Die Kreuzzüge
die Unterstützung des Kalifen und das Wohlwollen der Öffentlichkeit und stellte mit diesem Propagandafeldzug die Weichen für eine größere anti-zangidische Offensive.
Der entscheidende Handlungsanstoß kam für Saladin dann im Spätsommer des Jahres 1182. Er war noch mit der kurzen Belagerung von Beirut beschäftigt, als ihn eine Nachricht von Kukburi von Harran erreichte, einem türkischen Kriegsherrn, der bis dato die Zangiden unterstützt und im Jahr 1176 gegen Saladin gekämpft hatte. Nun lud Kukburi die Ajjubiden ein, den Euphrat zu überqueren, und brachte so faktisch seine Bereitschaft zum Ausdruck, die Fronten zu wechseln. 3 Der Sultan reagierte auf dieses Angebot, indem er ein Heer aufstellte und im Herbst zu einem Feldzug in den Irak aufbrach, ohne mit Jerusalem einen weiteren Waffenstillstand zu vereinbaren.
Saladins Feldzüge gegen Aleppo und Mosul (1182 – 1183)
Ende September 1182 nutzte Saladin Kukburis Aufforderung als Anlass für den Aufbruch zu einem Feldzug; er setzte sich in Richtung Osten in Marsch, um in der Nähe des Euphrats mit dem Herrn von Harran zusammenzutreffen und dann in das Dschazira-Gebiet weiterzuziehen. In den folgenden Monaten bemühte sich der Sultan nach Kräften, offene Kampfhandlungen gegen seine muslimischen Rivalen zu vermeiden; Methoden der Nötigung, der Diplomatie und der Propaganda zog er der direkten Gewaltausübung vor. Schon nach kurzer Zeit forderte er von Damaskus [349] und Ägypten weitere finanzielle Unterstützung zur Bestechung seiner Gegner an. Sogar Wilhelm von Tyrus bemerkt, dass der Sultan verschwenderisch mit Bestechungsgeldern umging, um eine schnelle Unterwerfung »fast der gesamten Region [. . .], die ehemals unter der Herrschaft von Mosul stand«, zu erreichen, wozu auch Edessa gehörte. 4
Im November setzte sich Saladin dann direkt gegen Mosul in Marsch. Trotz der Unterstützung durch Kukburi zögerte er, sich auf eine langwierige, blutige Belagerung der Stadt einzulassen, doch seine Hoffnung, Izz ad-Din so sehr einschüchtern zu können, dass dieser sich ergab, erfüllte sich nicht. Zu Beginn des Winters hatte sich eine Pattsituation ergeben, und nun trafen Gesandte vom Kalifen an-Nasir ein, um zwischen den Parteien zu vermitteln und einen Frieden auszuhandeln. Zu Saladins Verdruss nahmen sie eine neutrale Position ein und favorisierten weder die Ajjubiden noch die Zangiden. Ohne nennenswerte Fortschritte gemacht zu haben, zog sich der Sultan zurück. Im Dezember setzte er sich in Richtung des 120 Kilometer östlich gelegenen Sindschar in Bewegung und zwang die große Festungsstadt, sich zu ergeben; dann zog er, nachdem er wegen des grimmigen Winterwetters eine kurze Pause eingelegt hatte, in den ersten Frühlingswochen des Jahres 1183 nach Diyar Bakr weiter und nahm die angeblich unbezwingbare Hauptstadt im April ein. Nach diesem Erfolg stimmte der Artuqiden-Herrscher von Mardin einem Unterwerfungsbündnis zu. Indem Saladin einen großen Teil der Dschazira und Diyar Bakr mit einer Mischung aus Überredung und Gewalt auf seine Seite gezogen hatte, war es ihm also im Verlauf von sechs Monaten gelungen, Mosul zu isolieren und empfindlich zu schwächen. Den Zangiden blieb kaum noch irgendwelcher Handlungsspielraum. Ende Februar versuchten Izz ad-Din und Imad ad-Din Zangi einen Gegenangriff zu organisieren, doch im Endeffekt fehlten ihnen dafür sowohl die materiellen Mittel wie auch das Durchhaltevermögen.
Saladin hatte befriedigende Fortschritte gemacht, doch Mosul entzog sich seinem Zugriff nach wie vor. In jenem Frühjahr setzte er eine zunehmend lautstarke diplomatische Attacke in Gang, mit der er die Stimmung in Bagdad zu seinen Gunsten zu wenden hoffte. In seinen Schreiben an den Kalifen warf er den Zangiden vor, die Franken angestiftet zu haben, ajjubidische Gebiete in Syrien anzugreifen, ja sogar christliche Kampfhandlungen zu unterstützen. Der Sultan unterließ es auch nicht, an des Kalifen eigene Bestrebungen zu appellieren, seine politische sowie [350] geistliche Macht zu mehren: Er versprach, dass die Ajjubiden Mesopotamien zwingen würden, die Autorität des Kalifen anzuerkennen. Und Saladin fügte das verwegene Versprechen hinzu, er werde, wenn Bagdad ihn nur bei seinem Anspruch auf Mosul unterstützen wolle, durchaus in der Lage sein, Jerusalem zu erobern, dazu Konstantinopel, Georgien und Marokko. Ungefähr gleichzeitig machte der Sultan den doppelzüngigen Versuch, die Solidarität der Zangiden aufzusprengen, indem er Imad
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