Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
Vom Netzwerk:
durfte auf die Tiere im Wald Jagd machen. Über dem Vogt gab es Fürsten und Ritter, die wiederum gehorchten Herzögen und Bischöfen, darüber gab es nur noch den Kaiser, und der unterstand dem Papst, nach dem kam nur noch Gott. Wenn nun aber diese beiden, die direkt nach Gott kamen, miteinander im Streit lagen, so stellte sich Ursula das vor wie einen kräftigen Gewittersturm, und der war nie gut.
    „Wer ist dann nun unser Kaiser? Und wer ist der rechte Papst?“, fragte Ester. „Und worum streiten die hohen Herren?“
    „Nun“, der Mönch gefiel sich sichtlich in der Rolle des Wissenden, „Kaiser Heinrich wurde gebannt von Papst Gregor. Deswegen ließ er einen anderen Papst ernennen, der ihn zum Kaiser krönte. Papst Gregor indes ernannte Rudolf von Rheinfelden zum König über das Heilige Römische Reich. Heinrich zog gegen ihn in die Schlacht, und es heißt, im Kampf verlor Rudolf seine rechte Hand, also die, mit der er dem Papst Gehorsam gelobt hatte. Viele sahen darin ein Zeichen und folgten nun wieder Heinrich. Der war nach Rom gezogen, und nun zogen die in Italien herrschenden Normannen gegen ihn. Rom wurde wohl dabei zerstört. Ach, gute Frau, worum mag es den Herren gehen? Es ist wie mit den Kindern, eines will immer rechthaben, und so streiten die Herren darum, welches Recht sie haben und welche Macht. All das ist aber von dieser Welt und hilft der heiligen Kirche kein bisschen hier auf Erden, ein himmlisches Jerusalem zu errichten.“
    „Aber was hat das alles mit uns zu tun?“, wollte nun Bauer Matthes wissen.
    „In den Schriften sind Seuchen, Plagen, Himmelszeichen und die Entzweiung der Kirche die Boten des Endes. Um so mehr sollten wir gewarnt sein, wenn all diese Dinge zur selben Zeit geschehen. Wohl den Jungfrauen, die nicht schliefen und genug Öl für ihre Lampen hatten, um den Bräutigam willkommen zu heißen. Denn niemand kennt die Stunde, da der himmlische Bräutigam kommt.“
    Bauer Matthes merkte die Verzagtheit, die sich unter all seinen Schutzbefohlenen breitmachte. „Genug von alledem. Lasst uns nun alle essen, und dann wird uns dieser heilige Mann sicherlich noch viel Ergötzliches aus der Heiligen Schrift erzählen können und vielleicht auch noch ein paar Nachrichten über all unsere lieben Nachbarn.“
    Der Mönch hatte verstanden. Er nickte bedächtig. Beim Essen erzählte er dann, mit vollem Mund schmatzend, dass zwei Höfe weiter eine Sau 16 Junge geworfen hatte. „Das ist ein gutes Zeichen. Hier in dieser Gegend ist die Heuernte allgemein nicht schlecht gewesen, aber weiter im Westen gab es nur eine Mahd. Es war so heiß und trocken, die Bauern konnten nur einmal das Gras schneiden, dann wuchs nichts mehr nach, denn die jungen Triebe verdorrten, kaum dass sie sich entwickelt hatten.“ Die Hofgemeinschaft saß still kauend um den Tisch, ihre Augen hingen an der Gestalt des Mönchs, der es sich sichtlich schmecken ließ. Er redete, und dass ihm dabei kleine Stückchen aus dem Mund fielen, ein kleines Rinnsal Speichel und Fett von seinen Mundwinkeln in den Filz seines Bartes sickerte, störte ihn nicht im geringsten. „Ich sag euch, Gottes Wege sind unergründlich, so wie das Wetter. An einem Ort erzählte man mir von einem Bauern, der einen Acker hatte, auf dem einfach nichts wachsen wollte. Der arme Mann mühte sich redlich, aber die Erträge seines Landes waren mehr als kümmerlich. Dabei verwendete er sehr viel Kraft und Schweiß auf den Boden. Aber sein Pflug blieb immer wieder im Erdreich hängen, und es war eine schlimme Plackerei, den Acker zu bestellen. Schließlich hatte es der Bauer satt. Er zimmerte sich einen stärkeren Pflug und ließ diesen auch noch von einem Schmied mit Eisen beschlagen. Dann lieh er sich vom Nachbarn, der ihn so wie all die anderen bereits auslachte, einen Ochsen und schirrte ihn zusammen mit seinem eigenen vor den neuen Pflug. Mit der Kraft der Ochsen und der neuen harten Pflugscharre drang er viel tiefer als sonst in das Erdreich vor. Auch wenn das Gerät hängenblieb, machten die Ochsen nicht halt und zogen jedes Hindernis aus der Erde. Ja, und was glaubt ihr, kam dabei zutage? Zuerst dachte der Bauer, es wären Äste und Wurzeln, doch dann sah er direkt in die zwei Löcher eines Totenschädels. Er erschrak, bekreuzigte sich, arbeitete aber doch verbissen weiter. Der Pflug kehrte das Untere nach oben, und er erntete, noch bevor er gesät hatte. Knochen, Eisen, Teile von Schilden und Helme gab die Erde preis. Auf dem Acker des Bauern

Weitere Kostenlose Bücher