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Die Kreatur

Die Kreatur

Titel: Die Kreatur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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von Vickys Teller: Er war größer, und er war auch nicht rund, sondern rechteckig und mehrfach unterteilt. Arnie mochte es nicht, wenn verschiedene Lebensmittel miteinander in Berührung kamen.

    Orange und Grün auf demselben Teller war ihm ein Gräuel. Sein Fleisch und andere Nahrungsmittel schnitt er selbst klein, aber er bestand darauf, dass Tomatenscheiben für ihn in mundgerechte Bissen vorgeschnitten wurden.
    »Glitschig«, sagte er und zog eine angewiderte Grimasse, wenn man ihm ein Stück Tomate vorsetzte, das noch einmal durchgeschnitten werden musste. »Glitschig, glitschig.«
    Viele andere Autisten stellten weitaus mehr Regeln auf als Arnie. Da der Junge so wenig sprach, lernte Vicky ihn durch seine Ticks besser kennen als durch seine Worte, und sie neigte dazu, diese Ticks eher liebenswert als frustrierend zu finden.
    In ihrem Bemühen, Arnie bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu sozialisieren, bestand sie, soweit das eben möglich war, darauf, dass er seine Mahlzeiten gemeinsam mit ihr oder – wenn Carson zu Hause war – mit seiner Schwester einnahm. Manchmal sperrte er sich gegen Vickys Beharren, und dann musste sie ihm erlauben, allein in seinem Zimmer zu essen, neben seiner Burg aus Legosteinen.
    Als der Tisch gedeckt war, machte sie die Tür des Gefrierfachs auf, um eine Packung Reibekuchen herauszuholen – und stellte fest, dass die Packung Schokoladeneis mit Pfefferminz nicht ordentlich ins Eisfach zurückgestellt worden war. Der Deckel war halb offen, und in dem Behälter steckte noch ein Löffel.
    Etwas dergleichen hatte Arnie bisher nie getan. Im Allgemeinen wartete er ab, bis man ihm etwas Essbares vorsetzte; es kam selten vor, dass er sich selbst bediente. Er hatte einen gesunden Appetit, aber kein allzu großes Interesse daran, wann und was er aß.
    Bei den wenigen Gelegenheiten, wenn Arnie die Speisekammer oder den Kühlschrank plünderte, ließ er alles ordentlich zurück. Er verschüttete nichts und krümelte auch nicht.
    Die hohen Hygienemaßstäbe, die der Junge beim Essen anlegte,
grenzten an Besessenheit. Er hätte niemals etwas vom Teller eines anderen probiert, noch nicht einmal vom Teller seiner Schwester, und er hätte auch keine andere Gabel und keinen anderen Löffel als seinen eigenen in den Mund gesteckt.
    Vicky konnte sich nicht vorstellen, dass er das Eis direkt aus dem Behälter gelöffelt hatte. Und falls es ohne ihr Wissen doch schon vorgekommen sein sollte, dann hatte er bisher noch nie seinen Löffel darin stecken lassen.
    Sie neigte eher zu der Auffassung, dass Carson einem plötzlichen Heißhunger nachgegeben hatte, bevor sie überstürzt aus dem Haus geeilt war.
    Als Vicky sich die Packung genauer anschaute, stellte sie jedoch fest, dass das Eis an der Oberfläche noch weich war und dort, wo es angetaut war, glitzerte. Der Behälter musste eine ganze Weile draußen gewesen sein und war erst vor wenigen Minuten wieder ins Gefrierfach gestellt worden.
    Sie drückte den Deckel ordentlich fest, schloss die Tür des Gefrierfachs und trug den Löffel zum Spülbecken, um ihn dort vorzuspülen.
    Als sie den Löffel in die Spülmaschine gab, rief sie: »Arnie? Wo steckst du, Schätzchen?«
    Die Hintertür war zweimal abgeschlossen, also unverändert. Trotzdem war Vicky besorgt. Der Junge war noch nie von sich aus zur Tür hinausspaziert, aber bisher hatte er auch noch nie einen Löffel im Eis stecken lassen.
    Von der Küche führte ein kurzer Flur zum Wohnzimmer. Die Jalousien und die Vorhänge warfen Schatten. Vicky schaltete eine Lampe an.
    »Arnie? Bist du hier unten, Arnie?«
    Eine grandiose Eingangshalle hatte das Haus nicht zu bieten, nur eine Nische an einem Ende des Wohnzimmers, die als Eingang diente. Auch die Vordertür war nach wie vor zweimal abgeschlossen.

    Wenn Carson gerade an einem schwierigen Fall arbeitete und Arnie seine Schwester vermisste, konnte es vorkommen, dass er sich in ihrem Zimmer still auf den Sessel setzte, um sich zwischen ihren Sachen aufzuhalten.
    Aber da war er jetzt nicht.
    Vicky ging nach oben und war erleichtert, als sie ihn unversehrt in seinem Zimmer vorfand. Er reagierte nicht auf ihr Eintreten.
    »Schätzchen«, sagte sie, »du solltest so kurz vor dem Abendessen kein Eis naschen.«
    Arnie gab keine Antwort, sondern fügte einen Legostein in die Brustwehr der Burg ein, die er gerade umgestaltete.
    In Anbetracht der gewaltigen Einschränkungen, mit denen der Junge leben musste, widerstrebte es Vicky, ihn zu schelten. Daher

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