Die Kreatur
im Besitz gewisser menschlicher Züge war, an den Stahlwänden des Isolierraums hinauf, zeitweilig mit der Behutsamkeit eines Raubtieres, das sich an seine Beute anschleicht, aber zwischendurch auch wie eine verängstigte Küchenschabe, aufgeregt und scharrend vor Nervosität.
Victor hätte sich nicht vorstellen können, dass Pater Duchaine ihm eine Nachricht überbringen würde, die diese Bilder auf den Monitoren übertrumpfte, doch als der Geistliche ihm die Begegnung mit dem Tätowierten schilderte, schrumpfte die Krise mit Werner im Vergleich zu der wundersamen Auferstehung seines Ersterschaffenen zu nichts weiter als einem Problem am Rande.
Anfangs war er skeptisch und forderte von Duchaine eine exakte Schilderung des riesengroßen Mannes, der mit ihm in der Küche des Pfarrhauses Kaffee getrunken hatte. Insbesondere interessierte er sich für die zerstörte Gesichtshälfte. Was der Geistliche unter der kunstvollen Tätowierung gesehen hatte, waren Schäden, die ein gewöhnlicher Mensch in diesem Ausmaß niemals ausgehalten und schon gar nicht überlebt hätte. Außerdem entsprachen sie den Zerstörungen des Gesichts, das Victor heute noch vor sich sah, und sein Gedächtnis war außergewöhnlich gut.
Auch hätte Duchaines verbales Porträt der gesunden Hälfte desselben Gesichts das männliche Schönheitsideal, nach dem Victor in seiner Güte seinen Ersterschaffenen gestaltet hatte – auch wenn all das schon vor so langer Zeit und auf einem so fernen Kontinent geschehen war, dass es sogar ihm selbst manchmal wie ein Traum erschien –, nicht exakter beschreiben können.
Seine Güte war ihm mit Verrat vergolten worden. Und mit
der Ermordung Elizabeths, seiner Braut. Seine Elizabeth wäre niemals so formbar oder so wollüstig gewesen wie die Ehefrauen, die er sich in späteren Jahren selbst erschaffen hatte; trotzdem war ihre brutale Ermordung eine unverzeihliche Unverschämtheit gewesen. Jetzt war dieser undankbare Wicht also wieder angekrochen gekommen, von Größenwahn gepackt, und faselte dummes Zeug von wegen einer Bestimmung. Und war tatsächlich blöd genug, sich einzubilden, eine zweite Konfrontation mit ihm könnte er nicht nur überleben, sondern er würde sogar über ihn triumphieren.
»Ich dachte, er sei dort draußen auf dem Eis gestorben«, sagte Victor. »Auf dem Polareis. Ich dachte, er sei erfroren, bis in alle Ewigkeit zu Eis erstarrt.«
»Er wird in etwa eineinhalb Stunden ins Pfarrhaus zurückkehren. «
Victor sagte beifällig: »Das hast du geschickt eingefädelt, Patrick. In der letzten Zeit warst du nicht besonders gut bei mir angeschrieben, aber das lasse ich als eine gewisse Wiedergutmachung gelten.«
»In Wahrheit«, sagte der Geistliche, der nicht in der Lage war, seinem Schöpfer in die Augen zu sehen, »habe ich mit dem Gedanken gespielt, Sie zu verraten, aber schließlich konnte ich mich dann doch nicht mit ihm verbünden.«
»Natürlich konntest du das nicht. In deiner Bibel steht geschrieben, dass rebellische Engel sich gegen Gott erhoben haben und aus dem Himmel geworfen wurden. Aber ich habe gehorsamere Geschöpfe erschaffen als der Gott der Bibel.«
Auf den Monitoren krabbelte das Werner-Insekt an einer Wand hinauf und hielt sich an der Decke fest, von der es pendelnd herabhing.
»Sir«, sagte Duchaine nervös, »ich bin nicht nur hierher gekommen, um Ihnen diese Neuigkeiten mitzuteilen, sondern auch, um Sie zu bitten … Sie zu bitten, mir die Gnade zu erweisen, die Ihr Ersterschaffener mir zugesagt hat.«
Im ersten Moment wusste Victor nicht, wovon die Rede war. Als er es begriff, spürte er, wie er in Wut geriet. »Du willst, dass ich dir das Leben nehme?«
»Erlösen Sie mich«, bat Patrick leise und starrte die Monitore an, um den Augen seines Gebieters auszuweichen.
»Ich schenke dir das Leben, und wo bleibt deine Dankbarkeit? Bald wird die Welt uns gehören, die Natur wird unterworfen sein, und der Lauf der Dinge wird sich für alle Zeiten verändert haben. Ich habe dich an diesem grandiosen Abenteuer teilhaben lassen, aber du willst nichts damit zu tun haben. Bist du etwa so verblendet zu glauben, die Religion, die du unaufrichtig gepredigt hast, könnte doch ein Körnchen Wahrheit enthalten?«
Duchaine hielt seinen Blick immer noch auf das seltsame Bild Werners gerichtet. »Sir, mit wenigen Worten könnten Sie mich erlösen.«
»Es gibt keinen Gott, Patrick, und selbst wenn es Ihn gäbe, hätte Er für deinesgleichen keinen Platz im Paradies.«
In die
Weitere Kostenlose Bücher