kleinigkeiten kümmern würde, dann hätte er uns nicht den neuen Bund angeboten, sondern vom Antlitz der Erde getilgt wie Gewürm.«
»Ihr hegt sehr freimütige Ansichten, Herr.«
»Wenn ich nicht sicher wäre, dass ich vor Gott gerechtfertigt bin, würde ich mich mehr vorsehen.«
»Seht Euch vor, vor Euren Feinden. Ich bin besorgt, weil ich glaube, dass der Mord Euch gegolten hat. Aber ich kann mir nicht alles erklären.«
»Ich fürchte das
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