Die Kreuzzüge
Streitmacht des Königreichs in Kerak zu versammeln. Als es dann so weit war, führte Saladin seine Truppen in geschlossener Formation an der Burg vorbei, er griff aber nicht an, und es kam nicht zum Kampf.
Der mit den Franken 1180 abgeschlossene Friedensvertrag lief nun aus, und in diesem Sommer versuchten die Ayyubiden mehrfach, das lateinische Königreich Jerusalem anzugreifen. Als Saladin durch Transjordanien zog, nutzte Farrukh-Shah von seinem Standort Damaskus aus die Gelegenheit, als praktisch sämtliche Truppen aus dem lateinischen Galiläa abgezogen waren, und eroberte Cave de Sueth, die kleine, dreistöckige Höhlenfestung südöstlich des Sees Genezareth, den letzten befestigten Vorposten der Christen in der Terre de Sueth. Im Juli und August unternahm der Sultan dann zwei Feldzüge gegen die Franken. Der erste, eine massive Invasion im südlichen Galiläa und eine kurze Belagerung der Festung bei Bethsan, zwang König Balduin, sein Heer bei Saffariya zu versammeln. Dieser Ort lag auf halbem Weg zwischen [347] Akkon und Tiberias, inmitten fruchtbarem Acker- und Weideland, und bot sich als geeigneter Stützpunkt für das Heer der Christen an. In der Nähe von Bethsan trafen die Truppen am 15. Juli unter der sengenden Hochsommersonne aufeinander, aber es gab keinen eindeutigen Sieger. Die Kämpfenden kamen fast um vor Hitze; der lateinische Geistliche, der das Wahre Kreuz trug, erlitt einen tödlichen Hitzschlag, während Saladins Männer es in ihrem Lager nicht aushielten; einem Augenzeugen zufolge führten das abgestandene Wasser und die verpestete Luft dazu, dass »die Ärzte einen enormen Umsatz machten«, und bald zogen sich die Truppen nach Damaskus zurück. 2
Im August 1182 griff Saladin erneut an, diesmal das an der Küste gelegene Beirut. Die wiederaufgebaute ägyptische Kriegsflotte war schon 1179 und 1180 in Betrieb genommen worden, damals hatte sie den lateinischen Schiffsverkehr um Akkon und Tripolis herum drangsaliert; nun jedoch setzte der Sultan seine Flotte für einen Doppelangriff auf Beirut ein, er bedrängte die Stadt von Land und von See her. Drei Tage lang ließen seine Bogenschützen Pfeile auf die Stadt regnen, während Sappeure versuchten, die Mauern zu untergraben; als jedoch Balduins Entsatzheer anrückte, brach Saladin den Angriff ab, verwüstete die umliegenden Gebiete und zog sich eilig wieder auf muslimisches Territorium zurück.
Keine einzige Kampagne in diesem Jahr 1182 hatte ein klares Ergebnis, es handelte sich vielmehr um opportunistische Beutezüge, mit denen die Stärke und die Reaktion der Franken getestet werden sollten, während gleichzeitig mit so wenig Aufwand wie möglich Schaden angerichtet und territoriale und materielle Beute gemacht wurde. Diese Vorgehensweise bestimmte den Ton für die folgenden Jahre. Saladin konnte mit derartigen deutlichen Demonstrationen seines Engagements für den Dschihad vor allem seine fortgesetzten Versuche rechtfertigen, sich das muslimische Syrien und Mesopotamien zu unterwerfen – was für ihn ganz offensichtlich absoluten Vorrang hatte. Mehrere Briefe Saladins an den Kalifen in Bagdad dokumentieren die lautstarken Proteste und gewundenen polemischen Argumente, die in dieser Zeit von den Ajjubiden immer wieder vorgebracht wurden. Der Sultan beklagte sich, dass er seine Bereitschaft gezeigt habe, den heiligen Krieg gegen die Lateiner zu führen, doch ständig sei er durch die bedrohliche Aggressivität der Zangiden davon abgelenkt worden. Nichts sei dringlicher als die Einheit des Islams; Saladin schlug daher vor, ihm die Vollmacht zu geben, sämtliche [348] Muslime zu unterwerfen, die sich weigerten, sich ihm zum Dschihad anzuschließen. Gleichzeitig wurden die Zangiden-Herrscher von Aleppo und Mosul als aufrührerische Feinde des Staates dargestellt. Sie wurden beschuldigt, nur aufgrund der Erbfolge nach der Macht gegriffen zu haben, während von Rechts wegen das Herrscheramt für diese Städte doch jeweils vom Kalifen verliehen werden sollte. Izz ad-Din von Mosul wurde vorgeworfen, mit Jerusalem einen unterwürfigen Waffenstillstandsvertrag auf elf Jahre hinaus abgeschlossen (womit er das vorgeschriebene Limit von zehn Jahren für Verträge zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen überschritt) und die Zahlung eines jährlichen Tributs von 10 000 Dinaren an die Christen versprochen zu haben. Ähnliche Vorwürfe wurden später gegen Imad ad-Din Zangi im Zusammenhang mit seinen Verhandlungen mit Antiochia erhoben. Saladin warb um
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