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Die Kornmuhme (German Edition)

Die Kornmuhme (German Edition)

Titel: Die Kornmuhme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H. Schreiber
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und
Heiterkeit, die die ganze Stadt erfasst hatte. Viele Stunden liefen Aron und
Sonnwin so durch die Straßen und ließen sich treiben. Es war etwa eine Stunde
vor Mitternacht, als auf Aron ein braunhaariger Mann in einer dunklen Kutte
zugesprungen kam. Er hatte den Hinterkopf kreisrund geschoren, was Aron als das
Zeichen der christlichen Prediger wiedererkannte. Goar hatte es damals auch
gehabt. Der Mann fasste ihn harsch am Arm, zog ihn beiseite, deutete auf das
kleine Holzkreuz um Arons Hals, und begann atemlos auf ihn einzureden:
     >>Was machst du hier, du,
der du das Zeichen des Herrn um deinen Hals trägst! Was machst du ausgerechnet
heute, und ausgerechnet hier in dieser verfluchten Stadt? <<
    Aron war verdattert. Der Fremde
legte ihm den Arm um die Schulter und zog ihn hinter die nächste Hauswand.
Sonnwin stolperte erschreckt hinterher. Der Mann wirkte wie ein gehetztes Tier,
atmete schwer und blickte sich immer wieder ängstlich um.
    >>Ich bin hier, um die
wenigen unberührten Seelen aus Hoxberg herauszuholen, bevor um Mitternacht die
Hölle über dieser Stadt hereinbricht! Jedes Jahr kommen neue Zuschauer zum
Spektakulum der Sommersonnenwende, und jedes Mal werden es mehr, die diesem
Sündenpfuhl verfallen. Sie alle finden nie mehr heraus aus dieser Stadt!
<<
    Aron wollte etwas sagen, aber der
Mann redete einfach weiter.
    >> Sprich mit niemandem,
schaue niemanden an, und wäre ich nicht ein Mann Gottes, so würde ich dir
sagen: wenn jemand dich nötigt, bis Mitternacht zu bleiben, dann töte ihn!
<<
    >>Was ist um Mitternacht?
<<, unterbrach ihn Aron jetzt aufgeregt.
    >>Das weißt du nicht? Um
Mitternacht beginn Die Wilde Jagd - Die Wilde Jagd der Geister! Hier vom
Hoxberg steigen sie auf und reisen in einer Nacht um die ganze Welt. Man sieht
ihren schaurigen Zug am Nachhimmel vorüber ziehen, aber wehe du schaust nur ein
einziges Mal hin, mein Junge, dann bist du verloren! Dann reist in dieser Nacht
deine Seele mit ihnen, und wenn sie am frühen Morgen zu dir zurück kommt, dann
bist du ein anderer geworden, ein vergifteter Geist, ein Todgeweihter,
verdammt, in dieser Stadt zu bleiben, und jedes Jahr zur Sommersonnenwende aufs
Neue mit den Geistern über den Nachthimmel zu jagen. Und bei jedem Mal
verlierst du ein weiteres Stück deiner Seele. Geh, geh…!<<
    Mit diesen Worten zerrte ihn der
Prediger den Weg zurück über die Gassen, drängte ihn südlich in Richtung
Stadtrand zu gehen, schob ihn vorwärts ohne Arons Gegenwehr zu akzeptieren. Der
arme Sonnwin stolperte hinterher, hatte Mühe mitzuhalten, und die beiden im
Gewühl der Straßen nicht zu verlieren. Sie waren am Stadttor angekommen, und
vor Aron erstreckte sich ein Panorama, das ihn über die mondbeschienene
Hügelkette der gegenüber liegenden Wälder blicken ließ.
    Hoxberg lag so hoch! Das sah er
erst jetzt. Als Aron merkte, dass er Sonnwin nicht mehr im Blickfeld hatte,
wiedersetze er sich dem Griff des Predigers sofort und blieb stehen. Dieser
stutzte und schaute Aron nachdenklich an.
    >>Du bist nicht zufällig
hier, oder? <<, sagte er ruhiger, als er Arons entschlossenen Blick sah.
    >>Nein<<, sagte Aron.
>>Ich suche das Feld der Kornmuhme. Mir wurde gesagt, dass es gerade bei
Hoxberg läge. <<
    Um sie herum wurde es lauter.
Trommeln erhoben sich nun, und die Leute stimmten in Lieder über die
Sommersonnenwende ein.
    >>Die Muhme suchst du!
<<, rief der Prediger entsetzt und bekreuzigte sich mehrfach.
>>Gott bewahre, Junge! <<
    >>Ich bitte dich inständig,
frag nicht warum, halte mich nicht auf, sag mir nur, wo ich das Feld der Muhme
finde. Denn ich bin auf einer gottgefälligen Mission, und ich darf nicht
scheitern. <<
    Der Mann schaute ihn mit große
Augen an. Dann zeigte er auf einen der Stadt gegenüberliegenden Hügel in
östlicher Richtung. Aron erkannte im Mondschein nicht viel, doch er sah einen
Weg, den ihm der Mann bedeutete.
    >>Da hoch! <<, sagte
er knapp. Aron kniff die Augen zusammen. Im Mondlicht war ein kleiner Pfad zu
erkennen, der sich den gegenüberliegenden Hügel herauf schlängelte. Sonnwin
schaffte es nun endlich, die beiden einzuholen. Er lehnte keuchend an Arons
Bein, und als der Prediger verwundert hinunter schaute, weil er erwartete, in
das Gesicht eines Kindes zu blicken, da schaute ihn ein vor Erschöpfung
hechelnder, bärtiger Zwerg an. Mit einem erstickten Laut machte der Prediger
einen Sprung nach hinten, strauchelte, stolperte fast und suchte dann das
Weite.
     
     

43
     
    Nun war es nur noch eine

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