Die Kreuzweg-Legende
sich in ihrem Dorf ereignet hatte. Sie waren aus den Häusern gekommen und durch die schmalen Straßen geschlichen.
Jetzt standen sie vor dem Haus.
Dabei glichen sie Gespenstern, die sich nicht rührten. Kein Wort drang über ihre Lippen. Sie standen da und schauten mich starr an. Ich stoppte, wollte sie um Hilfe bitten, bis mir einfiel, daß sie mich-nicht verstehen würden.
Da rannte ich allein los.
Fast wäre ich noch über das Rad gestolpert. Es lehnte in dem kleinen Garten an einem Obstbaum. Ich schaute nach, ob Luft in den Reifen war und nickte zufrieden.
Man konnte diesen Drahtesel mit gutem Gewissen als museumsreif bezeichnen. Eine Gangschaltung sah ich nicht, auch keine Klingel, und ich entdeckte keine blanke Stelle, aber überall Rost. Aber das Ding fuhr, wenn auch die verrostete Kette durchhing. Auf die Dauer gesehen, würde ich schneller vorankommen.
Ich schob das Fahrrad aus dem Garten vor das Haus und stieg erst dort in den Sattel. Von St. Immel verabschiedete ich mich nicht, der Reiter und das Mädchen waren wichtiger.
Stumm verfolgten mich die Blicke der Dorfbewohner, bis ich verschwunden war.
Ich sah auch nicht, daß so mancher ein Kreuzzeichen schlug. Ich wollte nur den unheimlichen Reiter.
Auf einem Fahrrad hatte ich auch noch keine Dämonen gejagt. Wäre die Lage nicht so ernst gewesen, ich hätte sogar darüber lachen können. So aber strammpelte ich mich ab und hoffte, daß noch nicht alles verloren war…
***
Sukos ungutes Gefühl war nicht gewichen!
Es hatte sich noch verstärkt, denn nach wie vor gefiel ihm diese Gegend überhaubt nicht.
Das war ein idealer Platz mit zahlreichen Stolperfallen, wie geschaffen für einen dämonischen Hinterhalt. Er glaubte fest daran, daß Kasimir Wojtek die Aufgabe einfach zu leicht angegangen war. Er hatte ihn verschwinden sehen und war erst dann seinen eigenen Weg gegangen.
Die Dämonenpeitsche zog Suko hervor, schlug einmal einen Kreis über den Boden, so daß die drei Riemen herausrutschen konnten. In der Waffe behielt der Inspektor sie nicht, er steckte sie nur »ausgefahren« in den Gürtel, um sie rasch einsatzbereit zu haben.
Zur linken Seite hin fiel das Gelände ab. Auch dort standen noch einige Trümmer. Manche Mauerreste überragten auch das hohe Gras. Sie wirkten wie dicke Finger.
In Hangrichtung bewegte sich auch der Nebel, der vom leichten Wind davongetragen wurde. Er quoll zwischen die noch stehenden Mauern und fand seinen Weg ebenfalls zu den Überresten des alten Turms. Dorthin ging der Chinese.
Er war sehr vorsichtig. Sein Blick wechselte ständig, denn das Gefühl sagte ihm, daß noch nicht alles ausgestanden war. Suko erwartete förmlich ein außergewöhnliches Ereignis.
Das Ereignis trat nicht ein, dafür entdeckte er etwas, das ihn stutzig und noch mißtrauischer werden ließ.
Es waren Spuren!
Sehr genau schaute Suko hin und konnte erkennen, daß das Gras vor ihm niedergetreten war. Da sich die Halme noch nicht wieder aufgerichtet hatten, mußte erst vor kurzer Zeit hier jemand hergegangen sein.
Es waren deutlich Fußabdrücke im feuchten Boden zu erkennen. Von Suko konnten sie nicht stammen, er war an dieser Stelle noch nicht vorbeigekommen. Auch nicht Kasimir Wojtek, der eine andere Richtung eingeschlagen hatte.
Wer also zeigte sich dafür verantwortlich?
Suko konnte es nicht sagen. Er wußte nur, daß sich Kasimir und er nicht allein in der unmittelbaren Umgebung der Ruine bewegten. Etwas störte Suko an den Abdrücken. Er konnte es nicht sofort sagen, und es fiel ihm erst bei genauerem Nachdenken ein, dann überraschte es ihn gleichzeitig.
Die Spuren stammten von schuhlosen Füßen!
Irgendwie verrückt. Wer schlich schon barfuß durch dieses Gelände? Anscheinend doch jemand. Auch bei sehr genauem Test erkannte Suko, daß er sich nicht geirrt hatte.
Der Fall wurde immer rätselhafter. Suko hob den Kopf. Er schaute wieder geradeaus, als könnten ihm die dicht über dem Boden liegenden Nebelschleier eine Auskunft erteilen.
Er sah nichts. Keine weitere Person befand sich in der Nähe, und auch von Kasimir war kein Rockzipfel zu entdecken. Der Inspektor dachte bereits darüber nach, ob es nicht falsch gewesen war, sich zu trennen. Falls noch jemand zwischen den Trümmern herumschlich oder sich im nahen Wald versteckt hielt, war es diesem leicht möglich, Suko oder den Polen zu überfallen.
Als sich der Inspektor aufrichtete, hörte er das Geräusch. Es klang schmatzend und gleichzeitig dumpf, als wäre ein Huf
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