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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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Krieg zu entfesseln. Auch er beschrieb den Kreuzzug als gerechte Reaktion auf die muslimische Aggression: Er betonte, dass Edessa »von den Feinden des Kreuzes Christi erobert« wurde, und schilderte, wie Männer der Kirche getötet und die heiligen Reliquien »unter den Füßen der Ungläubigen zertrampelt« wurden. Diese Ereignisse, so der Papst, bedeuteten eine »große Gefahr für die gesamte Christenheit«.
    Gleichzeitig ging er mit dem Bereich der Erinnerung und dem Thema einer beispielhaften Vergangenheit in »Quantum praedecessores« in einer nicht nur neuartigen, sondern auch außerordentlich wirkungsvollen Weise um. Der Papst erklärte, dass Christen das Kreuz nehmen sollten in Erinnerung an ihre Vorväter, die »ihr eigenes Blut« hingaben, um Jerusalem [224] »vom Schmutz der Heiden« zu befreien. »Was durch die Anstrengungen eurer Väter errungen wurde, sollte von euch energisch verteidigt werden«, so lautete die päpstliche Mahnung, denn wenn das nicht geschehe, dann »wird sich erweisen, dass die Tapferkeit der Väter in den Söhnen geschwächt ist«. Mit diesem mächtigen Bild machte er sich die kollektive Erinnerung an den ersten Kreuzzug zunutze und zielte darauf ab, Vorstellungen von Ehre und familiärer Verpflichtung aufzurufen.
    Die päpstliche Bulle erklärte zwar die neue Unternehmung zu einer Wiederbelebung des ersten Kreuzzugs, doch tatsächlich modifizierte sie viele Ideen Urbans II. oder entwickelte sie weiter. Ein offensichtliches Problem war von Anfang an die Anwerbung einer ausreichenden Zahl der »richtigen« Art von Kreuzfahrern gewesen (d. h. solcher, die kämpfen konnten). Der Zug des Jahres 1095 war als eine Art Pilgerfahrt dargestellt worden, aber da diese Bußpraxis traditionell einerseits ein freiwilliger Akt war, andererseits aber jedem Christen offenstand, war es für das Papsttum schwierig gewesen, die Zahl der nichtkämpfenden Teilnehmer einzuschränken – von Frauen und Kindern bis hin zu Mönchen und Bettlern. Die Kreuzzüge im frühen 12. Jahrhundert hatten sich unterdessen schwer damit getan, größere Menschenmengen zu begeistern. In den 1140er-Jahren war das Gefälle zwischen dem populären, ekstatischen Element der Kreuzzugsbewegung und einem zunehmenden Hang zu regulativer Festschreibung und päpstlicher Kontrolle mit Händen zu greifen. Die Kirche sollte mit diesem Dilemma, den Enthusiasmus des Volkes zu zügeln und zu lenken, ohne dadurch die Glut der Leidenschaft auszulöschen, noch jahrzehntelang zu kämpfen haben. Mit der Bulle »Quantum praedecessores« machte sie einen eher halbherzigen Versuch, dieses Problem anzugehen, indem sie empfahl, dass »diejenigen, die auf Gottes Seite stehen, vor allem aber die Mächtigeren und Vornehmeren« am Kreuzzug teilnehmen sollten, doch konnte diese Formel das Problem nicht lösen, Elitenauswahl und Appell an die Massen auszubalancieren.
    Eugen verbesserte auch die verschiedenen Schutzmaßnahmen und Privilegien für die Kreuzfahrer entscheidend. Seine Bulle verkündet, dass die Kirche während der Zeit der Abwesenheit der Kreuzfahrer »ihre Frauen und ihre Kinder, ihre Güter und ihren Besitz« beschützen werde; es dürfe außerdem »bis zu dem Zeitpunkt, wenn sicher feststeht, dass sie gestorben sind, beziehungsweise bis zu ihrer Rückkehr« kein Prozess um das Eigentum der Kreuzfahrer geführt werden. Schließlich wurde ein [225] Kreuzfahrer für die Zeit seiner Abwesenheit von etwaigen Zinszahlungen befreit.
    Der größte Fortschritt wurde beim versprochenen Ablass erzielt. Die Formulierung Urbans II. im Jahr 1095 war nicht eindeutig gewesen, die Kreuzzugsbulle hingegen schuf nun die nötige Klarheit mit der Zusicherung, dass der Papst den Teilnehmern »Nachlass und Vergebung ihrer Sünden gewährt«; und erklärte, dass derjenige, »der in frommer Gesinnung eine so heilige Reise antritt und vollendet, oder während der Reise stirbt, die Absolution von all seinen Sünden erlangen [wird], die er mit zerknirschtem, demütigem Herzen gebeichtet hat«. Eugen III. gab keine pauschale Heilsgarantie, doch versicherte er, dass der geistige Ertrag des Kreuzzugs auch dem zufallen sollte, der nicht zu Tode kam.
    Durch ihre präzisen Formulierungen und die weite Verbreitung prägte diese päpstliche Bulle den zweiten Kreuzzug und bewirkte, dass die Kreuzzugspredigten viel einheitlicher in der Botschaft wurden. Sie trug entscheidend dazu bei, die Vorstellung zu verfestigen, dass ein Kreuzzug von Rechts wegen durch den Papst

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