Die Kreuzzüge
geplündert, die Besatzung an den Strand gezerrt und alle bis auf den letzten Mann von einer gnadenlosen Rotte messerschwingender lateinischer Frauen niedergemetzelt und geköpft. In einer makabren Randbemerkung schrieb ein Kreuzfahrer später, dass »die körperliche Schwäche der Frauen die Todesqual verlängerte«, weil sie länger brauchten, um ihre Feinde zu enthaupten.
Mit dieser Schlacht verlor Saladin für den Rest des Jahres 1190 die Herrschaft über das Meer. Die Kreuzfahrer konnten nun die Gewässer um Akkon herum überwachen, sie trieben die restlichen Schiffe des Sultans im Hafen zusammen und unterbanden sämtliche Versuche, die Garnison der Stadt mit Nahrungs- und Materiallieferungen zu versorgen. In den nächsten sechs Monaten waren Akkons Bewohner ständig von Hungersnöten bedroht. Gegen Ende des Frühjahrs waren ihre Vorräte erschöpft, nun waren sie gezwungen, »ihre Tiere vollständig auf[zu]essen, mit den Hufen, den Innereien, Hals und Kopf«; alte oder schwache Gefangene wurden vertrieben (die Jungen behielt man zum Beladen der Katapulte). Saladin versuchte – mit unterschiedlichem Erfolg – immer wieder, die Seeblockade zu durchbrechen. Mitte Juni gelang es einer Flotte aus 25 Schiffen, sich den Weg freizukämpfen. Gegen Ende August ließ der Sultan ein riesiges Transportschiff mit 400 Säcken Weizen, mit Käse, Mais, Zwiebeln und Schafen beladen. Um die Blockade passieren zu können, wurde es in Beirut als gegnerisches Schiff getarnt. Die Männer der Besatzung »waren gekleidet wie Franken, sie rasierten sogar ihre Bärte«; auf dem Deck wurden gut sichtbar Schweine platziert und Kreuze geschwenkt. Die Kreuzfahrer fielen auf den Trick herein, und das Schiff konnte seine gefahrvolle Reise erfolgreich beenden.
[447] Für eine Stadt, die ständig versorgt werden musste, waren das allerdings nur bescheidene Erfolge. Anfang September konnte Qaragush einen Brief an Saladin aus der Stadt herausschmuggeln lassen, in dem er den Sultan informierte, dass es in zwei Wochen in Akkon nichts mehr zu essen geben werde. Saladin war so beunruhigt, dass er die Botschaft aus Angst, die Kampfmoral in seinem Heer könnte zu sehr darunter leiden, für sich behielt. Drei Proviantschiffe mit Weizen wurden aus Ägypten erwartet, aber aufgrund widriger Winde trafen sie nicht rechtzeitig ein. Baha ad-Din schildert, wie Saladin am 17. September am Ufer stand »mit gequältem Herzen [. . .] wie eine um ihre Kinder besorgte Mutter« und zuschaute, wie die Schiffe sich endlich an der Küste entlang in Richtung Akkon bewegten; er wusste genau, dass es aus war mit der Stadt, wenn die Schiffe nicht durchkamen. Nach heftigen Gefechten »langten die Schiffe sicher im Hafen an, und sie wurden empfangen wie Regen nach einer langen Trockenzeit«. 17
Ein Lichtblick in dieser Mühsal war der Umstand, dass es den Kreuzfahrern nicht gelang, den inneren Hafen von Akkon einzunehmen. Hätten sie das geschafft, dann wäre die Stellung der Garnison wohl nicht lange zu halten gewesen. Im Spätsommer 1190 unternahmen die Franken einen gezielten Angriff auf den Fliegenturm, die Festungsanlage auf einem Felsen in der Bucht von Akkon; sie wachte über die Kette, mit der das Hafenbecken abgesperrt war. Die Franken rüsteten zwei oder drei Schiffe um zu einer Art schwimmenden Belagerungstürmen, doch ihr Anschlag wurde vereitelt, die Schiffe verbrannten unter dem Beschuss mit griechischem Feuer.
Mit Ausnahme dieser einen Attacke unternahmen die Franken vom Meer aus keinen Angriff auf Akkon; eigentlich war der Kampf um die Kontrolle der Seewege aus ihrer Sicht nur ein Ableger und eine Ergänzung ihrer Belagerung zu Land. Die Kreuzfahrer blieben auf die Unterstützung vom Meer her angewiesen, nur so erhielten sie Verstärkung, Vorräte und Material, und die Seeblockade von Akkon erweiterte ihre Belagerung sicherlich um ein wichtiges Element der Zermürbungstaktik, aber ihre Gesamtstrategie im Jahr 1190 beruhte überwiegend auf den kriegerischen Aktivitäten an Land.
[448] Der Kampf an Land
Hier fiel der eigentliche Beginn der Kampfsaison auf Ende April, Anfang Mai 1190. Im Frühjahr rief Saladin seine Truppen aus Syrien und Mesopotamien zurück. Am 25. April verlegte er zusammen mit seinem Sohn al-Afdal sein Lager wieder an die Frontlinie bei Tell Kaisan. In den nächsten beiden Monaten erhielten sie Verstärkung aus Aleppo, Harran und Mosul. 18
Natürlich kamen gleichzeitig auch im Lager der Kreuzfahrer neue Rekruten an, darunter eine
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