Die Kreuzzüge
verunsichert; er befürchtete von dieser Seite einen gemeinsamen Angriff auf Konstantinopel. Friedrich wandte sich daraufhin in südöstliche Richtung und besetzte Philippopolis, dann marschierte er im November 1189 nach Adrianopel, mittlerweile unverkennbar im Krieg gegen die Griechen. In Adrianopel schlug er sein Winterlager auf, ohne die Drohung eines direkten Angriffs auf Konstantinopel zurückzunehmen. Im Februar 1190 wurde dann ein Kompromiss mit Isaak ausgehandelt. Die Deutschen blieben auf Abstand zu Konstantinopel und zogen weiter nach Kallipolis; von dort überquerten sie mit der Unterstützung pisanischer und griechischer Schiffe den Hellespont hinüber nach Kleinasien. Friedrichs langjährige Feldzugserfahrungen hatten sich bewährt. Als entschlussfreudiger, erfahrener Befehlshaber, der es auch ausgezeichnet verstand, die Disziplin in seinem Heer aufrechtzuerhalten, hatte er die deutschen Kreuzfahrer wohlbehalten an die Grenze zur muslimischen Welt gebracht. 12
VERZÖGERUNGEN IN ENGLAND UND FRANKREICH
Obwohl die Könige Englands und Frankreichs Monate vor Friedrich Barbarossa ihre Bereitschaft erklärt hatten, am dritten Kreuzzug teilzunehmen, dauerte es viel länger, bis sie tatsächlich aufbrachen. Es vergingen mehr als zweieinhalb Jahre, bis die Hauptkontingente der angevinischen und kapetingischen Heere auch nur die Grenzen ihrer Heimatländer überschritten. Anfang 1188 wurden erste Vorbereitungen getroffen, [414] doch nach einer kurzen Atempause fing die Fehde zwischen den beiden Dynastien wieder an. Erschwerend kam noch hinzu, dass Richard von einem Aufstand in Aquitanien und kriegerischen Auseinandersetzungen mit der Grafschaft Toulouse abgelenkt wurde.
Von jenem Frühjahr an sah Richard sich mit einer Reihe von Probeangriffen von Philipp II. August konfrontiert; Heinrich verließ seinerseits den Rand des Spielfelds nicht, um seinem Sohn beizustehen, er war zufrieden, dass sich seine beiden jungen Rivalen gegenseitig die Hölle heißmachten. Im Spätherbst des Jahres 1188 hatte Richard dann genug davon, dass sein Vater die Klärung der Nachfolgefrage ständig nur immer wieder mit durchsichtigen Ausflüchten hinauszögerte. Richard war überzeugt, dass der alte König seinen Sohn Johann zum Erben machen würde – der Prinz hatte bewusst davon abgesehen, das Kreuz zu nehmen –, und so wechselte Richard zur Gegenseite über, verbündete sich wieder mit Philipp August und machte aus seinem Treueschwur vor dem Kapetinger im November einen dramatischen öffentlichen Auftritt. Diesmal sollte es keine Versöhnung mit Heinrich II. mehr geben.
In jenem Winter – ausgerechnet in dem Moment, da er seine Fähigkeit hätte unter Beweis stellen müssen, dass er noch immer das Feld beherrschte – verurteilte eine Krankheit den alten König zur Untätigkeit. Unaufhaltsam verschob sich das Machtgleichgewicht, und etliche einst treue Anhänger Heinrichs unter den angevinischen Edelleuten liefen zu Richard über. Als Richard und Philipp August im Juni 1189 einen vernichtenden Angriffsfeldzug gegen die Normandie unternahmen und zahlreiche Burgen sowie Le Mans und Tours eroberten, blieb Heinrich nichts anderes übrig, als um Frieden zu bitten. Bei einer Verhandlung am 4. Juli 1189 stimmte er sämtlichen Bedingungen zu: Er ernannte Richard zu seinem Nachfolger, versprach, dem Kapetinger einen Tribut in Höhe von 20 000 Mark zu zahlen, und gelobte, dass sie alle drei in der Fastenzeit des kommenden Jahres zum Kreuzzug aufbrechen würden. Heinrich war zwar körperlich sehr geschwächt, fast nicht mehr in der Lage, auf dem Pferd zu sitzen, doch man sagt, er habe noch genug Kraft gehabt für eine letzte gehässige Bemerkung. Als er sich vorbeugte, um das Abkommen mit seinem Sohn mit dem rituellen Friedenskuss zu besiegeln, soll Heinrich geflüstert haben: »Gebe Gott, dass ich noch lange genug lebe, um dir das heimzahlen zu können.« In einer Sänfte wurde er dann nach Chinon getragen, wo er zwei Tage später starb. 13
[415] Richard I., König von England
Die Ereignisse im Juli 1189 machten aus Richard Löwenherz, dem intriganten Fürsten und tatendurstigen Kreuzfahrer, einen König und Herrscher über das mächtige Haus Anjou. In Rouen wurde er am 20. Juli 1189 als Herzog der Normandie bestätigt und dann am 3. September 1189 in der Westminster Abbey zum König von England gekrönt.
Bis er sein Ziel erreicht hatte, war er vor Intrige und Verrat nicht zurückgeschreckt; als er nun an der Macht war, veränderten
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