Die Kreuzfahrerin
beschäftigt und beachteten die beiden Frauen weiterhin nicht. Ursula ging hinunter zum Ufer des Flusses. Vor ihr breitete sich eine kaum überschaubare Menge Baumstämme aus, die im Wasser schwammen. Sie sah vier Männer, die sich flink auf diesen schwimmenden Stämmen bewegten. Sie sprangen darüber, als wäre es fester Boden unter ihren Füßen. Ursula sah ihnen zu, wie sie die Stämme am Rande mit Seilen verbanden und so alles Holz in einen Rahmen einschlossen. Hinter all den Stämmen nahe beim Lager hatten die Flößer eine Anzahl Stämme eng zusammengebunden. Am hinteren Ende und weiter vorne war jeweils mit einigen Brettern eine Plattform erstellt worden. Auf einer dieser Plattformen lagen Steine, wie für eine Feuerstelle. Ursula wunderte sich. Jetzt erst merkte sie, dass sie sich bisher keine Gedanken darüber gemacht hatte, wie sie auf dem Fluss reisen würden. Sie hatte vermutet, die Flößer hätten Boote ähnlich wie Jakobs Kahn, nun wurde ihr aber klar, sie würden auf diesen zusammengebundenen Baumstämmen fahren. Ihr war angesichts des Wassers, das sie zwischen den Stämmen schimmern sah, nicht sehr wohl. Sie eilte zu Hilde, um ihr von ihrer Entdeckung zu erzählen. Hilde war allerdings kein bisschen erstaunt über das, was Ursula ihr berichtete. „Ursula“, sagte sie, „jetzt sag bloß, du wusstest nicht, was ein Floß ist?“
Ursula schüttelte verlegen den Kopf.
„Macht nichts, nun weißt du es, und du wirst es noch viel genauer kennenlernen“, sagte Hilde lachend. Dann schlug sie sich unvermittelt in ihr Gesicht. „Ah, diese Plagegeister“, jammerte sie, „ich bin schon ganz zerstochen.“
„Schneid eine Zwiebel auf und reib damit über die Stiche“, empfahl Ursula ihr. „Dann juckt es nicht mehr so arg. Mich haben auch schon einige Mücken erwischt.“
„Wie man das Jucken lindert, weiß ich auch“, erwiderte Hilde. „Aber wenn ich nur etwas wüsste, dass einen die Biester erst gar nicht stechen. He, Flussmann!“, rief sie einen der Männer an, der in der Nähe stand. „Was tut ihr, damit euch die Mücken nicht auffressen?“
Der Mann zuckte mit den Schultern. „Wenn es gar zu schlimm ist, reiben wir uns die Haut mit Schlamm oder Tonerde ein. Meistens machen wir nichts. Auch du wirst dich bald daran gewöhnt haben.“
„Das sind ja vielversprechende Aussichten“, maulte Hilde Ursula zu. „Nicht nur dürfen wir die nächste Zeit mit diesen Kerlen teilen, die ebenso ungehobelt sind wie das Holz, welches sie verkaufen, nein, wir dürfen auch die ständigen Sticheleien dieser Plagegeister ertragen.“ Sie holte sich aus dem Vorrat vom Wagen eine Zwiebel, schnitt sie entzwei und reichte Ursula eine Hälfte. Sie selbst rieb sich mit der anderen Hälfte bereits den Stich auf ihrer Wange ab. Angesichts der Miene, die sie dabei machte, musste Ursula schallend lachen. Hilde konnte sich dem nicht entziehen und lachte mit. „Jetzt wollen wir aber etwas tun“, forderte sie immer noch kichernd ihre Freundin auf. „Rumstehen, sich stechen lassen und anschließend sich mit Zwiebel abreiben wie ein Stück Braten ist mir zu dumm. Komm, wir bereiten etwas zu trinken und könnten auch einige Körner rösten, für den Brei.“ Ursula fand das eine gute Idee. Sie half Hilde, den Kessel und die Pfanne vom Karren zu holen. Hilde ging mit dem Kessel runter zum Fluss, Wasser holen, Ursula kramte aus ihren Sachen den Sack mit dem Getreide und das Beutelchen mit feinem Sand hervor. Auch das Sieb nahm sie gleich mit an die Feuerstelle. Sie schüttete den Sand in die Pfanne und fügte dann die Körner hinzu. Der Sand würde das Getreide vor der direkten Hitze des Pfannenbodens schützen, so bestand keine Gefahr, dass die Körner verbrannten. War das Getreide ausreichend geröstet, siebte Ursula den feinen Sand einfach ab. In der Nähe des Feuers, immer wieder vom Rauch umweht, merkte sie, waren die Mücken auch nicht so zudringlich. Hilde kam mit dem Kessel zurück und stellte ihn am Rande des Feuers in die Glut. Als sie sich abwenden wollte, riet Ursula ihr: „Hilde, bleib hier beim Feuer, die Mücken scheuen die Hitze und den Rauch.“
„Ja, und ich möchte nicht so werden wie die Fische da“, erwiderte Hilde und wies auf die garenden Fische. „Mir ist warm genug, und ich bin noch längst nicht soweit, um geräuchert zu werden.“ Sie grinste und ging Kräuter für den Sud holen.
Mit der einsetzenden Dämmerung kamen auch die übrigen Flößer zum Feuer. Bertram begrüßte die beiden
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