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Die Kornmuhme (German Edition)

Die Kornmuhme (German Edition)

Titel: Die Kornmuhme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H. Schreiber
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sie auf die Wiese hinaustraten - die Zeit bremste ab. Aron wurde
zunächst etwas übel, so als hätt er sich auf einem Karussell befunden, von dem
er nun abgesprungen war. Er setzte sich schwer atmend ins Gras und schloss für
einen Moment die Augen. Sonnwin schien die Umstellung nicht schwerzufallen.
Ganz im Gegenteil. Er stapfte auf die vor ihnen liegende Wiese hinaus, blickte
in den Himmel und überprüfte anhand der Karte in seinem Buch noch einmal, in
welche Richtung sie jetzt gehen mussten.
    Ein Keuchen ließ Aron erschreckt
aufspringen. Der verwahrloste Mann war schon ein gutes Stück auf allen Vieren
zu ihm herüber gekrochen, ohne dass er es bemerkt hatte. Er bewegte sich wie
ein verletztes Tier, und Aron lief so schnell er konnte auf die Wiese, und
hinter Sonnwin her. Als er den Zwerg erreichte, drehte dieser sich zu Aron um,
dann zu dessen Verfolger, der nach ein paar letzten Sätzen nun endgültig aufgab
und wie tot zusammenbrach. Sonnwin grinste als er die Angst in Arons Augen sah.
Der Menschenjunge war noch ängstlicher als er – war das denn die Möglichkeit?!
    Aron war nicht nur ängstlich. Er
war erschöpft und hungrig, was noch zu seiner inneren Unruhe beitrug. An seine
letzte Mahlzeit konnte sich sein Magen nicht mehr erinnern. Stattdessen fühlte
er ein großes, knurrendes Loch in seinem Bauch.
    >>Wir müssen jagen<<,
sagte er und überging Sonnwins feixenden Blick.
    >>Ja, das müssen wir! Lass
mich nur machen<<, sagte der Zwerg großspurig, und Aron sah erstaunt zu,
wie sich der kleine Mann die Ärmel hochkrempelte, mit weit ausladenden Gesten
die Hände in die Luft hob und sie dann auf die Erde legte. Er murmelte etwas in
einem merkwürdigen Zwergendialekt in den Boden hinein. Die fremdartig
klingenden Worte sprangen und hüpften nur so von seiner Zunge, und Aron spürte
eine erstaunliche Kraft in ihnen.
    Plötzlich raschelte es im
Unterholz der nicht weit entfernt liegenden Baumgruppe, und bald darauf sah
Aron wie zwei Hasen zu ihnen herüber gesprungen kamen. Sonnwin langte auf
seinem Rücken nach Pfeil und Bogen und erschoss beide Tiere mit surrenden
Pfeilen. Die Pfeile waren so klein, dass sie die Tiere nicht auf Anhieb
töteten. Er griff immer wieder in den Köcher und schoss vier oder fünf weitere
Pfeile in die Körper der Tiere hinein. Die Hasen überschlugen sich, zuckten,
hoppelten trotzdem noch auf Sonnwin zu und verreckten dann vor seinen Füßen, so
als würden sie sich vor dem Zwerg verneigen.
    Aron staunte nicht schlecht, und
Sonnwin, der vor Stolz nun direkt einen Kopf größer zu werden schien, schritt
wichtig um die toten Tiere herum, zückte sein Messer und begann sie
auszuweiden. Aron schaute ihm verblüfft zu. Zwerg müsste man sein, dachte er.
Dann würde man nie mehr Hunger leiden.
    Er ging zu den nahe stehenden
Bäumen herüber, aus deren Gebüsch die Hasen gekommen waren, und sammelte Reisig
und Äste für ein Feuer. Als er zurückkehrte, hatte Sonnwin die Nager schon von
ihrem Fell befreit und steckte die zerteilten Leiber auf zwei gespitzte
Buchenäste. Aron schichtete das Holz und entzündete das Feuer, während Sonnwin
Kräuter sammelte und das Fleisch damit einrieb. Nachdem sie gegessen hatten,
lagen sie ein wenig im Gras und ruhten sich aus. Die Sonne war schon etwas
höher geklettert und trocknete die taunassen Wiesen.
    >>Einer wird alles
verlieren<<, sagte Aron in die Stille hinein. Er wusste, dass auch
Sonnwin darüber nachdachte, obwohl seine gute Laune verriet, dass er sich nun
ziemlich sicher zu sein schien, dass er es nicht war, der scheitern würde.
    >>Du wirst alles verlieren!
Vor allem dein Leben <<, sagte dieser daraufhin mit spöttischem Tonfall.
     >>Du wirst in das Feld
hinein kriechen und dich zwischen tausenden gleich aussehenden Blumen verirren,
bis die Kornmutter kommt und dir den Garaus macht! <<
    Aron schwieg. Die Vorstellung, das
ganze Feld zu entzünden, machte ihm eine Heidenangst. Es reichte ihm schon,
sich alleine mit einem übermächtigen Wesen angelegt zu haben. Er wollte sich
-um Himmels Willen- nicht noch das ganze Geschlecht der Magischen zum Feind
machen!
    Auch Sonnwin schwieg nun. Er sann
nach und drehte und wendete in seinem Kopf noch einmal die Worte der Nornen.
Einer würde siegen, der Andere würde scheiterte. Nein, er war sicher: Aron
würde das Feld der Muhme niederbrennen, aber er würde dabei sterben, oder die
Hexen gegen sich bringen, und auf immer ein Verfolgter bleiben. Wie auch immer
- wenn Sonnwin im ganzen Reich

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