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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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zweifelte daran, dass Magister Albertus für diese Aufgabe geeignet sei. Der Erzbischof schien zwar nicht ganz so glücklich zu sein, aber er sah ein, dass er keine andere Wahl hatte, als diesem überaus bedachten Vorschlage seiner Konkubine zuzustimmen.
    Als sich Magdalena später anschickte, sich zurückzuziehen, und es klar war, dass ihr El Arab folgen würde, sah ich, wie unbemerkt von allen anderen eine Träne, eine einzige, über Konrads Wange lief. Dies rührte mich sehr, und ich war versucht, meinen Stand zu vergessen und zu ihm hinzugehen, um ihm Trost zu spenden. Das wiederum entging El Arabs Aufmerksamkeit nicht. Als er meine Seite passierte, berührte er mich kurz mit seiner Hand. Er flüsterte: »Er sei dein!« Dann verschwand er aus meinem Blickfeld.
    Würde ich El Arabs Hinweis folge leisten, gliche mein Schicksal dem der berühmten Heloise, der Schülerin, die von ihrem Lehrer Abaelard geliebt und geschwängert wurde. Ihn aber verschnitt ihr Onkel, obgleich Abaelard Heloise geheiratet hatte. Fortan führten sie ein keusches Leben in gegenseitiger Treue und Dienstbarkeit. Um wie viel tragischer aber war mein eigenes Schicksal! Mein geliebter Bruder hatte Konrad entmannt und war daraufhin – vermutlich – dessen Rache zum Opfer gefallen. Wem von beiden ich auch meine Zuneigung schenkte, so richtete sich mein Herz gegen mich selbst.
    Der Erzbischof war nun frei oder würde in Kürze frei werden. Dass er mir das Geld meines Bruders, das eigentlich dem Hufschmiede und seinen Erben gehörte, hatte überbringen lassen, war ein unzweifelhaftes Zeichen seiner Zuneigung. Konnte ich seine Heloise werden? Ich beschloss, dass ich ein solches Leben nicht führen wollte – um meinetwillen ebenso wenig wie um des Andenkens meines Bruders willen. Stumm widersprach ich El Arab … Dann aber beschäftigte mich ein anderer Gedanke: Da der langsame Gisbert in der Zeit des Versuchs, mich zu vergiften, noch im Hause von Magdalena geweilt hatte, könnte es doch sein, dass er etwas wusste, das mir bei der Entlarvung meines Mörders behilflich war. Ich musste nur noch herausfinden, wo ich ihn würde treffen können.

D R I T T E S B U C H :
D I E M Ä R T Y R E R I N

W I R M Ä R T Y R E R

    Es gefällt dem Herrn, diejenigen unter uns, die am stärksten sind, auch den höchsten Prüfungen zu unterwerfen. Ihr Leiden ist nicht größer als unseres, und ihr Verdienst ist nicht größer als unseres, denn ein jeder von uns trägt die Last, die er tragen kann, weil der Herr sie ihm gegeben hat.
    Dennoch haben die Märtyrer uns dies voraus, dass sie uns nämlich in ihrer Stärke vor Augen führen, was der Mensch zu leisten vermag, wenn er nicht durch Sünden sich selbst klein macht und seine Größe vernichtet. Demgemäß sind sie für uns das Vorbild, das uns Gott in seiner Gnade gibt, damit wir nicht an unserem Menschsein verzweifeln.
    Wir bitten also dich, den heiligen Vater in Rom, uns zu erlauben, dass wir dem Herrn, unserem Gotte, geloben dürfen:

    Dies geloben wir dir, unserem Gotte: »Keiner Autorität beugen wir uns, ohne ihre Meinung vorher mit der Vernunft zu überprüfen.«

K A P I T E L V I I

    »Unsere Freude, unser Frieden, das Ende aller unserer Beschwerden ist nur Gott.«

    Augustinus

    Dem Gedanken, nach dem langsamen Gisbert zu suchen, konnte ich jedoch nicht nachgehen, denn während der Erzbischof noch verloren und unschlüssig unter den letzten seiner Gäste stand, drang eine große Menge von mörderischen Gestalten in das Domizil Magdalenas ein. Wie wir später erfuhren, hatten die wilden Hünen, die als Wikinger verkleidet waren und deren Gesichter wir nicht zu erkennen vermochten, die Wachen überwältigt und niedergemetzelt.
    Den Erzbischof erblickte ich am Rande der Gesellschaft, die in der Auflösung begriffen war, aber die Eindringlinge konnten ihn nicht sofort ausmachen. Sie schrien und brüllten und stachen, als sie Konrad nicht erblicken, stattdessen zunächst einige andere Gäste nieder.
    »Konrad! Tod dem Konrad! Tod dem Tyrannen!«, ließ sich vernehmen.
    Ich schlug ein Kreuz und betete für Konrad. Sehen konnte ich den Erzbischof von meinem Platz aus nun nicht mehr, da Gäste und Angreifer wie aufgescheuchtes Wild durcheinanderliefen. Ich flehte Gott an, dass Konrad noch leben und dass der Herr uns einen Ausweg zeigen möge. Dergestalt gewahrte ich, wie viel mir Konrad bedeutete und wie sehr ich ihm, mir und unserem Sohn Johannes wünschte, er sei durch kein Zölibat gebunden, sondern ein

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