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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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säte Misstrauen unter den Männern. Baha ad-Din vermerkt, bei der Plünderungsaktion hätten »die Leute große Summen verloren«, und das sei »schlimmer als der Diebstahl selbst« gewesen. Saladin gab sich alle Mühe, so viel wie möglich von den Verlusten zu ersetzen, er ließ einen riesigen Haufen Beute in seinem Zelt aufschütten, von dem sich die Männer bedienen konnten, wenn sie einen [441] Eid schworen, dass es sich um ihr Eigentum handelte, doch der psychologische Schaden war nicht wiedergutzumachen.
    In der Zeit nach der Schlacht beschloss Saladin, seine Strategie zu überdenken. Nach 50 Tagen an der Front klagten seine Mannschaften über Erschöpfung, und Saladin selbst wurde krank. Um den 13. Oktober herum zogen sich sein Heer und sein Tross vom blutgetränkten Schlachtfeld zurück in Richtung der entfernteren Belagerungsposition bei al-Kharruba, um dort die Ankunft al-Adils abzuwarten. Damit gestand Saladin stillschweigend sein Scheitern ein; er hatte erkannt, dass es ihm in dieser ersten entscheidenden Belagerungsphase nicht gelungen war, das Heer der Kreuzfahrer zu vertreiben. Nach militärwissenschaftlicher Logik hatten die Franken das Unmögliche vollbracht: Sie hatten tief in feindlichem Territorium eine Belagerungsstellung halten können, obwohl sie zwischen zwei feindlichen Linien eingeklemmt waren.
    Immer wieder haben sich Historiker über diese offensichtliche Ausnahme von der Regel gewundert. Dabei liegt die Erklärung auf der Hand: Der Belagerungsort lag an der Küste, die Franken verfügten also gewissermaßen über eine Nabelschnur, über die sie ständig mit allem Notwendigen versorgt werden konnten. Noch wichtiger war, dass die ersten Feindkontakte in diesem Konflikt Saladins ständig wachsende Schwierigkeiten mit dem Umfang seines Heeres offenlegten und gleichzeitig seine Unfähigkeit, als resoluter Befehlshaber aufzutreten. Er verfiel wieder in seine alte Gewohnheit, ausgewachsenen Konfrontationen aus dem Weg zu gehen, solange sein Heer sich nicht in erdrückender militärischer Überzahl befand; so glaubte er, auf der sicheren Seite zu sein. In diesem entscheidenden Moment wäre allerdings entschlossenes Vorgehen und nicht Vorsicht angebracht gewesen. Wenn er gleich zu Beginn der Belagerung von Akkon einen Frontalangriff auf die Stellung der Kreuzfahrer unternommen hätte, dann wäre er damit zwar ein Risiko eingegangen, aber, wenn auch wohl in Verbindung mit beträchtlichen Opfern, durchaus mit einer guten Erfolgschance. Als er sich im Oktober entschloss, nicht mit aller Härte frontal anzugreifen, ließ er sich die Chance entgehen, den Funken der Bedrohung durch die Kreuzfahrer auszutreten, bevor er sich richtig ausbreitete. Nun aber gab es kein Zurück mehr. 13
    Die Kreuzfahrer nutzten die hochwillkommene Atempause, um ihre Stellungen vor den Stadtmauern Akkons zu sichern. Mitte September hatten sie begonnen, rudimentäre Verteidungswälle aus Erde aufzuschütten. [442] Nun, da kein unmittelbarer Angriff mehr zu befürchten war, »häuften sie Erdwälle auf und gruben tiefe Gräben von Küste zu Küste aus, um die Zelte zu schützen«. Es entstand ein ausgeklügeltes System von im Halbkreis angeordneten Festungsanlagen, das Akkon einschloss und wesentlich besseren Schutz vor muslimischen Übergriffen bot, ob nun von der Garnison her oder von Saladin selbst. Um berittene Angreifer abzuschrecken, pflasterte man das Niemandsland zwischen den Gräben mit der mittelalterlichen Entsprechung von Tretminen – tiefen, mit Nägeln gefüllten, gut getarnten Gruben, die Pferd und Reiter zu Fall brachten und grässlich verletzten. Ibn al-Athir, der auch immer wieder Kritik an Saladin übte, vermerkte sardonisch: »Nun endlich wurde deutlich, wie klug es von Saladin gewesen war, sich zurückzuziehen.« Gleichzeitig berichteten muslimische Kundschafter den ganzen Oktober hindurch vom nahezu täglichen Zustrom von Verstärkung für die Lateiner. Saladin schrieb an den Kalifen in Bagdad, die Schiffe, die den Christen zu Hilfe kamen, seien zahlreicher als die Wellen des Meeres, und er beklagte, dass für jeden getöteten Kreuzfahrer tausend hinzukamen, um ihn zu ersetzen. 14
    Auszeit
    Bei Wintereinbruch im Dezember 1189 wurden die Belagerungsaktivitäten noch weiter reduziert. Die See wurde rauher, und da der lateinischen Flotte der Zugang zum sicheren Binnenhafen von Akkon verwehrt war, musste sie Richtung Norden nach Tyros und noch weiter segeln, um den Winter im Schutz eines Hafens zu

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