Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
Vom Netzwerk:
zusammengestückelten Wissensfetzen und Animositäten, bietet genaue Details zu den Eigenheiten und zur Bewaffnung der einzelnen muslimischen Abteilungen, und das Ganze ist durchgängig gespickt mit Diffamierungen und freier Erfindung. Es heißt da, dass Araber ihre Ohren »beschneiden«, während Türken angeblich – durchaus im Einklang mit den Vorschriften des Propheten Mohammed – in Homosexualität und Sodomie schwelgen.
    Auch die informellen »Umgangsregeln«, die sich allmählich zwischen den feindlichen Reihen herausbildeten, wurden hin und wieder überschritten. Es scheint eine stillschweigende Übereinkunft gegeben zu haben, dass Männer, die den Schutz ihres Lagers verließen, um sich zu erleichtern, nicht angegriffen wurden. Daher waren die Kreuzfahrer empört, als bei einer Gelegenheit »ein Ritter, der tat, was jeder tun muss [. . .], am Boden kauerte« und ein berittener Türke aus der gegnerischen Reihe ausbrach, um ihn mit seiner Lanze zu durchbohren. Der Ritter selbst merkte nichts von der Gefahr, die da auf ihn zukam, aber er wurde gerade noch rechtzeitig durch Rufe aus den eigenen Reihen gewarnt: »Rennt, Sir, rennt!« Er »erhob sich mit Mühe [. . .], nachdem er sein Geschäft beendet hatte«, konnte knapp dem ersten Angriff ausweichen, und schaffte es dann, als er den Feind unbewaffnet vor sich hatte, ihn mit einem gut gezielten Steinwurf niederzustrecken. 16
    [445] KRIEGSSTURM
    Als nun der Frühling, »die heitere Jahreszeit«, begann, brachen auch die offenen Kriegshandlungen wieder aus. Ende März 1190, kurz nach Ostern, traf die Nachricht in Akkon ein, dass sich von Tyros aus 50 Schiffe näherten. Im Lauf des Winters hatte sich Konrad halbherzig auf eine Versöhnung mit Guido eingelassen, er wurde zu einem »Vertrauten des Königs« ernannt und erhielt dafür Tyros, Beirut und Sidon zugesprochen. Die Flotte, die er nun Richtung Süden steuerte, sollte die Herrschaft der Christen über die Mittelmeerküste wiederherstellen, um die Verbindung der Kreuzfahrer mit der Außenwelt aufrechtzuerhalten. Saladin konnte es sich nicht leisten, diesen Kampf zu verlieren, denn die besten Chancen, in Akkon einen Sieg zu erringen, hatte er wohl dann, wenn es ihm gelang, die fränkischen Belagerer zu isolieren. Er beschloss, den Schiffen aus Tyros mit allen Mitteln Widerstand zu leisten, und eröffnete damit eine der spektakulärsten Seeschlachten des 12. Jahrhunderts.
    Kampf zur See
    Als die lateinische Flotte, vom Nordwind längs der Küste südwärts getrieben, in Sicht kam, verließen ungefähr 50 Schiffe Saladins den Hafen von Akkon; sie segelten paarweise nebeneinander, und ihre grünen und goldenen Standarten flatterten im Wind. Die Franken besaßen vor allem zwei Schiffstypen: »lange, schmale, niedrige« Galeeren, auf denen Rammböcke befestigt waren; diese hatten zwei Ruderreihen (eine unter und eine auf Deck); und »Galioten«, kürzere, leichter zu steuernde Kriegsschiffe mit nur einer Ruderreihe. Als die Flotte näher kam, wurden auf Deck die Schilde hochgenommen, und die Schiffe der Christen formierten sich zu einem V-förmigen Keil, dessen Spitze die Galioten bildeten. Von beiden Seiten erklang eine schrille Kakophonie von Schlachttrompeten, dann trafen die beiden Flotten aufeinander, und die Schlacht begann.
    Im Jahr 1190 war die Technik der Seeschlacht noch nicht sehr weit entwickelt. Größere Schiffe waren vielleicht in der Lage, die feindlichen Galeeren zu rammen und zu versenken, aber in der Regel wurden Nahkämpfe ausgetragen: Man schleuderte Wurfgeschosse auf kurze Distanz und versuchte, das gegnerische Schiff mit Haken beizuziehen und zu entern. Den ärgsten Schrecken verbreitete das griechische Feuer unter [446] den Seeleuten, denn es konnte mit Wasser nicht gelöscht werden, und in dieser Schlacht verfügten beide Seiten über diese Waffe. Eine fränkische Galiot wurde mit griechischem Feuer bombardiert und geentert, die Besatzung sah sich voller Entsetzen gezwungen, ins Meer zu springen. Eine kleine Gruppe von Rittern, beschwert mit ihren mächtigen Rüstungen und des Schwimmens ohnehin unkundig, hielt die Stellung »in nackter Verzweiflung« und schaffte es, die Kontrolle über das bereits halb ausgebrannte Schiff zurückzuerobern. Schlussendlich war keiner Seite ein klarer Sieg bestimmt, aber die muslimische Flotte erwischte es wohl am schlimmsten, weil sie gezwungen war, sich hinter die Hafenkette von Akkon zurückzuziehen. Eine ihrer Galioten wurde an Land gedrängt und

Weitere Kostenlose Bücher