Die Kreuzfahrerin
Ursula, jetzt zeig ich dir, wie man Fische fängt“, forderte er die junge Frau auf. Sie stiegen hinüber zu der Plattform der Frauen, und mit neuen Ködern versehen zeigte ihr Peter, wie man den Haken weit hinaus schleudern konnte, um ihn dann langsam mit leichten Zupfern wieder einzuholen. Und wirklich, es dauerte gar nicht lange, da zappelte an seiner Schnur ein etwa handgroßer Fisch mit dunklen Streifen. „Vorsicht“, mahnte der junge Flößer, „wenn du so einen hast, achte auf deine Hände, dieser Fisch hat auf dem Rücken hier bei der Flosse einen Stachel.“ Er zeigte ihr die Rückenflosse des Barsches. Mit dem Griff seines Messers schlug er dem Fisch auf den Kopf, dann holte er den verschluckten Haken aus dem Fischmaul und nahm den Fisch gleich aus. Schon bald konnte Ursula ihre Schnur nicht viel schlechter als Peter auswerfen. Der Junge gab ihr den Rat, entlang der Baumstämme zu werfen, damit die Fische, die sich in deren Schatten verbargen, hervorgelockt würden. Und dann plötzlich fühlte Ursula einen Widerstand beim Zupfen. Sie holte die Schnur rasch ein und hatte auch einen Barsch gefangen, der sogar etwas größer war als der erste Fang Peters. So machte das Fischen Freude. Als sie fünf Fische beisammen hatten, brachten sie sie zu Hilde. Peter zeigte Ursula, wie man sie mit dem Rücken des Messers schuppte, schnitt dann das Fleisch von den Gräten und warf es direkt in den Topf über dem Feuer.
Hilde hatte noch einen zweiten Kessel ans Feuer gestellt. In ihm begann es gerade zu dampfen, und Ursula brauchte nicht erst aufgefordert zu werden, Kräuter für einen Sud zu holen. Davon hatten sie genug und würden unterwegs sicherlich immer wieder neue finden. Die Männer kamen einer nach dem anderen zur Feuerstelle und ließen sich auf den Baumstämmen nieder. Hilde schöpfte ihnen die gereichten Schalen voll, und gleich war das Schlürfen und Schmatzen der Fischer lauter als das Glucksen des Wassers um sie herum. Die Männer hatten einen guten Appetit, und obwohl es zu der Suppe Brot gab, aßen sie den Kessel leer. Es schien ihnen zu schmecken, auch wenn keiner von ihnen ein Wort über das Essen verlor. Als alle aufgegessen hatten, tranken sie noch den einen oder anderen Becher vom Kräutersud, doch nach und nach verschwanden sie in ihre Zelte. Jobst blieb als einziger zurück, er sollte als erster Wache halten. Hilde und Ursula kümmerten sich wieder um das Säubern der Schalen und Kessel und zogen sich anschließend auf ihr Lager zurück.
„Wenn bloß diese stechenden Biester nicht wären“, beschwerte sich Hilde und kratzte sich an beiden Unterschenkeln. „Deck dich gut zu, Ursula, sonst haben dich die Mücken bis zum Morgen aufgefressen.“
Obwohl sie eigentlich den ganzen Tag über nicht viel getan hatten, schliefen beide Frauen schon bald ein und wurden erst wach, da hatten die Flößer sie bereits wieder in der Mitte des Flusses auf Fahrt gebracht.
In den darauf folgenden Tagen veränderte sich das Ufer. Es wurde steiler, und manchmal ragten Felsen zu beiden Seiten senkrecht aus dem Wasser empor. Auf der Weiterfahrt kamen sie auch an einigen Siedlungen und an großen Städten vorbei, doch die Flößer hatten kein Interesse daran. „Dort gibt es nur Ärger“, war alles, was Bertram dazu sagte. Ursula und Hilde langweilten sich immer mehr. Die Tage wurden lang, und es wurde auch immer wärmer. Manchmal war es unter der Zeltplane kaum noch auszuhalten, aber vor dem Zelt im gleißenden Licht der Sonne, das von den Wellen des Flusses reflektiert wurde, war es noch schlimmer. Die Sonne hatte Hildes Haut im Gesicht und an den Armen verbrannt. Nach einigen Tagen pellte sich die gerötete Haut von ihren Armen und ihrer Nase. Sie rieb sich immer wieder mit einer ihrer Salben ein und achtete sehr darauf, nicht lange in der Sonne zu sein. Ursula war nicht weniger draußen gewesen, doch ihre Haut war einfach nur braun geworden. Nach zwei Wochen gingen die Vorräte der Flößer zu Ende, und sie mussten zwangsläufig irgendwo anhalten, wo Menschen waren, um sich mit frischem Gemüse und Getreide zu versorgen. Gilg wusste eine Stelle, an der sie fast immer hielten, um Essen einzuhandeln. Am nächsten Tag würden sie dort ankommen. Lentz erzählte Ursula, dass sie etwas oberhalb einer kleinen Siedlung festmachen würden. Zwei der Männer würden dann mit dem Kahn, den sie die ganze Zeit ungenutzt hinter dem Floß herschleppten, zu dem Dorf rudern, um dort die notwendigen Sachen zu kaufen. Sie
Weitere Kostenlose Bücher