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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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– von zwei Konventen im Jahr 1113 auf 353 im Jahr 1151. In der Mitte des 12. Jahrhunderts befand sich Cîteaux auf dem gleichen, wenn nicht auf höherem Niveau als die etablierten Formen des Mönchtums etwa in Cluny. Diese Verschiebung machte sich sogar in der Herkunft einzelner Päpste bemerkbar: Während Urban II. aus dem Umkreis von Cluny stammte, war Eugen III. vor seiner Erhebung zum Papst Mönch in Clairvaux gewesen. 4
    Seine erste Kreuzzugspredigt hielt Bernhard vor einer riesigen Versammlung in Vézelay in der Osterwoche des Jahres 1146. Der Schauplatz dieses Treffens, den der Papst und der König von Frankreich gemeinsam als Ort für die Erneuerung der Kreuzzugsidee bestimmt hatten, war höchst bedeutsam: Vézelay, im burgundischen Zentrum des Mönchtums von Cluny und des Zisterzienserordens gelegen, hatte für eine Anwerbungsversammlung die perfekte Lage. Von dort brachen auch die Pilger nach Santiago de Compostela auf, also gab es bereits eine enge Beziehung zum Pilgerwesen; außerdem erhob sich dort die herrliche Abteikirche der heiligen Maria Magdalena.
    Die Versammlung in Vézelay war von bisher nicht dagewesenen Ausmaßen. Das Konzil von Clermont im Jahr 1095 war weitgehend eine innerkirchliche Veranstaltung gewesen; nun, im Jahr 1146, versammelte sich die Blüte des west- und nordwesteuropäischen Adels. König Ludwig VII. kam in Begleitung seiner schönen, eigenwilligen jungen Gemahlin Eleonore, der Erbin des ungeheuer mächtigen Herzogtums Aquitanien. [228] Die Hochzeit hatte im Jahr 1137 stattgefunden, als sie 15 Jahre alt war und Ludwig (im Alter von 17 Jahren) kurz vor der Thronbesteigung stand, doch kühlte die anfängliche Leidenschaftlichkeit in ihrer Ehe ein wenig ab, als der König frömmer wurde. Die spürbar lebensfrohe Eleonore sollte Ludwig auf dem Kreuzzug begleiten; die später kolportierte Geschichte, sie habe ein Heer von Amazonen angeführt, gehört allerdings ins Reich der Legende.
    Auch Robert, Graf von Dreux und Bruder des Königs, war in Vézelay, und neben ihm mehrere andere fränkische Potentaten, viele aus Familien mit historischer Verbindung zum Kreuzfahrertum. Dazu gehörten Graf Thierry von Flandern, der wahrscheinlich schon in den späten 1130er-Jahren eine Pilgerfahrt nach Jerusalem unternommen hatte; und Graf Alphonse-Jordan von Toulouse, der Sohn des Kreuzzugsfeldherrn Raimund und Verwandter der lateinischen Herrscher von Tripolis. Mit den zahlreichen Adligen kamen so große Scharen von Menschen, dass die Versammlung außerhalb der Kirche abgehalten werden musste. Von einer erhöhten, rasch zusammengenagelten hölzernen Plattform aus hielten am Ostersonntag der König und der Abt ihre mitreißenden Ansprachen. Das Gewand des Königs war bereits mit einem Kreuz geschmückt, das ihm der Papst eigens zugesandt hatte, und ein Zeuge erinnert sich, dass nach dem Ende der aufwühlenden Rede des Abtes »jeder in der Menge laut nach Kreuzen verlangte. Als [Bernhard] das vorbereitete Bündel von Kreuzen verteilt – ja wir können sagen: ausgesät – hatte, sah er sich gezwungen, seine Kleidung zu zerreißen und auszuteilen [. . .].« Der Andrang war offenbar so gewaltig, dass das hölzerne Podium zusammenbrach; glücklicherweise wurde niemand verletzt (was seinerseits wieder als Zeichen göttlicher Gunst gedeutet wurde).
    Die Versammlung in Vézelay war ein enormer Erfolg und löste ansteckende Begeisterung aus, doch musste der Ruf zu den Waffen, um sein volles Potential zu entfalten, noch weiterverbreitet werden. Mit diesem Ziel vor Augen ergriff Bernhard mehrere Maßnahmen. Es wurden weitere Prediger ernannt, die die Botschaft in sämtliche Regionen Frankreichs tragen sollten; viele hundert Briefe, in denen der Wert des Kreuzzugsgedankens gepriesen wurde, wurden in andere Länder geschickt, darunter England, Norditalien und die Bretagne. In diesen Sendschreiben bekommt die für den Kreuzzug werbende Sprache des Abtes teilweise fast schon marktschreierische Züge. In einem Brief bezeichnet er die [229] Unternehmung als einmalige Gelegenheit, die Sünde zu besiegen: »Dieses Zeitalter gleicht keinem der vergangenen; eine neue Überfülle göttlicher Gnade ergießt sich vom Himmel; selig, die dieses Jahr erleben, das dem Herrn gefällt, dieses Jahr der Vergebung. [. . .] Ich sage euch: Der Herr hat noch an keiner Generation zuvor so gehandelt.« In einem anderen Brief ermutigt er die Christen, »die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen zu lassen«, für Gott zu kämpfen

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