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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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bei Regensburg,
8. Mai 1096
    Als die ersten Vögel sangen und nur ein heller Streifen am Horizont den herannahenden Tag ankündigte, wurden Ursula und Hilde von beginnender Unruhe im Lager geweckt. Jobst fachte das niedergebrannte Feuer an. Er legte viel Holz auf, damit die Flammen ihnen zusätzliches Licht gaben. Die anderen waren schon dabei, die Zelte abzubauen. Nach ein paar Schluck Wasser gingen auch die beiden Frauen ans Werk. Den Männern folgend rafften sie ihre Sachen zusammen und trugen sie gleich hinunter zum Flussufer. Nachdem sie ihr Zelt aufgerollt hatten, begannen sie damit, den Karren zu entladen und auch diese Sachen ans Ufer zu tragen. Schließlich war der Wagen leer, und Hilde zog ihn alleine runter zum Floß. Die Flussmänner hatten damit begonnen, ihre Habe auf das hintere Floß zu laden. Nur Peter, Gilg und Will transportierten ihre Sachen ganz nach vorne zu der Plattform auf den dort aneinandergebundenen Stämmen. Lentz und Bertram machten sich daran, auf der hinteren Plattform ihr Zelt wiederzuerrichten. Jobst kam zu Ursula und Hilde und half ihnen, die beiden Räder des Karrens abzunehmen. Dann hoben sie zu dritt den Kasten des Wagens an und schleppten ihn auf das Floß. Zum ersten mal betrat Ursula dieses Gefährt. Von Jakobs Kahn her wusste sie vom nachgebenden Schaukeln und erwartete Ähnliches, als sie den Fuß auf den ersten Baum stellte. Verwundert musste sie feststellen, dass ein Floß stabiler im Wasser lag. Jetzt wurde ihr auch klar, warum die Männer alle barfuß waren. Mit ihren Holzschuhen fand sie kaum Halt auf den feuchten Stämmen. Als sie den Wagen auf der kleineren Bretterbühne in der Mitte des Floßes abgestellt und vertäut hatten, riet Jobst ihnen, als erstes ihre ganze Habe in den Kasten zu bringen und dann über allem die Zeltplane aufzuspannen. Ursula ließ ihre Schuhe auf dem Floß zurück und balancierte barfuß zurück an Land. Mit jedem Gang wurden ihre Schritte sicherer. Auch Hilde hielt sich gut. Mit Hilfe von Lentz und Jobst errichteten sie ihr Zelt. Eine zweite Plane überspannte auch den Karren und dessen Inhalt.
    Die Sonne war gerade über den Baumwipfeln aufgegangen, da war das gesamte Lager bereits auf den Flößen verstaut. Bertram nahm mehrere an einem Ende brennende Scheite vom Feuer und brachte sie zu der Feuerstelle auf dem Floß. Eine Steinplatte schützte das Holz des Floßes vor der Glut. Er stellte ein Dreibein über das neue Feuer und hängte gleich einen Kessel mit Wasser daran. „Ursula!“, rief er. „Kannst du uns einen Sud wie gestern Abend bereiten? Und ihr könntet dann auch gleich einen Brei kochen. Wir wollen essen, bevor es auf den Fluss geht.“
    Hilde verdrehte die Augen. „Ja, Herr“, spöttelte sie leise zu Ursula. Doch sie packte ohne einen weiteren Kommentar ihren Kessel und das Säckchen mit den gerösteten Körnern. Ursula folgte ihr mit Kräutern und dem großen Holzlöffel zum Rühren. Beide machten sich gleich ans Werk, zerdrückten die Körner zwischen zwei Steinen und verrichteten alles so, wie sie es immer getan hatten. Es war auch kein Unterschied zu einer  gewohnten Feuerstelle. Einzig ein leises Zischen, am Rande der Steinplatte, wenn etwas Wasser zwischen den Baumstämmen hochschwappte, erinnerte die Frauen daran, dass sie auf dem Fluss waren.
    Die Männer setzten sich zusammen und berieten den Aufbruch. Dann gesellten sie sich zu den Frauen und setzten sich auf die beiden Stämme, die am Feuer quer über dem Floß vertäut waren. Jobst brachte Brot und junge Zwiebeln, dann machten sich die Männer gierig über das Essen her. Kaum hatte Bertram seine Schale geleert, stand er auf, und alle anderen, ob sie aufgegessen hatten oder nicht, folgten seinem Beispiel. Der alte Gilg, Peter und Will liefen behände, als wäre es ein befestigter Weg über die schwimmenden Baumstämme zum vorderen Floß. Als alle Seile vom Ufer gelöst waren, stellten Lentz und Bertram sich rechts und links eines dünnen Stammes auf, an dessen Ende ein großes Ruderblatt befestigt war. Sie hoben den Stamm in eine Vorrichtung am Ende des Floßes und begannen mit kräftigen Zügen das Ende des Floßes vom Ufer wegzudrücken. Jobst nahm eine lange Stange, und Ursula konnte sehen, dass auch Peter und Will mit solchen Stangen zurück auf die treibenden Stämme kehrten. Gilg stand ganz vorne an einem Ruder. Kaum hatten Bertram und Lentz es geschafft, das hintere Floß schräg in die Strömung zu stellen, zwängte sich das Wasser des Flusses zwischen

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