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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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gar nicht so schlimm gewesen, und sicherlich würde sie sich an die Geräusche des Waldes gewöhnen, auch wenn ihr nach wie vor ein festes Dach über dem Kopf und der Schutz von Wänden um sich herum bei weitem am liebsten gewesen wären.
    Sie war einen halben Tag unterwegs, als sie an die vom Mönch beschriebene Weggabelung gelangte. Einen Augenblick lang überlegte sie. Von wo kam sie? Wo lag das Dorf ihrer Eltern? Wenn sie links ginge, wohin würde der Weg sie bringen? Sie verwischte die Gedanken an die Vergangenheit. Nein, sie wollte jetzt ihren Weg finden, und Regensburg war ihr erstes Ziel. Sie hielt sich wie vom Mönch empfohlen rechts. Bis in den Nachmittag hinein ging sie zügig voran. Dann begann sie sich erneut nach einem Unterschlupf für die Nacht umzusehen. Sie hatte nicht soviel Glück wie am Vorabend. Aber unter den niedrigen Ästen einer Buche fand sie eine trockene Stelle, und mit dem breiten Stamm im Rücken fühlte sie sich sicher. Sie schlief nicht gut. Immer wieder wurde sie wach. Sie fror in dieser Nacht, und auch Angst und Verzagtheit machten ihr zu schaffen. Mit dem ersten Licht am Morgen machte sie sich wieder auf den Weg.
    Das Wetter wurde wieder schlechter, und sie gab sich Mühe, vor dem Einsetzen erneuten Regens so weit wie möglich zu kommen. Gegen Mittag stieß ihr Weg auf einen anderen Pfad, der wesentlich ebener und breiter war. Als sie schon eine ganze Weile auf dieser Straße gegangen war, fing es an zu regnen. Sie warf sich ihre Lederhaut über und stapfte missmutig vor sich hin. Da rief sie jemand an.
    „He da!“ Ursula erschrak zuerst und sah sich um. Mit gesenktem Kopf, auf den Weg vor sich stierend, hatte sie nicht auf ihre Umgebung geachtet. Jetzt, da sie in Richtung der Stimme aufsah, erkannte sie unweit des Weges ein Lager. Sie sah einen Wagen, daneben zwei Pferde und unter einer aufgespannten Plane eine kleine Gesellschaft an einem Feuer. Ein Mann war aufgestanden, winkte in ihre Richtung und rief erneut: „He da! Wer trottet da durch den Regen? Bist du ein Freund, so komm näher, wenn nicht, geh deiner Wege.“
    Ursula zögerte, die Ermahnung des Mönches noch im Ohr, aber die Möglichkeit, unter der Plane dieser Leute für eine Weile im Trockenen an einem Feuer zu sitzen, ließ sie alle Dünkel verwerfen. Sie verließ den Pfad und ging auf den Mann zu.
    „Hallo, es ist ein Mensch“, begrüßte er sie freundlich. „Zuerst meinte ich, da wäre ein verlorengegangenes Rind unterwegs“, lachte er weiter und deutete dabei auf Ursulas Lederüberwurf. „Dann entsann ich mich, dass Kühe meistens nicht auf zwei Beinen unterwegs sind und sich eines Stocks bedienen. Ich bin Lothar, der Händler, und wer bist du?“
    Rede und Gesicht des Mannes waren Ursula zu freundlich, als dass sie dahinter einen schlechten Menschen vermutete. „Hallo, ich bin Ursula“, antwortete sie schlicht.
    „Komm, Ursula, gesell dich zu uns an das Feuer und lass den Regen fallen, ohne selbst nass zu werden. Hier sitzen noch mein Bruder Karl, meine Frau Ruth, und was sie da im Arm hält, ist mein Erbe Johannes.“
    Die Leute nickten Ursula freundlich zu, und der, den Lothar Karl genannt hatte, rückte ein Stück zur Seite, um Ursula Platz auf dem Baumstamm, auf dem er selber saß, zu machen.
    „Danke für die Gastfreundschaft“, nahm Ursula das Gespräch wieder auf. „Gerne wärme ich mich etwas an eurem Feuer. Woher kommt ihr?“
    „Wir kommen weit von Westen, aus dem Frankenland“, antwortete ihr die Frau. In die Worte, die Ursula wohl verstand, floss eine ihr unbekannte Melodie und seltsame Betonung. Es hörte sich ungewohnt an, machte die Worte der Frau aber auch irgendwie freundlich. „Und du?“
    Ursula wusste nicht sofort eine Antwort und fragte sich selber: „Woher komme ich eigentlich?“ Dann antwortete sie: „Ich bin aus der Gegend und möchte nach Regensburg.“ Sie wurde gewahr, dass sie sich selber noch gar keine Gedanken gemacht hatte, wie sie ihre Reise anderen gegenüber begründen wollte und welche Auskünfte sie geben könnte über ihr Ziel und ihre Pläne.
    „Regensburg“, schaltete sich Karl ein. „Dahin sind wir selbst unterwegs. Aber bei diesem Wetter kann die Stadt ruhig noch ein bisschen auf uns warten. Was willst du in der Stadt? Wir treffen selten junge Frauen, die alleine auf der Straße gehen auf unseren Reisen.“
    „Was fällt euch ein“, dröhnte Lothar lachend. „Jetzt lasst die Maid doch erst einmal zur Ruhe kommen und sich setzen, bevor ihr sie mit

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