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Die Kraft der Stille. Neue Lehren des Don Juan

Die Kraft der Stille. Neue Lehren des Don Juan

Titel: Die Kraft der Stille. Neue Lehren des Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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Endlich übermannte mich die Wut, und ich schlug mit der Faust auf den Tisch.
    Don Juan, zappelnd von Kopf bis Fuß, erstickte beinah vor Lachen.
    »Tu das, was du gestern abend gemacht hast«, drängte er mich augenzwinkernd.
    »Bremse dich ab!«
    Meine Frustration machte mich sehr aggressiv. Sofort brachte ich ein paar sinnlose Argumente vor; dann merkte ich meinen Irrtum und entschuldigte mich für meinen Mangel an Beherrschung. »Entschuldige dich nicht«, sagte er. »Ich sollte dir sagen, daß ein Verständnis, wie du es suchst, zu diesem Zeitpunkt unmöglich ist. Die abstrakten Kerne der Zauberei-Geschichten werden dir jetzt noch nichts sagen. Später - ich meine, Jahre später - werden sie dir vollkommen verständlich sein.«
    Ich flehte, Don Juan möge mich nicht im Dunkeln tappen lassen und die abstrakten Kerne mit mir diskutieren. Mir war mitnichten klar, was ich nach seiner Meinung mit ihnen anfangen sollte. Ich beteuerte, daß mein gegenwärtiger Zustand gesteigerter Bewußtheit mir sehr helfen könne, seinen Ausführungen zu folgen und sie zu verstehen. Ich bat ihn, sich zu beeilen, denn ich könne nicht garantieren, wie lange dieser Zustand anhalten würde. Bald, sagte ich, würde ich in meinen normalen Zustand zurückkehren und dann ein größerer Idiot sein als jetzt im Augenblick. Ich hatte dies halb im Scherz gesagt. Sein Lachen verriet mir, daß er es so aufgefaßt hatte; doch ich war tief betroffen von meinen eigenen Worten. Eine ungeheure Melancholie überfiel mich.
    Don Juan faßte mich sachte am Arm, zog mich in einen bequemen Sessel und setzte sich mir gegenüber. Er blickte mir starr in die Augen, und einen Augenblick lang war ich unfähig, der Macht seines Blicks auszuweichen.
    »Zauberer pirschen sich dauernd selbst an«, sagte er in beschwichtigendem Ton, als wolle er mich durch den Klang seiner Stimme beruhigen. Ich wollte sagen, daß meine Nervosität vorbei sei, daß sie wahrscheinlich durch Schlaflosigkeit bedingt gewesen sei, aber er ließ mich nicht zu Wort kommen.
    Er beteuerte, er habe mich bereits alles gelehrt, was man über das Pirschen wissen könne; mir aber sei es noch immer nicht gelungen, mein Wissen aus der Tiefe jenes gesteigerten Bewußtseinszustands hervorzuholen, wo ich es gespeichert hätte. Ich sagte ihm, ich hätte das ärgerliche Gefühl, daß etwas in mir aufgestaut sei. Ich spürte, daß etwas in mir eingeschlossen war - etwas, das mich Türen knallen und auf Tische dreschen ließ, etwas, das mich frustrierte und reizbar machte.
    »Das Gefühl, aufgestaut zu sein, erlebt jeder Mensch«, sagte er. »Es erinnert uns an unsere bestehende Verbindung zur Absicht. Die Zauberer empfinden dies Gefühl noch stärker, eben weil es ihr Ziel ist, ihr Bindeglied zu sensibilisieren, bis sie es nach eigenem Willen einsetzen können.
    Wenn der Druck des Bindeglieds zu stark wird, verschaffen die Zauberer sich Erleichterung, indem sie sich selbst anpirschen.« »Ich glaube, ich begreife noch immer nicht, was du unter Pirschen verstehst«, sagte ich. »Aber auf einer gewissen Ebene, meine ich, weiß ich genau, was du sagen willst.«
    »Dann werde ich dir klären helfen, was du weißt«, sagte er. »Das Pirschen ist eine Methode, und zwar eine sehr einfache. Das Pirschen ist ein besonderes Verhalten, das gewissen Regeln gehorcht. Es ist ein geheimnisvolles, verstohlenes, irreführendes Verhalten und dazu bestimmt, einen Schock zu versetzen. Und wenn du dich selbst anpirschst, dann gibst du dir selbst einen Schock, indem du dein eigenes Verhalten auf rücksichtslose und listige Weise einsetzt.«
    Wenn das Bewußtsein eines Zauberers von der Wucht seiner Wahrnehmungen bedrückt werde, wie es nun mir widerfuhr, sei es das beste - oder vielleicht sogar einzige - Heilmittel, sagte er, die Vorstellung des Todes zu nutzen, um sich diesen Pirscher-Schock zu versetzen.
    »Die Vorstellung des Todes ist darum von unermeßlicher Bedeutung im Leben eines Zauberers«, fuhr Don Juan fort. »Ich habe dir unendlich viel über den Tod erzählt, um dich zu überzeugen, daß die Kenntnis von unserem drohenden und unvermeidlichen Ende uns Besonnenheit gibt. Unser kostspieligster Fehler als normale Menschen ist, daß wir uns einem Gefühl der Unsterblichkeit hingeben. Es ist, als könnten wir uns vor dem Tod schützen, indem wir nicht an ihn denken.«
    »Du mußt doch zugeben, Don Juan, daß das Nichtdenken an den Tod uns gewiß davor bewahrt, uns seinetwegen Sorgen zu machen.«
    »Ja, diesen Zweck

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