Die Kreuzzüge
ad-Din Zangi warnend darauf hinwies, dass Izz ad-Din von Mosul angeblich den Ajjubiden angeboten habe, sich mit ihnen gegen Aleppo zu verbünden.
Seit dem späten Frühjahr richtete Saladin seinen Feldzug dann auf Aleppo, er begab sich über den Euphrat zurück, um am 21. Mai 1183 die Stadt mit seinen Truppen zu umzingeln. Wieder hoffte der Sultan, offene Kampfhandlungen zu vermeiden, doch die Einwohner Aleppos machten umgehend deutlich, dass sie gewillt waren, ihr Eigentum zu verteidigen, indem sie Saladins Männer täglich erbittert angriffen. Zum Glück für Saladin zeigte sich Imad ad-Din Zangi gefügiger. Dieser war überzeugt, dass an der Herrschaft der Ajjubiden über Syrien nichts mehr zu ändern war und daher seine eigene isolierte Position sich nicht länger halten ließ, also trat er in geheime Unterhandlungen mit dem Sultan ein. Am 12. Juni stimmte er dessen Bedingungen zu und öffnete zum großem Entsetzen der Bevölkerung die Tore der Zitadelle von Aleppo für die feindllichen Truppen. Als Entschädigung erhielt Imad ad-Din Zangi ein Gebiet in der Dschazira, darunter auch die von ihm früher beherrschte Stadt Sindschar, und er versprach dem Sultan als Gegenleistung außerdem, künftig Truppen zu seiner Verfügung zu stellen, wann immer sie gebraucht wurden. Auch Jurdik, der syrische Kriegsherr, der Saladin im Jahr 1169 geholfen hatte, den ägyptischen Wesir Shawar festzunehmen, schloss sich in jenem Sommer Saladin wieder an. Seit 1174 hatte Jurdik Aleppo die Treue gehalten und sich standhaft geweigert, die Ajjubiden zu unterstützen. Nun endlich trat er in den Dienst des Sultans und war bald einer seiner treuesten und fähigsten Gefolgsleute.
Unmittelbar nach seinem Herrschaftsantritt in Aleppo tat Saladin alles, um Unruhen unter der Bevölkerung zu begrenzen und eine Atmosphäre der Einheit zu schaffen. Steuern, die nicht dem Koran entsprachen, wurden abgeschafft, und im weiteren Verlauf des Sommers wurde ein Gesetz erlassen, das den Nicht-Muslimen innerhalb der Stadt vorschrieb, [351] sich so zu kleiden, dass sie sich von den muslimischen Bewohnern unterschieden – eine Maßnahme, die offensichtlich darauf abzielte, den Zusammenhalt zwischen den Sunniten und den Schiiten in Aleppo zu befördern und ihre Bereitschaft zu erhöhen, das ajjubidische Regime anzuerkennen.
Die Eroberung Aleppos bedeutete für Saladin einen gewaltigen Fortschritt. Nach fast einem Jahrzehnt hatte er das muslimische Syrien vereint; sein Reich erstreckte sich nun über das gesamte Gebiet zwischen dem Nil und dem Euphrat. Es sind einige Briefe auf uns gekommen, denen man entnehmen kann, wie der Sultan seinen Erfolg feierte und in der Öffentlichkeit darstellte. Wie schon zuvor war ihm sehr daran gelegen, seine Eroberung zu rechtfertigen, und er betonte, dass er, wenn es möglich wäre, gern die Rolle eines Anführers des Islams mit anderen teilen würde, doch sei es im Krieg unumgänglich, dass nur einer die Befehle erteile. Die Unterwerfung der Stadt Aleppo interpretierte er als einen Schritt auf dem Weg zur Wiedereroberung Jerusalems und erklärte stolz, dass »der Islam nun erwacht ist und das finstere Phantom des Unglaubens vertreiben kann«. 5
Vor dem Hintergrund dieser Rhetorik war es im Spätsommer 1183 offensichtlich, dass Saladin zumindest in gewissem Umfang das Versprechen einlösen musste, das seine Propaganda bezüglich eines Angriffs auf die Franken enthielt. Zum Schutz seiner Grenzen in Nordsyrien schloss er mit Bohemund III. von Antiochia einen Waffenstillstandsvertrag, wobei er für den Islam äußerst günstige Bedingungen aushandelte – darunter auch die Freilassung muslimischer Gefangener und territoriale Zugeständnisse –; dann brach er in Richtung Süden nach Damaskus auf, um von dort aus die muslimische Stärke gegen das Königreich Jerusalem zu demonstrieren.
DER KRIEG GEGEN DIE FRANKEN
In jüngster Zeit hatte sich das Gleichgewicht der Macht im fränkischen Palästina signifikant verschoben. Der Gesundheitszustand Balduins IV. wurde immer schlechter, und man plante eine eheliche Verbindung seiner verwitweten Schwester Sibylla mit dem hochrangigen Herzog Hugo III. von Burgund. Der Tod König Ludwigs VII. von Frankreich im Jahr 1180, [352] der seinen jungen Sohn Philipp II. August als Thronerben hinterließ, durchkreuzte jedoch diesen Plan, weil Hugo aufgrund des zu erwartenden Machtkampfs in Frankreich nicht gewillt war, sein Herzogtum zu verlassen. Also musste für Sibylla ein anderer Ehepartner
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