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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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hinaus vor die Mauern der Stadt und bedrohte damit sowohl das Lager der Kreuzfahrer als auch die Rückseite des christlichen Heeres auf dem Schlachtfeld. Als die Franken merkten, dass sie bald umzingelt waren, versuchten sie zwar noch einen Anschein von Ordnung und Disziplin aufrechtzuerhalten, doch waren sie von einer Panik nicht mehr allzu weit entfernt. Ein eigentlich unbedeutender unglücklicher Zufall brachte das Fass dann zum Überlaufen. Eine Gruppe von Deutschen, die noch immer mit Plünderungen in Saladins Lager beschäftigt war, verlor die Kontrolle über eines ihrer Pferde, und als das Tier dann in Richtung Akkon durchging, nahmen sie die Verfolgung auf. Der Anblick dieser Gruppe von Kreuzfahrern, die in höchster Eile scheinbar vor den Muslimen Reißaus nahmen, stiftete bei den anderen fränkischen Kämpfern Verwirrung; Furcht breitete sich in den Reihen aus, und es kam zu einer Massenflucht. Nun rannten Tausende, erbittert verfolgt von den Männern Saladins, in die relative Sicherheit der lateinischen Verschanzungen, und Chaos brach aus. »Das Töten nahm kein Ende«, schrieb der Augenzeuge Baha ad-Din, »bis die Flüchtlinge, die überlebt hatten, im feindlichen Lager angekommen waren.« Andreas von Brienne wurde niedergestreckt, als er versuchte, der Fluchtbewegung Einhalt zu gebieten; er rief dann seinem vorbeieilenden Bruder zu, er solle ihm helfen, aber Graf Everards Panik war so groß, dass er nicht anhalten konnte. Jakob von Avesnes wurde vom Pferd gestoßen, einer seiner Ritter gab ihm sein eigenes Pferd, damit er entkommen konnte, und starb an Stelle von Jakob. Es hieß sogar, König Guido selbst habe Konrad von Montferrat aus der Hand von Muslimen gerettet, die ihn umzingelt hatten.
    Es war Saladin nicht vergönnt, seinen Vorsprung auszunutzen, als sich die Schlacht ihrem Ende zuneigte. Die lateinischen Truppen im Lager der Kreuzfahrer leisteten den muslimischen Versuchen, ihre Stellung zu überrennen, erbitterten Widerstand, und was sich wohl noch verhängnisvoller auswirkte: Auch im Lager des Sultans herrschte noch größte Konfusion. Als sich die Kreuzfahrer den Weg über die Abhänge des Tell al-Ayyadiya hinauf zum Lager freikämpften, hatten zahlreiche Pferdeknechte aus dem muslimischen Heer beschlossen, dass der Kampf [440] für die Muslime wohl verloren und dass es deshalb am besten sei, sich mit so viel Beute wie möglich aus dem Staub zu machen. Gerade als Saladin die konzentrierte Wucht seiner Streitmacht auf die zurückweichenden Franken hätte loslassen müssen, waren große Gruppen seines Heeres damit beschäftigt, ihrem eigenen diebischen Gesinde nachzujagen.
    Trotz allem war die Schlacht, oberflächlich betrachtet, für den Islam siegreich ausgegangen. Die Christen waren am Morgen ausgezogen, um die Muslime anzugreifen, und sie waren zurückgeschlagen worden; als die Nacht hereinbrach, lagen 3000 – 4000 Mann tot oder sterbend auf den Feldern vor Akkon. Wie grauenhaft und erniedrigend die Ereignisse dieses Tages waren, wurde dem Kreuzfahrerheer erschütternd deutlich, als eine verstümmelte, halb nackte Gestalt sich mitten in der Nacht ins fränkische Lager schleppte. Dieser arme Kerl, ein Ritter namens Ferrand, war im Lauf der Schlacht schwer verletzt worden, er hatte sich dann unter seinen gefallenen Kameraden versteckt, wurde von muslimischen Plünderern ausgeraubt und, da sie ihn für tot hielten, einfach liegen gelassen. Als er später endlich die Sicherheit der fränkischen Reihen erreichte, »war er durch seine Wunden so entstellt, dass ihn seine Leute nicht erkannten, und er konnte sie fast nicht dazu bewegen, ihn ins Lager zu lassen«. Am nächsten Morgen beschloss Saladin, seinen Feinden eine Botschaft zukommen zu lassen: Er ließ die toten Christen einsammeln und warf die Leichen in den Belus, und sie trieben flussabwärts, ins Lager der Lateiner. Es heißt, der Gestank der Leichen habe noch lange, nachdem sie begraben waren, in der Luft gehangen. 12
    Und doch war am Ende die Schlacht vom 4. Oktober für die Perspektiven Saladins wesentlich verhängnisvoller. Tote und Verletzte hatte es unter den Muslimen nur wenige gegeben, doch die Leute aus Saladins Heer, die an jenem Tag geflohen waren, kamen nicht zurück – es gab ein Gerücht, dass sie den ganzen Weg bis zum See Genezareth gerannt seien –, und es stellte sich als fast unmöglich heraus, sie zu ersetzen. Und was noch schlimmer war: Das Debakel in Saladins Lager wirkte sich verheerend auf die Moral aus und

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