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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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die Gattin anzuhören, wogegen der Herzog heftig protestierte:
    »Wollt Ihr den Worten einer Ehebrecherin Glauben schenken?«
    »Es geziemt sich, Herzog, dass Ihr dem Richter die Führung der Verhandlung überlasst. Wir versichern Euch aber, dass wir Eure Frau nicht zum Gegenstand des Ehebruchs befragen werden.« Dann wandte er sich an sie:
    »Edle Frau Leutsinda, werdet Ihr diesem Manne, obwohl er bestreitet, mit Euch in der rechtmäßigen Form die Ehe zu vollziehen, den geschuldeten Dank abstatten, wenn wir es ihm verweigern, die Ehe aufzuheben?«
    »Ehrwürdiger Vater und Herr Erzbischof, ich bitte Euch, ersucht Herzog Chlodwig, dass er Euch die Verzeihung bekennt, die er mir in der Nacht auf mein Ersuchen hin durch seine Taten ausgedrückt hat und die er nun zu bestreiten scheint.«
    Der Erzbischof schaute auf den Herzog und entschied: »Herzog Chlodwig, da wir um Euer Seelenheil besorgt sind, möchten wir Euch helfen, Euren Hochmut zu überwinden, der Gott nicht gefällt, und auf den Weg des Verzeihens zurückzukehren. Darum verfügen wir, dass Ihr die hohe Leutsinda bei Euch behaltet, die Ihr, indem Ihr ihr den Bruch der Ehe vorwerft, schon als Eure Frau anerkennt. Denn eine Ehe, die nicht bestünde, könnte auch nicht gebrochen werden. Dieser Spruch des Richters stützt sich auf Papst Nikolaus, der im 9. Jahrhundert dem fränkischen Kaiser Lothar II. mit eben dieser Begründung die Annullierung versagt hat. Euch aber, Herzog Chlodwig, möchten wir sagen, dass Ihr den Ehebruch nicht so sehr Eurer Frau zur Schande anrechnet als vielmehr Euch selbst; eine Schande, die Ihr nicht tilgt vor Gott, wenn Ihr Euch gegen sie wendet, sondern indem Ihr ihr den Dank abstattet, den Ihr ihr schuldet.«
    Diese Entscheidung wurde mit großer Heiterkeit aufgenommen und von den hochgeborenen Eheleuten durch eine Umarmung bestätigt.
    Im zweiten Falle ging es um eine Erbschaftssache: ein Familienstreit, der unter den Bürgern schon länger für Gesprächsstoff gesorgt hatte. Die Mutter von Ingotrude, Witwe des Tuchmachers Gregor, hatte den Wunsch, dass ihre Tochter Äbtissin in einem Kloster werde, und befahl ihr darum, ihren Mann zu verlassen. Sie erreichte beim Bischof von Aachen eine Annullierung der Ehe; der Gatte aber verklagte den Aachener beim Erzbischof.
    Der Erzbischof verfügte, dass die Frau zu ihrem Manne zurückkehren müsse, und sie folgte dieser Verfügung gern. Daraufhin enterbte die Mutter sie. So stand nun die Klage der Tochter gegen ihre Mutter um das Erbe des Vaters an. Der Erzbischof gab zu, dass die Tochter ungehorsam wider die Mutter gehandelt habe, dies aber aus Treue zu ihrem Manne und zu Gott. Er erreichte, dass die Mutter schließlich zustimmte, der Tochter einen solchen Teil des Erbes zu überlassen, womit die Tochter sich zufriedengeben konnte.
    Verhandelt wurde auch die Sache des Bauern Michael aus Deutz gegen einen Wolf, der bei ihm und bei anderen Bauern gewildert hatte. Der große, rein weiße Wolf war seinen Verfolgern immer wieder entkommen und hatte einige Knechte der Bauern verletzt. Erst als Michael auf ein Zeichen des heiligen Franziskus hin gelobte, das Tier nicht zu töten, sondern nur gefangen zu nehmen und vor ein Gericht zu stellen, sollte es ihm gelingen, des Wolfes habhaft zu werden.
    Da der Wolf, wie gesagt, rein weiß war, dachte man, er stehe unter dem besonderen Schutze Magdalenas. Und sie war es nämlich, die ihn, weil er nicht für sich selbst sprechen konnte, verteidigen sollte. Also sagte sie:
    »Dieser weiße Wolf ist, wie wir alle, ein Geschöpf Gottes. Indem er seine Nahrung sucht, wo er kann, folgt er seiner Natur, die er offensichtlich von Gott hat. Nichts, was jemand von Gott hat, kann aber schlecht sein. Darum handelt dieser Wolf nicht böse, wenn er seiner Natur folgt.«
    »Aber«, wandte Konrad in seiner Rolle als Richter ein, »es ist dem Bauern ein offensichtliches Unrecht geschehen, indem ihm sein Eigentum genommen wurde, und dafür ist die blonde Bestie, die ja auch den Menschen anfällt, des Todes.«
    Die Verteidigerin widersprach: »Zur Bestie ist er geworden, weil er im Winter keine Nahrung findet, wo er lebt, so dass er zum Menschen gekommen ist. Wenn wir dem Tiere geben, wessen es bedarf, wird es lammfromm werden.«
    Wie um ihre Aussage zu bestätigen, wurde der in einem Käfig gefangene und vorgeführte weiße Wolf sehr ruhig, hörte auf zu wüten und zu heulen, nickte vielmehr verständig mit dem Kopfe. Von diesem Anblick gerührt, sagte der Richter:
    »So

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