Die Kreuzzüge
die Insel zu unterstreichen – ein Recht, das sein Vater als Erster Ende des 12. Jahrhunderts beansprucht hatte. Friedrich setzte Johann von Ibelin ab (der als Regent für den jungen König Heinrich I. geherrscht hatte), indem er ihm Bestechlichkeit vorwarf, und sicherte sich die Rechte an den königlichen Einnahmen Zyperns, bevor er im frühen September nach Tyros und dann südlich nach Akkon weitersegelte.
Als Friedrich schließlich in der Levante angekommen war, stellte die Tatsache seiner Exkommunikation nur ein begrenztes Problem dar. Der lateinische Patriarch Gerold war merklich zurückhaltend; auch die Templer und Johanniter unterstützten den Kaiser nur zögerlich, doch das lag wahrscheinlich eher daran, dass die Staufer den Deutschen Orden vor allen Ritterorden offen begünstigten. Hinderlicher war die Verringerung der militärischen Ressourcen, die der Herbst mit sich brachte. Ein großer Teil des Kreuzfahrerheers hatte den Sommer damit zugebracht, die Deutschordensritter beim Bau ihrer neuen Burg Montfort in den Bergen östlich von Akkon zu unterstützen, und segelte dann zurück nach Europa. Ohne sich auf eine deutliche militärische Übermacht stützen zu können, wandte sich Friedrich daher nun wieder dem Verhandlungsweg zu und suchte erneut Kontakt mit al-Kamil und den direkten Austausch mit dessen Vertreter Fakhr ed-Din.
Da al-Muazzam gestorben war und die Machtbalance in der ajjubidischen Welt sich entscheidend verschoben hatte, war al-Kamil dem Gedanken eher abgeneigt, seine Zusagen gegenüber dem Kaiser einzulösen, denn das hätte ihm womöglich Kritik von Seiten seiner Glaubensbrüder eingetragen, Zugeständnisse an die Franken gemacht zu haben. Andererseits wollte der Sultan vor allem seine Herrschaft über Damaskus festigen, nicht aber in einen kostspieligen Krieg gegen Friedrich hineingezogen werden. Um den drohenden Konflikt für sich zu nutzen, marschierte der Kaiser mit den Truppen, die ihm noch verblieben, von Akkon aus Richtung Süden nach Jaffa, womit er sich auf den Spuren von Richard Löwenherz bewegte, der im Jahr 1191 auf derselben Route südwärts gezogen war. Der Druck machte sich bemerkbar, und als die Gespräche dann fortgeführt wurden, setzte sich Friedrich mit allen möglichen Argumenten und Winkelzügen dafür ein, eine günstige Vereinbarung sowie die Rückgabe der Heiligen Stadt zu erreichen. Zeitweise gab er sich als kulturbeflissener Partner, mit dem man in freundschaftlicher [610] Atmosphäre Fragen der Wissenschaft und Philosophie erörtern konnte, schaltete dann jedoch wieder auf Kriegsdrohungen um; er argumentierte, dass Jerusalem für die Muslime ohnehin nur eine trostlose Ruine darstellte, während die Heiligkeit der Stadt für die Christen schlicht nicht zu überbieten sei. Al-Kamil, dessen Blick von Anfang an mehr auf Syrien als auf Palästina gerichtet war, lenkte schließlich, zermürbt von Friedrichs Argumenten, ein.
Am 18. Februar 1229 war der Vertrag zwischen Friedrich und dem Sultan perfekt. Als Gegenleistung für einen zehnjährigen Frieden und Friedrichs militärischen Schutz gegen sämtliche – auch christliche – Feinde übergab al-Kamil Jerusalem, Bethlehem und Nazareth sowie einen Landkorridor, der die Heilige Stadt mit der Küste verband. Muslime sollten freien Zugang zum Haram as-Sharif , dem Tempelberg, haben sowie einen eigenen Kadi, der den heiligen Bezirk überwachte, ansonsten hatten sie die Stadt zu verlassen. Zum ersten Mal seit 40 Jahren war das Heilige Grab nun wieder in christlicher Hand – ein exkommunizierter Kaiser hatte erreicht, was die Kreuzfahrer seit 1187 vergeblich versucht hatten, und dabei nicht einen einzigen Tropfen Blut vergossen.
Auf den ersten Blick scheint diese eindrucksvolle Leistung ein außergewöhnlicher Bruch mit der Tradition zu sein – ein Akt, der die herkömmlichen Kreuzzugsprinzipien auf den Kopf stellte: Bemühung um Frieden und Abkehr von roher Gewalt. So jedenfalls wurde Friedrichs Rückgewinnung Jerusalems von einigen modernen Historikern dargestellt – als Beweis dafür, dass der Kaiser über eine Vision und ein politisches Gespür verfügte, mit dem er seiner Zeit weit voraus war. Doch solche Interpretationen beruhen auf unzulässigen Vereinfachungen und Verzerrungen. Es stimmt zwar, dass Friedrich der erste Anführer eines Kreuzzugs war, der derart wertvolle Zugewinne durch Diplomatie erreichte, doch auch in den früheren Kampagnen hatten Verhandlungen eine wichtige Rolle gespielt. Tatsächlich
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