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Die Kornmuhme (German Edition)

Die Kornmuhme (German Edition)

Titel: Die Kornmuhme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H. Schreiber
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Zagels Turm gesehen,
es war ein Zwerg gewesen., ja, ein Zwerg und er war doch von Zagel in die
Flammen geworfen worden. Wie konnte er das überlebt haben, geschweige denn bis
hier her gekommen sein? Er fand keine Antwort, und es blieb ihm auch keine Zeit
darüber nachzudenken.
    Bald verließ er den Pfad, der aus
der Stadt herausführte, und rannte querfeldein, geradewegs die Hänge herunter,
und schlug die Richtung ein, die zu dem Weg führte, der sich den
gegenüberliegenden Berg hinaufschlängelte. Der Abstieg war so steil, dass er in
seinem Lauf oftmals ins Straucheln geriet, und so schnell wurde, dass er Mühe
hatte, seine Beine zu bremsen. Als er etwa eine Stunde so gerannt war, und endlich
die Talsohle erreicht hatte, machte er das erste Mal eine Rast. Er ließ sich
schweratmend ins Gras sinken und betrachtete keuchend das Bergmassiv, das sich
nun vor ihm erhob. Nicht weit von ihm schimmerte im Mondlicht der Pfad, der zum
Feld der Muhme hinaufführte.
     
     

46
     
    Unendlich lange hatte es gedauert,
bis Ida es geschafft hatte, die Klinke zu Maras Zimmer herunterzudrücken. Nicht
dass es ihr an Willen gefehlt hätte. Das Problem war eher die graue Wolle, die
Gryla um das Metall gewickelt hatte. Da Ida sich nur sehr langsam bewegen
konnte, blieb ihr nichts anderes übrig, als die unaussprechliche Pein aus
Verzweiflung und Trauer zu ertragen, die sie durchflutete, wenn sie die Wolle
berührte. Sie war so stark, dass sie fast in die Knie ging, und ihr Blick vor
Tränen verhangen war.
    Nicht nur ihr eigener Schmerz,
sondern der Schmerz aller Urmitzer, den Gryla über Jahrzehnte, vielleicht
Jahrhunderte lang aus dem Dorf herausgesogen hatte, konzentrierte sich in
diesen grauen Fasern. Als sie es nach einer schier übermenschlichen
Kraftanstrengung endlich schaffte, die Türe zu öffnen, lag Maras Raum vor ihr.
In der Mitte stand das Bett. Aus den Wänden kamen tausende Fäden der grauen
Wolle, die, Insektenfühlern gleich, waagerecht von allen Seiten aus den Wänden
heraus Maras Bett befingerten. Sie wurden von Maras Bett angezogen, als wäre
sie ein Magnet. Nichts sonst schützte Maras Körper, und doch erschien er Ida
unerreichbar.
    Die Fäden begannen sich in Idas
Richtung zu bewegen, umschlangen ihre Beine, strichen über ihren Kopf und
schlängelten sich um ihre Hände und Arme. Jede einzelne Faser löste eine neue
Welle grauenvoller Empfindungen in ihr aus. Jede Berührung war wie ein
Peitschenhieb auf ihrer Seele. Mit jedem Schritt nahm ihre Verzweiflung zu, und
das Messer in ihrer Hand, das sie erhoben hatte als sie auf den leblos
daliegenden Körper zuschritt, drehte sich in ihrer Hand plötzlich gegen sie
selbst. Unfassbarer Schmerz stieg in ihr auf, und sie hatte Mühe sich nicht den
Tod herbeizuwünschen. Sie schrie vor Verzweiflung, und jeder Schritt, den sie
durch das graue Fasergewirr näher an Gryla herantrat, marterte sie mehr.
    Sie drehte das Messer in ihrer
Hand wieder in Richtung Maras Körper, dann wieder gegen sich selbst. Ihre Sinne
verwirrten sich, und als sie zustach, wusste sie nicht, wen das Messer treffen
würde.
     
     

47
     
    Irrsul hockte triumphierend über
Sonnwin und drückte mit dem Fuß seine Kehle zusammen. Nicht, dass Sonnwin kein
würdiger Gegner gewesen war. Seine Kräfte waren für einen Zwergen
außergewöhnlich. Aber er hatte der Magischen nicht wirklich gefährlich werden
können. Am Ende des Kampfes hatte er immer mehr das Gefühl bekommen, dass
Irrsul mit ihm eigentlich nur noch spielte. Jeden Angriff parierte sie gekonnt
und bestrafte ihn danach mit einer machtvollen Gegenattacke.
    Nun schien ihr Spielzeug
langweilig geworden zu sein. Sonnwin konnte es in Irrsuls Augen sehen. Er
begann das Bewusstsein zu verlieren. Verzweifelt kämpfte er dagegen an. Nicht
nur Irrsuls Fuß schnürte seinen Atem ab und ließ das Blut in seinen Adern
stocken, auch ihre magische Kraft nutzte sie, um ihn zu quälen. Und noch etwas
anderes quälte ihn. Ein Stechen schoss immer wieder durch sein Kreuz. Die Kugel
mit dem ewigen Feuer, die sich in dem kleinen Rucksack auf seinem Rücken
befand, drückte sich von hinten schmerzhaft in seine Wirbelsäule, und
gleichzeitig verbrannten ihn dessen Flammen durch seine Kleidung hindurch. Er
glaubte fast, die Kugel bräche unter Irrsuls Gewicht.
    Mit einem letzten, kraftlosen
Aufschrei bäumte er sich auf, griff unter sich in die Tasche hinein, zog die
Kugel heraus und warf den lichterloh brennenden Ball direkt in Irrsuls Gesicht.
Diese jaulte auf,

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