Die Kreuzweg-Legende
die Tiefe rollte und irgendwo zwischen den Baumstämmen hängenblieb.
Der Stein hatte Suko nicht getroffen, dafür prallte die lebende Leiche gegen ihn.
Sie wuchtete auf Sukos Rücken, wollte sich an ihm festklammern, rutschte aber ab und glitt ebenfalls in die Tiefe. Nur der Inspektor hatte sich halten können. Er schaute zurück. Der Körper der Untoten überschlug sich einige Male. Die Arme wirbelten, hämmerten auf den Boden, Hände versuchten, irgendwo halt zu finden, rutschten aber an dem glatten Gras ab.
Fast dort, wo der Stein zwischen die Bäume geprallt war, kam der Körper zur Ruhe.
Suko hatte keine Lust, die Verfolgung aufzunehmen. Wie er aus Erfahrung wußte, würde die Untote versuchen, ihn zu erreichen. Und dazu mußte sie den Hang hoch.
Der Inspektor hatte Zeit. Er zog sich zurück und blieb dort stehen, wo der Hang begann. Sie kam.
Auf allen vieren kroch sie in die Höhe. Hin und wieder rutschte sie ab, doch sie schaffte es, das verlorene Terrain immer wieder wettzumachen. Mit ihren spitzen Fingern hackte sie in den weichen Boden, um genügend Halt zu bekommen. Ihr Kopf pendelte. Suko sah das rostrote Haar, in dem der Dreck klebte und sich auch zahlreiches Ungeziefer angesammelt hatte.
Obwohl es dem Chinesen darum ging, Kasimir zu finden, mußte er sich die Zeit nehmen und den Zombie erledigen. Hätte er seine Beretta gehabt, wäre mit einem Schuß alles vorbei gewesen. Er wartete ungeduldig. Der lebende Tote unternahm auch nicht den Versuch, einen anderen Weg zu gehen. Er wollte den direkten und lief dabei in sein Verderben.
Als der weibliche Zombie nahe genug herangekommen war, drosch Suko mit der Peitsche zu.
Die dreigefährlichen Riemen blieben dicht nebeneinander, und sie zogen einen breiten Strich über Kopf, Schulter und Rücken der lebenden Leiche. Noch einmal zuckte sie hoch, hatte auch den Arm ausgestreckt. Nicht einmal ihre langen schwarzen Drecknägel erreichten die Schuhspitzen des Chinesen. Dann rutschte der Körper langsam den Hang hinunter. Schon halb zerstört und stinkenden Qualm abgebend. Er würde sich aufgelöst haben, wenn er die ersten Bäume erreicht hatte. Für Suko kam es darauf an, seinen Begleiter zu finden. Er machte sich Sorgen, denn wo sich zwei Zombies versteckt gehalten hatten, konnten auch zehn oder fünfzehn sich verbergen. Diese Burgruine war das ideale Zombienest.
Keine glorreichen Aussichten. Vor allen Dingen nicht für einen Menschen wie Kasimir, der zum erstenmal mit diesen widerlichen Monstren in Berührung gekommen war.
Ohne Pause orientierte sich der Inspektor in die Richtung, die auch Kasimir genommen hatte. Der Schuß war Warnung genug gewesen. Den Namen des Polen rief er nicht. So rasch wie möglich hastete er durch die Nebelschwaden und vergaß auch nie, die Umgebung im Auge zu behalten. Wie leicht konnte eine der schaurigen Gestalten aus dem graublauen Gespinst erscheinen.
Kasimir Wojtek war gestolpert und in die Tiefe gefallen. Suko sah die Falle rechtzeitig genug. Am Rand blieb er stehen.
Auch durch das unter der normalen Bodenhöhe liegende Areal trieben Nebelfetzen. Allerdings nicht so dicht, als daß sie die schreckliche Szene hätten verbergen können, die sich Sukos Augen bot. Wenn er geradewegs nach unten schaute, sah er einen Zombie liegen, der von einer Kugel endgültig ausgelöscht worden war. Sie hatte ihn in den Kopf getroffen.
Ein paar Meter weiter lagen zwei andere Personen.
Noch ein weiblicher Zombie. Auf der Seite lag er, Suko sah sogar das blasse, grünlich schimmernde Gesicht, das mit zahlreichen Wundlöchern übersät war.
Unter dieser schaurigen Gestalt hatte Kasimir Wojtek seinen Platz gefunden.
Er lag reglos!
»Nein!« flüsterte Suko, machte sich gleichzeitig Vorwürfe, daß er Wojtek hatte allein gehen lassen und sprang nach unten.
Er kam gut auf, überbrückte sehr rasch die Entfernung zu seinem Ziel und ging neben Kasimir in die Knie. Da sah er das Blut. Es tropfte vom Gesicht des Polen und hatte dem Gras bereits eine rötliche Färbung gegeben. Kasimir lebte nicht mehr. Dennoch wollte es Suko genau wissen. Er packte den Körper des weiblichen Zombies und rollte ihn zur Seite, so daß er den Polen besser untersuchen konnte.
Jemand hatte ihm die Kehle aufgeschnitten. Die Beretta hielt Kasimir noch in der Hand. Seine Augen waren starr, ohne Leben, und trotzdem lebte er, denn Suko sah das Zucken seiner rechten Hand. Blitzschnell war der Chinese wieder auf den Beinen. Das Blut wich aus seinem Gesicht, denn das,
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