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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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nach Hause zurück, nachdem er in Akaba ein wenig Unruhe gestiftet hatte.
    In der muslimischen Welt jedoch stieß der schockierende, unerhörte Ausgriff auf das Rote Meer auf größte Empörung. Wochenlang machten [354] die drei Galeeren der Christen die Häfen Ägyptens und Arabiens unsicher und erschreckten ihre ahnungslosen Bewohner, sie drangsalierten Pilger und Kaufleute und bedrohten Mekka und Medina, die beiden heiligsten Stätten des Islams. Es gab sogar Gerüchte, dass die Christen den Leichnam Mohammeds stehlen wollten. Erst als al-Adil seine eigene Flotte von Kairo zum Roten Meer befördern ließ, konnten sie zur Strecke gebracht werden. Sie wurden genötigt, mit ihren Schiffen die arabische Küste anzusteuern; die christliche Besatzung floh in die Wüste, doch die Männer wurden eingeholt, und 170 von ihnen ergaben sich, wahrscheinlich gegen das Versprechen, sicher abziehen zu dürfen. Am Ende wurden sie dann aber doch alle getötet.
    Saladin wurde von den Ereignissen in Kenntnis gesetzt, während er sich noch im Irak befand, und er bestand darauf, ein Exempel statuieren zu lassen: Offiziell verkündete er, dass Ungläubige, denen der Weg zu den heiligsten Stätten des Islams bekannt war, kein Recht auf Leben hatten; insgeheim muss er sich allerdings nur zu sehr einer unbequemen Wahrheit bewusst gewesen sein: Im Augenblick dieser skandalösen Krise war er, der selbsternannte Vorkämpfer des Glaubens, abwesend, und zwar, weil er gegen muslimische Glaubensbrüder kämpfte. Daher verlangte der Sultan, trotz al-Adils offensichtlicher Bedenken, Vergeltung für diese »unerhörte Ungeheuerlichkeit« der Verbrechen, die die lateinischen Gefangenen verübt hatten, und er bestand darauf, dass – wie es ein arabisches Zeugnis festhält – »die Erde von ihrem Unflat und die Luft von ihrem Atem gereinigt werden muss«. Die meisten Gefangenen wurden einzeln oder paarweise in diverse Städte und Siedlungen im ajjubidischen Reich gebracht und öffentlich hingerichtet, zwei allerdings wurden für ein noch grausigeres Schicksal aufgespart. Zur Zeit des nächsten Hadsch wurden sie an einen Ort am Stadtrand von Mekka geführt, zu dem normalerweise das Vieh zum Schlachten gebracht wurde, und das Fleisch wurde dann an die Armen verteilt; hier wurden die beiden unglücklichen Gefangenen vor einer wutschäumenden Pilgermenge »wie Tiere für das Opfer« abgeschlachtet. Die Schändung Arabiens war bestraft, das Ansehen des Sultans als entschiedener Verteidiger des Islams wiederhergestellt, doch die bittere Erinnerung an das skandalöse Manöver der Franken auf dem Roten Meer konnte damit nicht ausgelöscht werden, und sein Initiator Rainald von Châtillon war von da an eine verachtete, gehasste Unperson. 7
    [355] Eine anschwellende Woge des Konflikts?
    Als Saladin dann im Herbst 1183 das Königreich Jerusalem tatsächlich angriff, enthüllte sich die tiefe Zerrissenheit des christlichen Palästinas in aller Deutlichkeit. In jenem Sommer hatte sich die Gesundheit Balduins IV. erneut verschlechtert. Die Verheerungen der Lepra waren in seinem Körper schon weit fortgeschritten, »sein Augenlicht ließ nach, und seine Extremitäten waren mit Geschwüren übersät, so dass er weder seine Hände noch seine Füße noch gebrauchen konnte«. Reiten konnte er überhaupt nicht mehr, er ließ sich daher normalerweise in einer Sänfte transportieren. Doch nach dem Zeugnis Wilhelms von Tyrus »war er zwar körperlich schwach und gebrechlich, geistig jedoch noch immer stark, und er bemühte sich mit übermenschlicher Kraft, seine Krankheit zu verbergen und sich der Bedrängnisse des Königreichs anzunehmen«. Nun allerdings, im Jahr 1183, erkrankte er an einer Art Sekundärinfektion, »er bekam Fieber [. . .] und verlor seinen Lebensmut«. Der junge König befand sich in einem ausweglosen Dilemma: Zusätzlich eingeschränkt durch die neu hinzugekommene Krankheit, musste er, ohne den geringsten Anhaltspunkt bezüglich des Ortes zu haben, befürchten, dass Saladin ein neues Angriffsmanöver wagen würde. Er befahl seinen eigenen Streitkräften, sich mit den Truppen aus Tripolis und Antiochia in Saffariya zu sammeln; er selbst zog sich nach Nazareth zurück und übergab die Exekutivgewalt vorübergehend seinem Schwager, dem designierten Erben Guido von Lusignan.
    Als Regent hatte Guido dann auch das Amt des fränkischen Oberbefehlshabers inne, als Saladin Ende September 1183 in Galiläa einmarschierte. Guido stand an der Spitze von einem der

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