Die Kreuzzüge
Flanke wurden der König und die große Menge der berittenen Kämpfer von dichten Reihen gut bewaffneter Fußsoldaten abgeschirmt. Ein muslimischer Augenzeuge, der das Heer einige Tage später beobachtete, beschrieb diese Fußtruppe als eine undurchdringliche »Wand«. Die Männer waren alle geschützt durch »lange, gut gearbeitete Kettenhemden« und gegen leichten Beschuss völlig immun: »Wenn sie von Pfeilen getroffen wurden, fielen diese völlig wirkungslos von ihnen ab«, und er sah sogar »Franken, die mit zehn Pfeilen im Rücken völlig ungerührt weitermarschierten«. Diese Fußsoldaten konnten Bogen und Armbrust benutzen, um etwaige [498] Angreifer abzuschrecken, doch konzentrierten sie sich vor allem darauf, unbeirrt voranzukommen. Richard wusste genau, dass dieses Abschirmen einen enormen physischen und psychischen Kraftaufwand erforderte, daher teilte er die Infanterie in zwei Abteilungen auf, die sich ablösen konnten; die Gruppe, die sich erholen durfte, marschierte an der geschützten rechten, meerseitigen Flanke, neben dem Zug mit dem leichten Gepäck. 5
In dieser Formation verließen die Christen – zweifellos in dem Bewusstsein, dass sie von diesem Augenblick an mit heftigen, unaufhörlichen Störmanövern durch Saladins Truppen rechnen mussten – am 28. August Haifa. Richard achtete nun sorgfältig darauf, die Kräfte seiner Männer zu schonen; auf jede Marschetappe folgte ein Tag Rast, manchmal sogar zwei. Die muslimischen Truppen blieben ihnen auf den Fersen, nachts stellten sie vor den lateinischen Lagern sogar Posten auf und suchten ständig nach einer Möglichkeit, die Marschordnung der Kreuzfahrer aufzubrechen. Unbeantwortet bleibt die Frage, inwieweit der Sultan versuchte, die Franken in eine offene Schlacht zu verwickeln. Historiker haben hier Saladins Absichten immer wieder falsch gedeutet: Er habe von Anfang an geplant, eine Schlacht auf dem ihm genehmen Gelände im Süden, in der Nähe von Arsuf, zu schlagen. Die detaillierten Berichte des Augenzeugen Baha ad-Din, der den Sultan ständig begleitete, ergeben ein völlig anderes Bild. Saladin war offenbar von Richards Taktik völlig verunsichert. Die unerwartete Entscheidung des Königs, immer wieder Ruhetage einzulegen, führte dazu, dass der Sultan das Tempo des fränkischen Vormarschs falsch einschätzte und somit auch die Zeit, die seine eigenen Truppen unterwegs verbringen mussten, was dazu führte, dass die Verpflegung knapp wurde. Es sah jetzt ganz so aus, als sei Saladin von Richard überlistet worden; ihm wurde eine reaktive Strategie aufgezwungen, die auch nicht frei war von Verzweiflungstaten. Truppen wurden zwar ausgesandt, die den Christen auf den Fersen bleiben sollten, doch begann der Sultan auch mit einer hektischen Suche nach einem passenden Schlachtfeld; er selbst erkundete die südwärts führende Küstenroute und begutachtete sogar, wie angreifbar mögliche Lagerplätze der Kreuzfahrer waren. Während dieser gesamten Phase versuchte er wiederholt, den Zug der Lateiner zum Stillstand zu bringen.
Acht Tage lang kamen die Kreuzfahrer nur quälend langsam voran. Am Freitag, dem 30. August, brachen sie von der Festungsruine bei Le [499] Destroit in Richtung Cäsarea auf. Die sengende Sommersonne machte ihnen schwer zu schaffen. Einer der Mitmarschierenden beschrieb, dass
[. . .] die Hitze so unerträglich war, dass einige starben; sie wurden sofort beerdigt. Die Leute, die nicht weitergehen konnten, die Ermatteten und Erschöpften, von denen es oft viele gab, die Kranken und Kraftlosen, ließ der König sehr umsichtig von den Schiffen und den kleinen Booten zum nächsten Haltepunkt bringen.
Am nächsten Tag, auf dem Weg zu einem Gewässer mit dem unheilvollen Namen Toter Fluss, errangen die Franken in einem längeren Gefecht einen beachtlichen Erfolg. An jenem Tag befand sich unter den Feinden Ayas der Gewaltige, einer von Saladins berühmtesten, wildesten Mamluken, der alles, was ihm in die Quere kam, mit einer riesigen Lanze niedermähte. Ein gezielter Hieb stürzte ihn vom Pferd, und Ayas, von seiner Rüstung zu Boden gezogen, wurde überrannt und abgeschlachtet. Baha ad-Din gestand, dass »die Muslime sehr um ihn trauerten«. Vielleicht noch wichtiger war, dass der Sieg bei den Christen die Stimmung wieder verbessern konnte. Dazu trug auch ein Ritual bei: Jeden Abend richteten die Kreuzfahrer gemeinsam das Gebet zum Himmel: »Heiliges Grab, hilf uns!«, bevor sie sich niederlegten, um sich einige wenige Stunden
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