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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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namens Clermont einberufen will. Da wollen wir rechtzeitig dort sein, denn so etwas zieht viele Leute von überall her an, und da lassen sich gute Geschäfte machen. Ja, und einen Papst sieht man auch nicht alle Tage.“
    „Hör nicht auf ihn“, ergriff nun Karl das Wort. „Wer weiß, was uns auf unserem Weg alles begegnet. Vielleicht sind wir noch vor dem Winter in Clermont oder vielleicht eben nicht.“
    Ursula überlegte. Sie wollte durch ihre Fragen nicht unhöflich oder zu neugierig erscheinen. „Wie meinst du das?“, fragte sie dennoch. „Was kann euch begegnen?“
    Lothar antwortete, bevor sein Bruder noch Luft geholt hatte: „Man weiß es nie genau. Überall in allen Landen gefallen sich Ritter und Herren darin, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen und Kriege zu führen. Da gerät man besser nicht hinein. Außerdem sind die Zeiten schlecht. Im Westen hungern viele Leute, und ein Haufen Gesindel ist auf den Straßen und neidet einem nicht nur Hab und Gut, sondern jeden einzelnen Bissen. Manchmal jagt man uns auch davon, weil die Leute Angst haben, wir brächten Krankheiten mit, von denen sie gehört haben. Aber von Kranken und von Orten, wo eine Seuche ihr grausames Werk verrichtet, halten wir uns fern.“
    „Aber wie könnt ihr wissen, was vor euch liegt?“, wollte Ursula wissen.
    „Nun, wir sind doch nicht die Einzigen, die auf den Straßen unterwegs sind“, antwortete nun wieder Karl. „Es gibt Leute wie wir, die Handel treiben, dann gibt es Wandermönche und Abenteurer, Reiter, die auf der Suche nach Anstellung bei einem neuen Herrn sind. Wenn man sich trifft, redet man miteinander und tauscht aus, was man von der Richtung, aus der man kommt, weiß. So erfährt man alles, was wichtig ist, und ganz besonders, wo man nicht hingehen soll.“
    „Habt ihr keine Angst?“
    „Nein“, knurrte Karl. „Wir können uns wehren, solange es nicht zu viele sind. Aber in letzter Zeit trafen wir viel mehr arme Gestalten, die bettelnd durch die Lande ziehen, die ihre Äcker verlassen haben, weil sie dort verhungert wären. Es scheinen immer mehr zu werden.“
    „Deswegen bin ich auch gegen Clermont“, schaltete sich Ruth nun ein. „Der Papst und all die Bischöfe ziehen viel Volk an. All diese Armen und alle Taugenichtse werden, wenn sie davon hören, auch dorthin eilen. Sei es um des Heiles willen, den ein Papstsegen haben mag, oder um der fetten Almosen willen, die bei so vielen Kirchenmännern und Herren abfallen können. Ich weiß nicht, ob es gut ist, ihnen gleichzutun.“
    „Ja, bist du gescheit?“ Lothar belustigte sich. „Wo viele Menschen zusammenkommen, gibt es von allem nicht genug, und wir können egal was für wenigstens den doppelten Preis verkaufen. Wir wären schön dumm, wenn wir uns vor dem Winter einen solchen Verdienst durch die Lappen gehen lassen würden.“
    „Ja, ja, ist schon recht“, maulte Ruth. „Aber nun lass uns schlafen gehen, bevor du uns das alles noch auf Heller und Pfennig vorrechnest. Ursula, leg dich dort drüben hin, da bist du noch nah genug am Feuer, dass es dich wärmt.“
    Ruth war aufgestanden und ging zum Wagen. Lothar folgte ihr. Karl grinste. Er blieb beim Feuer sitzen. Ursula nahm ihre Tasche und die Haut auf und breitete sie auf den ihr zugewiesenen Platz, auf dem schon einiges Laub und Stroh lag, aus. Dann wickelte sie sich in ihre Decke, bettete ihren Kopf auf ihre Tasche und schaute in das Feuer. Sie fühlte sich bei diesen Leuten gut aufgehoben und wusste, dass sie in dieser Nacht besser schlafen würde. Karl streckte sich gleich dort, wo er gesessen hatte, aus, und schon bald konnte Ursula ihn schnarchen hören. Auch ihre Augen wurden schwer. Satt und zufrieden ließ sie sich in den Schlaf hineingleiten, wissend, weder Regen noch irgendein Tier würden sie in dieser Nacht stören.

Auf dem Weg nach Regensburg,
7. September 1095
    Das Quäken des kleinen Johannes riss Ursula aus dem Schlaf. Sie hatte wirklich die ganze Nacht durchgeschlafen und schaute nun etwas verwirrt auf das Treiben um sie herum. Ruth gab ihrem Kind die Brust, Karl rührte in einem Kessel und Lothar hatte damit begonnen, das eine oder andere wieder im Wagen zu verstauen.
    Ursula setzte sich auf. Dabei merkte sie, dass ihr wieder leicht schwindlig war, und dieses Gefühl machte ihren Magen rebellisch. Sie versuchte, tief und ruhig zu atmen. Das Gefühl ebbte langsam ab, und so traute sie sich aufzustehen, um sich zu erleichtern. Sie nickte Karl und Ruth ohne ein Wort zu und

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