Die Kreuzfahrerin
Floß und Ufer. Unterstützt durch die Stangenstöße der Flößer löste sich der ganze Verband vom Ufer. Ursula war es seltsam zumute angesichts des sich langsam entfernenden Ufersaums. Sie waren fast in der Mitte des Stroms angelangt, da stellten Bertram und Lentz das Ruder fast quer zur Strömung. Langsam streckte sich der Verband, und Gilg, unterstützt von Peter, steuerte mit kräftigen Zügen zur Mitte. Jobst kam mit der Stange zurück, und als er Ursulas erstauntes Beobachten bemerkte, erklärte er ihr die Vorgehensweise: „Gilg kennt den Fluss, er bestimmt die Richtung und hält uns im Fahrwasser. Hier hinten steuern wir mit dem Ruder so dagegen, dass alles in einer Linie bleibt. Schwierig wird es nur an sehr engen Stellen und wenn der Fluss eine scharfe Biegung macht.“ Ursula nickte verstehend. Bevor Jobst weiter nach hinten ging, drehte er sich den Frauen noch einmal zu. „Ihr bleibt am besten die meiste Zeit bei eurem Zelt. Füße, die den ganzen Tag im Wasser stehen, werden schnell wund und bereiten großes Ungemach. Also bleibt auf dem Trocknen“, riet er ihnen. Hilde versorgte noch das Feuer, Ursula reinigte das Geschirr, und dann begaben sich beide auf ihre Plattform. Dort ordnete Hilde ihre Sachen, während Ursula ihnen ein Lager richtete. Die Sonne stand hoch am Himmel, und es wurde drückend warm unter den Planen. Ursula setzte sich ins Freie auf die Planken. Der Strom schob sie voran, es roch nach Wasser und feuchtem Holz. Ursula beobachtete die vorbeiziehende Landschaft. Viel war nicht zu sehen. Das Ufer war meistens bis hinunter ans Wasser mit Büschen und Strauchwerk bewachsen. Hin und wieder gab es auch Schilfgürtel. Menschen sah Ursula gar nicht. Lediglich ein paar Wasservögel flogen auf. Die Männer waren alle beschäftigt. Sie wechselten sich am Ruder ab. Hilde gesellte sich zu ihr. „Ich glaube“, scherzte sie, „das wird eine sehr unterhaltsame Reise. Ich weiß jetzt schon nicht mehr, womit ich meine Zeit totschlagen soll.“
Ursula hatte eine Idee. „Wir könnten die Zeit nutzen, um Fische zu fangen. Jakob hat mir gezeigt, wie es geht, und hat mir auch einige Schnüre mit Haken geschenkt.“ Ursula sprang auf und holte die auf kleine Bretter gewickelten Angeln aus ihrer Tasche. „Wir müssten nur etwas haben, was wir den Fischen anbieten können. Jakob hatte Würmer, oder er nahm kleine Fische. Er sagte, man könne auch kleine Brotstücke nehmen, die würden im Fluss aber schnell abfallen und seien nur in ruhigen Gewässern zu gebrauchen.“
Hilde lachte: „Das ist wirklich eine gute Idee, komm lass uns nach Würmern graben.“
Ursula machte im Scherz einen Schmollmund, und beide mussten lachen. „Warte“, Ursula hatte eine Idee, „ich frage die Flößer, ob sie noch Fische haben. Wenn es mit kleinen Fischen geht, muss es doch auch mit einem Stückchen Fischfleisch funktionieren.“
Sie sprang auf und eilte über die Stämme auf die hintere Plattform. Bertram war gerade abgelöst worden und stillte seinen Durst aus einem Wasserschlauch. Ursula erzählte ihm, dass sie und Hilde versuchen wollten, Fische zu fangen, und fragte, ob es noch Fisch gäbe, den sie als Köder benutzen könnten. Bertram nickte nur und gab ihr aus einem Eimer zwei kleinere Fische. „Hier, damit könnt ihr euer Glück versuchen. Aber ich glaube nicht, dass ihr was fangen werdet. Die Fische stehen meistens näher am Ufer.“ Ursula dankte ihm und eilte mit den Fischen zu Hilde. Triumphierend präsentierte sie die erhaltenen Fische und machte sich gleich daran, einen davon in längliche Streifen zu schneiden. Sie schob einen Streifen über den Haken, indem sie ihn zweimal mit der Spitze des Hakens durchstieß. So, wie Jakob es ihr gezeigt hatte, wickelte sie etwas Schnur ab und warf den bestückten Haken mit Schwung ins Wasser. Dann wickelte sie weiter Schnur von dem Brettchen, bis sie meinte, es sei genug. Hilde machte es ihr nach. Der Haken mit dem Köder verschwand im Wasser und wurde sofort unter das Floß gezogen. Ursula zupfte an der Schnur, wie es der alte Fischer ihr gezeigt hatte, aber es tat sich nichts. Vom Boot des Fischers aus war es einfacher gewesen. Das Boot hatte ruhig im Wasser gelegen, da es Jakob an einer langen Stange festgemacht hatte. Ursula überlegte, wie sie die Angel an die veränderten Bedingungen anpassen könnte. Sie müsste die Schnur weiter vom Floß weghalten, und vielleicht wäre es besser, wenn sie den Haken irgendwie beschweren könnte, damit er tiefer ins
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