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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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konnten; die Aktion hatte also zu nichts geführt.
    Mitte Juni, als die Kreuzfahrer noch immer keinen nennenswerten Fortschritt erzielt hatten, fiel nun den Byzantinern die Rolle des Züngleins an der Waage zu. Alexios hatte sich eine Tagreise nördlich der Stadt stationiert und diskreten, aufmerksamen Abstand vom Belagerungsgeschehen gehalten, während er gleichzeitig Truppen und militärische Berater aussandte, um den Lateinern zu helfen. Der Bemerkenswerteste unter diesen Männern war Tatikios, ein erfahrener Veteran aus dem kaiserlichen Gefolge, halb Araber, halb Grieche und bekannt für seine Treue zum Kaiser. * Erst Mitte Juni leistete Alexios seinen entscheidenden Beitrag zur Belagerung von Nicäa, indem er auf die Appelle der lateinischen Fürsten reagierte und eine kleine Flotte 30 Kilometer über Land zum [68] Askania-See transportieren ließ. In der Morgendämmerung des 18. Juni segelte diese Flotte unter Trompetengeschmetter und Trommelwirbeln auf die westlichen Mauern von Nicäa zu, während die Franken gleichzeitig von Land her angriffen. Die seldschukischen Truppen waren regelrecht entsetzt, als sich die Schlinge um die Stadt nun zuzog; es wird berichtet, die Truppen hätten »Todesangst« gehabt, und »sie begannen zu jammern und zu klagen«. Es war nur eine Sache von Stunden, bis sie sich ergaben und Tatikios und die Byzantiner von der Stadt Besitz ergreifen konnten.
    Die Einnahme Nicäas im Jahr 1097 markierte den Höhepunkt der griechisch-fränkischen Zusammenarbeit während des ersten Kreuzzugs. Die einfachen lateinischen Soldaten äußerten sich zwar zunächst unzufrieden darüber, dass man ihnen untersagt hatte, Beute zu machen, doch das legte sich schnell, denn Alexios hatte beschlossen, seine Verbündeten mit üppigen Mengen an Bargeld zu belohnen. Spätere westliche Chronisten übertrieben die Spannungen, die nach der Eroberung Nicäas auftraten; aus einem Brief, den der führende Kreuzfahrer Stephan von Blois nach Hause schrieb, wird dagegen sehr deutlich, dass die freundliche, kollegiale Atmosphäre durchaus anhielt. Der Kaiser berief nun eine Audienz ein, um mit den fränkischen Fürsten die nächste Etappe des Feldzugs zu besprechen. Man verständigte sich in groben Zügen über die Route der Kreuzfahrer durch Kleinasien; als Ziel wurde Antiochia vereinbart. Alexios hatte die Absicht, dem Feldzug zu folgen und die Gebiete, die durch die Kreuzfahrer eingenommen wurden, vom Feind zu säubern; und in der Hoffnung, die Kontrolle über die Ereignisse in der Hand zu behalten, entsandte er Tatikios als seinen offiziellen Vertreter und Begleiter der Lateiner, zusammen mit einer kleinen Streitmacht aus byzantinischen Truppen.
    Während des gesamten Frühjahrs und Sommers 1097 versorgte Alexios die Lateiner mit unschätzbaren Ratschlägen und Informationen. Anna Komnena bemerkte, dass Alexios »[sie] warnte bezüglich der Dinge, die ihnen auf ihrer Reise zustoßen mochten, und ihnen wertvollen Rat gab. Sie erhielten Informationen zu den Methoden, die die Türken normalerweise im Kampf verwenden; man erklärte ihnen, wie sie eine Schlachtlinie aufstellen und wie sie einen Hinterhalt legen konnten; und empfahl ihnen, den Feind nicht lang zu verfolgen, wenn er sich zur Flucht wandte.« Er riet den Anführern des Kreuzzugs außerdem, rohe Aggression [69] gegenüber dem Islam mit pragmatischer Diplomatie abzumildern. Sie befolgten seinen Rat und versuchten, die politische und religiöse Uneinigkeit der Muslime für sich zu nutzen, indem sie Gesandte zu Schiff in das Kalifat der Fatimiden nach Ägypten entsandten, um die Möglichkeit eines Bündnisses auszuloten. 15
    Als die Kreuzfahrer Nicäa in der letzten Juniwoche des Jahres 1097 verließen, konnte Alexios mit einiger Genugtuung auf die vergangenen Monate zurückblicken. Die fränkische Horde war ohne gravierende Zwischenfälle durch sein Reich geleitet worden, und dem Seldschuken Kilic Arslan hatte man einen entscheidenden Schlag versetzen können. Trotz gelegentlicher Reibungsmomente hatten die Lateiner sich sowohl hilfsbereit als auch dienstwillig gezeigt. Die Frage war, wie lang dieser erfreuliche Zustand anhalten würde, nun, da der Kreuzzug sich in Richtung Heiliges Land aufmachte und sich vom Zentrum der byzantinischen Befehlsgewalt entfernte.
    DER ZUG DURCH KLEINASIEN
    Ohne die Führung des Alexios sahen sich die Franken nun vor Kommando- und Organisationsfragen gestellt. Ihr Heer war ja ein zusammengesetztes Gebilde, eine Masse aus vielen

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