Die Konkubine des Erzbischofs
überaus seltenes Werk des heiligen Franziskus feil bot, das ich gerne für unsere Klosterbibliothek erstanden hätte.«
Seine Unwürden beachtete ihn nicht weiter. Stattdessen wechselte er den Gegenstand. »Sodann wollen wir unter Eid den Wachmann Arnold dort fragen: Habt Ihr bei dem Angeklagten, der nun neben Euch steht, die Münzen gefunden, die er selbst dem Hufschmied als Rückzahlung seiner Schuld zuvor ausgehändigt hatte?«
»Ja, hoher Richter, dies ist die Wahrheit«, bestätigte Arnold, ein durch und durch hässlicher, von Geschwüren gezeichneter Mann, bei dem es mich wunderte, dass er das Wort »Wahrheit« in den Mund nehmen konnte.
»Ferner wollen wir Wachmann Goswin, ebenfalls nicht ohne seine Ehrenhaftigkeit vor dem Herrn zu bezeugen, fragen, ob er nicht unweit des Hahnentores einen Beutel mit einem geheimnisvollen Siegelring und einigen Büchern gefunden hat, die offensichtlich beim Hufschmied entwendet worden sind?«
»Ja, hoher Richter«, antwortete Goswin, eine nicht weniger unangenehme Gestalt mit fauligen Zähnen, »das habe ich. Wenn ich auch hinzufügen muss, dass ich nicht weiß, wer diesen Beutel dort hingelegt oder verloren hat.«
»Nun werden wir also erfahren, wie es sich zugetragen hat: Der Hufschmied hatte, wie ihr alle wisst, den Zimmermann, der sein Freund gewesen war, aufs heftigste beleidigt und ihm seine Ehre abgeschnitten, indem er ihn des Betruges bezichtigte. Man muss aber auch wissen, dass der Zimmermann viele Schulden hatte, die er sich durch seinen übermäßigen Umgang mit den Dirnen zuzog, was niemandem unbekannt ist. So trieb ihn nicht nur der Schmerz um die verlorene Ehre, sondern auch die Geldgier, den Hufschmied zu erschlagen, um wieder Herr des Geldes zu werden, das er hatte zurückzahlen müssen. Als er nun den fremden Siegelring fand, den der Hufschmied wie die Bücher als Hehlerware erhalten hatte, ersann er einen Plan, um derart weiteres Geld an sich zu raffen: Er schrieb diesen Brief, in welchem die Worte stehen: Zur Warnung an den, der seinen Schatz vor dem Hahnentore verteidigt. Er baute den abgeschlagenen Kopf zusammen mit dem Briefe vor dem Hause unserer Konkubine, der Edelfrau Magdalena, auf und hoffte, sie so zu erschrecken, dass sie ihm am Hahnentor weitere Schätze aushändigen würde. Diese Wegelagerei aber ist ein Verbrechen gegen den König, das nicht unter die Gerichtsbarkeit der Gilden fällt. Mögen die Gilden das, was zu richten übrig bleibt, richten, wenn wir mit dem Elenden fertig sind.«
Es war, als würde mir das Herz aus dem Leibe gerissen. Seine Unwürden hatte alle die Fragen, die mein Innerstes hatten hoffen lassen, dergestalt beantwortet, dass die Schuld Rignaldos zweifelsohne feststand! Und indem er sich öffentlich zu seiner Konkubine, meiner hohen Herrin, bekannte, gewann er die Liebe der Menge und erzwang meine Treue. Kein Ausweg zeigte sich mehr und ich wünschte, auf der Stelle tot umzufallen – eine Gnade, die der Herr mir jedoch verwehrte.
Der Erzbischof holte tief Luft und wandte sich dann an meinen Bruder: »Bedauernswerter Rignaldo, bekennst du nun deine Schuld, nicht um Gnade vor dem Gerichte der Menschen, wohl aber vor dem Gericht des Höchsten zu erlangen?«
Rignaldo aber schrie: »Nein, nein! Gott ist mein Zeuge, ich bin unschuldig an dem, was Ihr mir vorwerft! Ich gebe es zu, dass ich bei dem Leichnam war. Pater Bueno spricht nicht falsch. Auch gebe ich zu, dass ich das Geld an mich genommen habe – was nützt es einem Toten? Doch zu der Zeit, als ich zum Haus des Hufschmieds kam, mit bösen Absichten, das gebe ich zu, war sein Haupt bereits vom Rumpfe getrennt. Und obwohl ich weiß, dass es mich nicht retten wird, so will ich doch, dass alle die Wahrheit erfahren: Denn es war die Pfäffin Magdalena, die ich bei dem Toten fand. Sie allein kann die Mörderin sein. Und wenn man mich hinrichtet, dann nur aus Rache für das, was mein Bruder, der Hufschmied und ich dem ehrwürdigen Vater und Herrn Erzbischof zugefügt haben: Etwas, das ich nicht preisgebe, da mein Bruder noch lebt und ich hoffe, dass er, wenn ich schweige, vom Zorne des Erzbischofs verschont bleibt.«
Selbst Dietrich von der Mühlengasse, ein Schöffenbruder, dessen Feindschaft gegen den Erzbischof jedermann bekannt war, empörte sich über diese unkluge Rede meines armen Bruders, die ihm wohl von der Angst eingeflößt worden sei. Dietrich sprach also:
»Wir wollen unsere Zeit nicht mit dem Anhören von nichtswürdigen Ausflüchten vertun. Stopft dem
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