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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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eingebracht. Nur wenige Tage später war er wieder in Harim, das sich nun, nachdem jegliche Hoffnung auf Unterstützung dahin war, auch sofort ergab. Seitdem blieb die Stadt in der Hand der Muslime, Antiochia dagegen hatte sich hinter einer Ostgrenze zusammenzukauern, die nun endgültig bis zum Orontes verschoben war. Genau wie im Jahr 1149, nach seinem Triumph bei Inab, sah Nur ad-Din davon ab, die Stadt Antiochia selbst anzugreifen. Der Chronist Ibn al-Athir erklärte später, dass der Emir von der Abwehrstärke der Zitadelle abgeschreckt war und dass er, was tiefer blicken lässt, nicht riskieren wollte, einen Gegenangriff durch Antiochias obersten Herrn, Kaiser Manuel, zu provozieren. Ibn al-Athir zitiert Nur ad-Din mit den Worten: »Lieber will ich Bohemund als Nachbarn haben, als der Nachbar des Herrschers von Konstantinopel zu sein.« Ganz in diesem Sinn erklärte er sich bald darauf bereit, den jungen Fürsten Antiochias gegen ein beträchtliches Lösegeld wieder freizulassen; allerdings weigerte er sich, Raimund von Tripolis, Joscelin von Courtenay oder seinem anderen fürstlichen Gefangenen, Rainald von Châtillon, die Freiheit zu gewähren. 11
    Im Oktober 1164 wandte Nur ad-Din seine Aufmerksamkeit auf die Südgrenze zu Jerusalem. Die strategisch wichtige Grenzstadt Banyas war momentan angreifbar, weil sich ihr Herr, Konnetabel Humfried von Toron, mit dem König von Jerusalem in Ägypten aufhielt. Der Emir rückte mit schwerem Kriegsgerät an und begann mit der Belagerung der Stadt; er kombinierte unaufhörlichen Beschuss mit Untergraben der Mauern, um die Festung zu beschädigen und den Willen der kleinen Besatzungstruppe zu brechen. Möglicherweise flossen auch Bestechungsgelder, um den Hauptmann von Banyas umzustimmen. Nach nur wenigen Tagen ergab sich die Stadt unter der Bedingung sicheren Abzugs, und Nur ad-Din besetzte sie mit seinen eigenen gut ausgestatteten Truppen. Banyas wurde ebenso wie Harim von den Franken später nicht mehr zurückerobert. Die Tragweite dieses Wendepunkts in der regionalen Machtbalance [285] spiegelt sich in den Strafmaßnahmen wider, die Nur ad-Din den Franken in Galiläa nun auferlegte: ein Anteil an den Einkünften von Tiberias und eine jährliche Tributzahlung. Drei Jahre später knüpfte der Emir an diesen Erfolg an, indem er die lateinische Festung Chastel Neuf zerstörte. Damit entstand im fränkischen Palästina ein neuer Korridor, durch das hügelige Gebiet von Marj Ayun, zwischen dem Tal des Litani und dem Oberlauf des Jordans. Nun war es ganz offensichtlich, dass Nur ad-Din für Outremer eine echte Bedrohung darstellte.
    DER TRAUM VON JERUSALEM
    Nur ad-Dins Unternehmungen in den 1160er-Jahren lassen darauf schließen, dass er in seinem Verhältnis zu den Franken eine entschiedenere, aggressivere Haltung einnahm und sich dezidiert für den Dschihad gegen sie einsetzte. Seit seiner Eroberung von Damaskus im Jahr 1154 hatte er dort ständig monumentale Bauprogramme gefördert, um den Status von Damaskus als einem der wichtigsten Macht- und Kulturzentren des Vorderen Orients zu untermauern. Er hatte damit praktisch unmittelbar nach der Eroberung angefangen, zunächst mit dem Bau eines neuen Krankenhauses (bimaristan) , das bald zum weltbekannten Zentrum medizinischer Forschung und Heilung werden sollte; sowie eines luxuriösen Badehauses, genannt Hammam Nur ad-Din , das – nahezu unverändert – auch heute noch besucht werden kann.
    Seit den späten 1150er-Jahren nun war dieses Programm für öffentliche Bauten zunehmend von einer religiösen Dimension geprägt, die von Nur ad-Dins vertiefter persönlicher Frömmigkeit und seiner Beschäftigung mit der sunnitischen Orthodoxie inspiriert war oder diese zum Ausdruck brachte. Im Jahr 1163 finanzierte er den Bau eines neuen »Hauses der Gerechtigkeit«, wo er sich später jede Woche zwei Tage lang aufhielt, um die Beschwerden seiner Untertanen entgegenzunehmen. Es folgte der Bau des Dar al-hadith al-Nuriyya , eines neuen Zentrums für das Studium des Lebens Mohammeds und der islamischen Traditionen; an seiner Spitze stand ein Vertrauter Nur ad-Dins, der berühmte Gelehrte Ibn Asakir. Auch Nur ad-Din selbst betrieb dort Studien.
    Um Damaskus zu einem Zentrum des sunnitischen Islams zu machen, ließ Nur ad-Din im Westen der Stadt ein neues Viertel zur Beherbergung [286] von Pilgern auf dem Weg nach Mekka erbauen, und im Jahr 1159 gründete er ungefähr 2 Kilometer nördlich von Damaskus die Stadt al-Salihiyya, wo

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